Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr.

Bild:
<< vorherige Seite
Deutsch-böhmische Briefe.

frage und die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung derselben. Nachdem
schon die erste Lesung von der Tagesordnung abgesetzt und für etwa e.n halbes
Jahr vertagt worden war. hielt der Ausschuß vier Monate nach der ersten Lesung
eme einzige Sitzung, und erst beinahe zwei Jahre später, am 22. Januar 1886.
We er infolge einer Jnterpellation im Abgeordnetenhause abermals M einer
solchen zusammen, aber nnr. um auf den Antrag des Tschechenfnhrcrs R.eger
unter Ablehnung jeder Begründung den Übergang zur Tagesordnung zu be¬
saßen, was umsomehr auffallen mußte, als der Wurmbrandsche Antrag von
dreiundsechzig Abgeordneten eingebracht und von doppelt so vielen unterstützt
war. Ein Bericht der Mehrheit des Ausschusses empfahl dann am 9. Marz
dem Plenum Ablehnung des Antrages von Wurmbrand und Genossen aus
folgenden Gründen- 1. Derselbe erscheint ..als eine dem Artikel XIX. des Swa s-
grundgesetzes zuwiderlaufende Einschränkung der staatsbürgerlichen Freche, s-
"este zu Gunsten des Staates, welche die Grenzen eines Ansfuhrungsgesetzes
5" dem erwähnten Artikel überschreitet und eine prinzipielle Änderung des be¬
züglichen Staatsgrnndgesetzes involvirt. deren Realisirung daher der bestehende..
Verfassung widerspricht." 2. Der Reichsrat ist zur Ausführung des Artikels XIX.
nicht kompetent, dieselbe gehört vielmehr vor die Landtage. 3 Für eme gesetz¬
liche Durchführung des in jenem Artikel festgestellten Grundsatzes der sy s-
uchen Gleichberechtigung in. Sinne des Antrages liegt gegenwärtig kein prat-
Asches Bedürfnis vor. Der Antrag ist mit der Wahrnehmung begründet daß
°lie Nationen Österreichs einen Kampf gegen das Deutschtum eröffnet hatte
Dieselbe ist aber im Irrtum. "Der sogenannte Kampf der Rat.ora. n
Österreich, welcher mit dem allgemeinen Erwachen des Rat.oral.tatsbewnß sens
wfolge der eigentümlichen Gestaltung des österreichischen Staates zutage er er
""'ßte und im Hinblick auf die der Nationalitätsidee innewohnende ^°se durch
keinerlei künstlichen Zwang niederzuhalten ist . . .. gehört nut zu d^-^e
scheiuungen des polMschen Lebens, in welchen sich die verfasfnngsn.aß g verbürg
Selbstbestimmung freier Völker bethätigt. Dieses Ringen nach Rechten ^ - - kann
°" und für sich zu keinerlei einseitigen Einschränkungen '^ut^^
lulaß bieten! Der nationale Sprachenkampf findet v°n selbst in Grenze^in
" natürlichen Gliederung der Volksstämme. . . Von diesem Gefuh .P alt an
wu von einer Schmälerung oder anch nnr Gefährdung der de"^
'" Österreich nicht die Rede sein." Der Bericht der Mnidecheit de. An^ se^
welcher dem Plenum Annahme des Wur.nbrandschen Antrage mit S -te Grunde
""Pfahl, hatte hiermit keinen Erfolg, und die Sache war b.s auf weiteres
graben. . y">

Ein ähnliches Schicksal hatte der gegen die Svrachcuv^
MW Taaffe und Stremayr gerichtete Antrag der ReMratsab ^
und Genossen der am 4 Dezember 1880 einem Ausschusse zur Beratung und
Berichtes Die Mehrheit des Ausschusses beantragte


Deutsch-böhmische Briefe.

frage und die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung derselben. Nachdem
schon die erste Lesung von der Tagesordnung abgesetzt und für etwa e.n halbes
Jahr vertagt worden war. hielt der Ausschuß vier Monate nach der ersten Lesung
eme einzige Sitzung, und erst beinahe zwei Jahre später, am 22. Januar 1886.
We er infolge einer Jnterpellation im Abgeordnetenhause abermals M einer
solchen zusammen, aber nnr. um auf den Antrag des Tschechenfnhrcrs R.eger
unter Ablehnung jeder Begründung den Übergang zur Tagesordnung zu be¬
saßen, was umsomehr auffallen mußte, als der Wurmbrandsche Antrag von
dreiundsechzig Abgeordneten eingebracht und von doppelt so vielen unterstützt
war. Ein Bericht der Mehrheit des Ausschusses empfahl dann am 9. Marz
dem Plenum Ablehnung des Antrages von Wurmbrand und Genossen aus
folgenden Gründen- 1. Derselbe erscheint ..als eine dem Artikel XIX. des Swa s-
grundgesetzes zuwiderlaufende Einschränkung der staatsbürgerlichen Freche, s-
"este zu Gunsten des Staates, welche die Grenzen eines Ansfuhrungsgesetzes
5» dem erwähnten Artikel überschreitet und eine prinzipielle Änderung des be¬
züglichen Staatsgrnndgesetzes involvirt. deren Realisirung daher der bestehende..
Verfassung widerspricht." 2. Der Reichsrat ist zur Ausführung des Artikels XIX.
nicht kompetent, dieselbe gehört vielmehr vor die Landtage. 3 Für eme gesetz¬
liche Durchführung des in jenem Artikel festgestellten Grundsatzes der sy s-
uchen Gleichberechtigung in. Sinne des Antrages liegt gegenwärtig kein prat-
Asches Bedürfnis vor. Der Antrag ist mit der Wahrnehmung begründet daß
°lie Nationen Österreichs einen Kampf gegen das Deutschtum eröffnet hatte
Dieselbe ist aber im Irrtum. „Der sogenannte Kampf der Rat.ora. n
Österreich, welcher mit dem allgemeinen Erwachen des Rat.oral.tatsbewnß sens
wfolge der eigentümlichen Gestaltung des österreichischen Staates zutage er er
""'ßte und im Hinblick auf die der Nationalitätsidee innewohnende ^°se durch
keinerlei künstlichen Zwang niederzuhalten ist . . .. gehört nut zu d^-^e
scheiuungen des polMschen Lebens, in welchen sich die verfasfnngsn.aß g verbürg
Selbstbestimmung freier Völker bethätigt. Dieses Ringen nach Rechten ^ - - kann
°" und für sich zu keinerlei einseitigen Einschränkungen '^ut^^
lulaß bieten! Der nationale Sprachenkampf findet v°n selbst in Grenze^in
" natürlichen Gliederung der Volksstämme. . . Von diesem Gefuh .P alt an
wu von einer Schmälerung oder anch nnr Gefährdung der de»^
'» Österreich nicht die Rede sein.» Der Bericht der Mnidecheit de. An^ se^
welcher dem Plenum Annahme des Wur.nbrandschen Antrage mit S -te Grunde
""Pfahl, hatte hiermit keinen Erfolg, und die Sache war b.s auf weiteres
graben. . y»>

Ein ähnliches Schicksal hatte der gegen die Svrachcuv^
MW Taaffe und Stremayr gerichtete Antrag der ReMratsab ^
und Genossen der am 4 Dezember 1880 einem Ausschusse zur Beratung und
Berichtes Die Mehrheit des Ausschusses beantragte


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div n="1">
          <pb facs="#f0203" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/288656"/>
          <fw type="header" place="top"> Deutsch-böhmische Briefe.</fw><lb/>
          <p xml:id="ID_590" prev="#ID_589"> frage und die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung derselben. Nachdem<lb/>
schon die erste Lesung von der Tagesordnung abgesetzt und für etwa e.n halbes<lb/>
Jahr vertagt worden war. hielt der Ausschuß vier Monate nach der ersten Lesung<lb/>
eme einzige Sitzung, und erst beinahe zwei Jahre später, am 22. Januar 1886.<lb/>
We er infolge einer Jnterpellation im Abgeordnetenhause abermals M einer<lb/>
solchen zusammen, aber nnr. um auf den Antrag des Tschechenfnhrcrs R.eger<lb/>
unter Ablehnung jeder Begründung den Übergang zur Tagesordnung zu be¬<lb/>
saßen, was umsomehr auffallen mußte, als der Wurmbrandsche Antrag von<lb/>
dreiundsechzig Abgeordneten eingebracht und von doppelt so vielen unterstützt<lb/>
war. Ein Bericht der Mehrheit des Ausschusses empfahl dann am 9. Marz<lb/>
dem Plenum Ablehnung des Antrages von Wurmbrand und Genossen aus<lb/>
folgenden Gründen- 1. Derselbe erscheint ..als eine dem Artikel XIX. des Swa s-<lb/>
grundgesetzes zuwiderlaufende Einschränkung der staatsbürgerlichen Freche, s-<lb/>
"este zu Gunsten des Staates, welche die Grenzen eines Ansfuhrungsgesetzes<lb/>
5» dem erwähnten Artikel überschreitet und eine prinzipielle Änderung des be¬<lb/>
züglichen Staatsgrnndgesetzes involvirt. deren Realisirung daher der bestehende..<lb/>
Verfassung widerspricht." 2. Der Reichsrat ist zur Ausführung des Artikels XIX.<lb/>
nicht kompetent, dieselbe gehört vielmehr vor die Landtage. 3 Für eme gesetz¬<lb/>
liche Durchführung des in jenem Artikel festgestellten Grundsatzes der sy s-<lb/>
uchen Gleichberechtigung in. Sinne des Antrages liegt gegenwärtig kein prat-<lb/>
Asches Bedürfnis vor. Der Antrag ist mit der Wahrnehmung begründet daß<lb/>
°lie Nationen Österreichs einen Kampf gegen das Deutschtum eröffnet hatte<lb/>
Dieselbe ist aber im Irrtum.  &#x201E;Der sogenannte Kampf der Rat.ora. n<lb/>
Österreich, welcher mit dem allgemeinen Erwachen des Rat.oral.tatsbewnß sens<lb/>
wfolge der eigentümlichen Gestaltung des österreichischen Staates zutage er er<lb/>
""'ßte und im Hinblick auf die der Nationalitätsidee innewohnende ^°se durch<lb/>
keinerlei künstlichen Zwang niederzuhalten ist . . .. gehört nut zu d^-^e<lb/>
scheiuungen des polMschen Lebens, in welchen sich die verfasfnngsn.aß g verbürg<lb/>
Selbstbestimmung freier Völker bethätigt. Dieses Ringen nach Rechten ^ - - kann<lb/>
°" und für sich zu keinerlei einseitigen Einschränkungen '^ut^^<lb/>
lulaß bieten! Der nationale Sprachenkampf findet v°n selbst  in Grenze^in<lb/>
" natürlichen Gliederung der Volksstämme. . . Von diesem Gefuh .P alt an<lb/>
wu von einer Schmälerung oder anch nnr Gefährdung der de»^<lb/>
'» Österreich nicht die Rede sein.» Der Bericht der Mnidecheit de. An^ se^<lb/>
welcher dem Plenum Annahme des Wur.nbrandschen Antrage mit S -te Grunde<lb/>
""Pfahl, hatte hiermit keinen Erfolg, und die Sache war b.s auf weiteres<lb/>
graben. . y»&gt;</p><lb/>
          <p xml:id="ID_591" next="#ID_592"> Ein ähnliches Schicksal hatte der gegen die Svrachcuv^<lb/>
MW Taaffe und Stremayr gerichtete Antrag der ReMratsab ^<lb/>
und Genossen der am 4 Dezember 1880 einem Ausschusse zur Beratung und<lb/>
Berichtes Die Mehrheit des Ausschusses beantragte</p><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0203] Deutsch-böhmische Briefe. frage und die Notwendigkeit einer gesetzlichen Regelung derselben. Nachdem schon die erste Lesung von der Tagesordnung abgesetzt und für etwa e.n halbes Jahr vertagt worden war. hielt der Ausschuß vier Monate nach der ersten Lesung eme einzige Sitzung, und erst beinahe zwei Jahre später, am 22. Januar 1886. We er infolge einer Jnterpellation im Abgeordnetenhause abermals M einer solchen zusammen, aber nnr. um auf den Antrag des Tschechenfnhrcrs R.eger unter Ablehnung jeder Begründung den Übergang zur Tagesordnung zu be¬ saßen, was umsomehr auffallen mußte, als der Wurmbrandsche Antrag von dreiundsechzig Abgeordneten eingebracht und von doppelt so vielen unterstützt war. Ein Bericht der Mehrheit des Ausschusses empfahl dann am 9. Marz dem Plenum Ablehnung des Antrages von Wurmbrand und Genossen aus folgenden Gründen- 1. Derselbe erscheint ..als eine dem Artikel XIX. des Swa s- grundgesetzes zuwiderlaufende Einschränkung der staatsbürgerlichen Freche, s- "este zu Gunsten des Staates, welche die Grenzen eines Ansfuhrungsgesetzes 5» dem erwähnten Artikel überschreitet und eine prinzipielle Änderung des be¬ züglichen Staatsgrnndgesetzes involvirt. deren Realisirung daher der bestehende.. Verfassung widerspricht." 2. Der Reichsrat ist zur Ausführung des Artikels XIX. nicht kompetent, dieselbe gehört vielmehr vor die Landtage. 3 Für eme gesetz¬ liche Durchführung des in jenem Artikel festgestellten Grundsatzes der sy s- uchen Gleichberechtigung in. Sinne des Antrages liegt gegenwärtig kein prat- Asches Bedürfnis vor. Der Antrag ist mit der Wahrnehmung begründet daß °lie Nationen Österreichs einen Kampf gegen das Deutschtum eröffnet hatte Dieselbe ist aber im Irrtum. „Der sogenannte Kampf der Rat.ora. n Österreich, welcher mit dem allgemeinen Erwachen des Rat.oral.tatsbewnß sens wfolge der eigentümlichen Gestaltung des österreichischen Staates zutage er er ""'ßte und im Hinblick auf die der Nationalitätsidee innewohnende ^°se durch keinerlei künstlichen Zwang niederzuhalten ist . . .. gehört nut zu d^-^e scheiuungen des polMschen Lebens, in welchen sich die verfasfnngsn.aß g verbürg Selbstbestimmung freier Völker bethätigt. Dieses Ringen nach Rechten ^ - - kann °" und für sich zu keinerlei einseitigen Einschränkungen '^ut^^ lulaß bieten! Der nationale Sprachenkampf findet v°n selbst in Grenze^in " natürlichen Gliederung der Volksstämme. . . Von diesem Gefuh .P alt an wu von einer Schmälerung oder anch nnr Gefährdung der de»^ '» Österreich nicht die Rede sein.» Der Bericht der Mnidecheit de. An^ se^ welcher dem Plenum Annahme des Wur.nbrandschen Antrage mit S -te Grunde ""Pfahl, hatte hiermit keinen Erfolg, und die Sache war b.s auf weiteres graben. . y»> Ein ähnliches Schicksal hatte der gegen die Svrachcuv^ MW Taaffe und Stremayr gerichtete Antrag der ReMratsab ^ und Genossen der am 4 Dezember 1880 einem Ausschusse zur Beratung und Berichtes Die Mehrheit des Ausschusses beantragte

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja;

Nachkorrektur erfolgte automatisch.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_288451
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_288451/203
Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_288451/203>, abgerufen am 17.09.2024.