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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr.

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Deutscher Patriotismus vor hundert Jahren.

^ eit dem Ausbruche der Revolution, deren hundertjährigen Gedenk¬
tag Paris im nächsten Jahre feierlich begehen wird, ist unser po¬
litisches Denken fast in allen Beziehungen so stark von Frankreich
her angeregt und beeinflußt worden, daß uns darüber die Er¬
innerung an deutsche Männer und Schriften, die sich schon vor
jenen Ereignissen und überhaupt wesentlich aus eignem Triebe mit staatlichen
Fragen publizistisch beschäftigten, für geraume Zeit beinahe gänzlich verloren
gwg. Neuere Schriftwerke haben dem zwar vielfach abgeholfen, aber eine alles
Wichtige zusammenfassende Darstellung des Entstehens und Wachsens eines poli¬
tischen Sinnes, Strebens und Kämpfens der Deutschen vor der Revolution von
1789 fehlte bis jetzt, und so heißen wir den soeben erschienenen Versuch Wol-
demar Wencks, die Lücke auszufüllen, aufrichtig willkommen.*) Auf Grund
reicher Belesenheit verfaßt, ist die Schrift mit ihrer vornehmen Objektivität, der
es doch nicht an Wärme fehlt, und ihrer geschickten Gruppirung des Stoffes
eine sehr dankenswerte Bereicherung unsers historischen Wissens. Sie ist dies
w allen ihren sieben Abschnitten, von denen die beiden ersten von den Ansichten
handeln, die in den Tagen unsrer Urgroßväter über die Grundlagen und Formen
staatlichen Wesens, über Verfassungsfragen, über Fürsten und Adel, über Be¬
schränkung der Regierungsgewalt, über Monarchie und Republik, über Mittel
und Wege zur Besserung der bestehenden Verhältnisse auftauchten und sich ent¬
wickelten, und den Ursprung, die Hemmnisse, die Kämpfe und die zunehmende



*) Deutschland vor hundert Jahren. Politische Meinungen und Stimmungen
v" Anbruch der Revolutionszeit. Von I)r. Woldemar Wenck, Professor an der Universität
^'pzig- Leipzig, Fr. Will). Grunow. 1887. 276 S.
Grenzboten II. 1887. 13


Deutscher Patriotismus vor hundert Jahren.

^ eit dem Ausbruche der Revolution, deren hundertjährigen Gedenk¬
tag Paris im nächsten Jahre feierlich begehen wird, ist unser po¬
litisches Denken fast in allen Beziehungen so stark von Frankreich
her angeregt und beeinflußt worden, daß uns darüber die Er¬
innerung an deutsche Männer und Schriften, die sich schon vor
jenen Ereignissen und überhaupt wesentlich aus eignem Triebe mit staatlichen
Fragen publizistisch beschäftigten, für geraume Zeit beinahe gänzlich verloren
gwg. Neuere Schriftwerke haben dem zwar vielfach abgeholfen, aber eine alles
Wichtige zusammenfassende Darstellung des Entstehens und Wachsens eines poli¬
tischen Sinnes, Strebens und Kämpfens der Deutschen vor der Revolution von
1789 fehlte bis jetzt, und so heißen wir den soeben erschienenen Versuch Wol-
demar Wencks, die Lücke auszufüllen, aufrichtig willkommen.*) Auf Grund
reicher Belesenheit verfaßt, ist die Schrift mit ihrer vornehmen Objektivität, der
es doch nicht an Wärme fehlt, und ihrer geschickten Gruppirung des Stoffes
eine sehr dankenswerte Bereicherung unsers historischen Wissens. Sie ist dies
w allen ihren sieben Abschnitten, von denen die beiden ersten von den Ansichten
handeln, die in den Tagen unsrer Urgroßväter über die Grundlagen und Formen
staatlichen Wesens, über Verfassungsfragen, über Fürsten und Adel, über Be¬
schränkung der Regierungsgewalt, über Monarchie und Republik, über Mittel
und Wege zur Besserung der bestehenden Verhältnisse auftauchten und sich ent¬
wickelten, und den Ursprung, die Hemmnisse, die Kämpfe und die zunehmende



*) Deutschland vor hundert Jahren. Politische Meinungen und Stimmungen
v" Anbruch der Revolutionszeit. Von I)r. Woldemar Wenck, Professor an der Universität
^'pzig- Leipzig, Fr. Will). Grunow. 1887. 276 S.
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[0105] [Abbildung] Deutscher Patriotismus vor hundert Jahren. ^ eit dem Ausbruche der Revolution, deren hundertjährigen Gedenk¬ tag Paris im nächsten Jahre feierlich begehen wird, ist unser po¬ litisches Denken fast in allen Beziehungen so stark von Frankreich her angeregt und beeinflußt worden, daß uns darüber die Er¬ innerung an deutsche Männer und Schriften, die sich schon vor jenen Ereignissen und überhaupt wesentlich aus eignem Triebe mit staatlichen Fragen publizistisch beschäftigten, für geraume Zeit beinahe gänzlich verloren gwg. Neuere Schriftwerke haben dem zwar vielfach abgeholfen, aber eine alles Wichtige zusammenfassende Darstellung des Entstehens und Wachsens eines poli¬ tischen Sinnes, Strebens und Kämpfens der Deutschen vor der Revolution von 1789 fehlte bis jetzt, und so heißen wir den soeben erschienenen Versuch Wol- demar Wencks, die Lücke auszufüllen, aufrichtig willkommen.*) Auf Grund reicher Belesenheit verfaßt, ist die Schrift mit ihrer vornehmen Objektivität, der es doch nicht an Wärme fehlt, und ihrer geschickten Gruppirung des Stoffes eine sehr dankenswerte Bereicherung unsers historischen Wissens. Sie ist dies w allen ihren sieben Abschnitten, von denen die beiden ersten von den Ansichten handeln, die in den Tagen unsrer Urgroßväter über die Grundlagen und Formen staatlichen Wesens, über Verfassungsfragen, über Fürsten und Adel, über Be¬ schränkung der Regierungsgewalt, über Monarchie und Republik, über Mittel und Wege zur Besserung der bestehenden Verhältnisse auftauchten und sich ent¬ wickelten, und den Ursprung, die Hemmnisse, die Kämpfe und die zunehmende *) Deutschland vor hundert Jahren. Politische Meinungen und Stimmungen v" Anbruch der Revolutionszeit. Von I)r. Woldemar Wenck, Professor an der Universität ^'pzig- Leipzig, Fr. Will). Grunow. 1887. 276 S. Grenzboten II. 1887. 13

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Zweites Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_288451/105>, abgerufen am 17.09.2024.