Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr.Mit der Diogeneslaterne. <V weh, in dieser argen Welt Ist jedermann auf sich gestellt. Zur Eigenliebe zwingt ein Muß, Denn läßt man schlaff die Kräfte sinken, Der andre stößt uns in den Fluß, Und wer nicht schwimmt, wird hier ertrinken. Gin Dichter wohl im Traume sah Das Wunderland Utopia. Was aus einem werden Kann. vor Jahren nannten sie dich deutschen Michel,Der immer schläfrig ist. Heut fürchten sie dich wie den Riesen Vger, Der kleine Kinder frißt. Vie Toten retten schnell. <Lr galt als klassisch. Jede Dichtergabevon ihm war Geistesthat dem Publikum. Wer kennt ihn heut? Auf längst zerfallnen Grabe Ist lesbar kaum sein Epitaphium. Vielleicht daß ein Plagiator noch vermessen Den Nachlaß plündert, den die Welt vergessen. Die Toten reiten schnell. Auf seiner Farm am Mississippistrande Begrüßt des neuen Reiches Herrlichkeit Der einst verfloßne Sohn. Dem deutschen Lande War seiner Jugend Linheitstraum geweiht. V gönnt dem Träumer nach erfüllten Lenzen Lin Lindenblatt von unsern Ruhmeskränzen I Die Toten reiten schnell. Mein Liebchen, schwöre nicht beim Glanz der Sonnen, Daß unvergänglich so dein Lieben glüht. Die Rose welkt, doch sprießen neue Wonnen, Wenn sie als Remontante frisch erblüht. Wer leben soll, darf hoffen, lieben, lachen -- Man kann sich auch Ruinen wohnlich machen. Die Toten reiten schnell. Musikalische GeschichtKvetrschttM. Fordre keine GegenliebeIm politischen Getriebe; Wie die Welt gelangt zum Ziele, Lerne aus dem Villardspiele. Mit der Diogeneslaterne. <V weh, in dieser argen Welt Ist jedermann auf sich gestellt. Zur Eigenliebe zwingt ein Muß, Denn läßt man schlaff die Kräfte sinken, Der andre stößt uns in den Fluß, Und wer nicht schwimmt, wird hier ertrinken. Gin Dichter wohl im Traume sah Das Wunderland Utopia. Was aus einem werden Kann. vor Jahren nannten sie dich deutschen Michel,Der immer schläfrig ist. Heut fürchten sie dich wie den Riesen Vger, Der kleine Kinder frißt. Vie Toten retten schnell. <Lr galt als klassisch. Jede Dichtergabevon ihm war Geistesthat dem Publikum. Wer kennt ihn heut? Auf längst zerfallnen Grabe Ist lesbar kaum sein Epitaphium. Vielleicht daß ein Plagiator noch vermessen Den Nachlaß plündert, den die Welt vergessen. Die Toten reiten schnell. Auf seiner Farm am Mississippistrande Begrüßt des neuen Reiches Herrlichkeit Der einst verfloßne Sohn. Dem deutschen Lande War seiner Jugend Linheitstraum geweiht. V gönnt dem Träumer nach erfüllten Lenzen Lin Lindenblatt von unsern Ruhmeskränzen I Die Toten reiten schnell. Mein Liebchen, schwöre nicht beim Glanz der Sonnen, Daß unvergänglich so dein Lieben glüht. Die Rose welkt, doch sprießen neue Wonnen, Wenn sie als Remontante frisch erblüht. Wer leben soll, darf hoffen, lieben, lachen — Man kann sich auch Ruinen wohnlich machen. Die Toten reiten schnell. Musikalische GeschichtKvetrschttM. Fordre keine GegenliebeIm politischen Getriebe; Wie die Welt gelangt zum Ziele, Lerne aus dem Villardspiele. <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0646" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/202075"/> <fw type="header" place="top"> Mit der Diogeneslaterne.</fw><lb/> <lg xml:id="POEMID_134" type="poem"> <l> <V weh, in dieser argen Welt<lb/> Ist jedermann auf sich gestellt.<lb/> Zur Eigenliebe zwingt ein Muß,<lb/> Denn läßt man schlaff die Kräfte sinken,<lb/> Der andre stößt uns in den Fluß,<lb/> Und wer nicht schwimmt, wird hier ertrinken.<lb/> Gin Dichter wohl im Traume sah<lb/> Das Wunderland Utopia.<lb/></l> </lg><lb/> <lg xml:id="POEMID_135" type="poem"> <head> Was aus einem werden Kann.</head> <l> vor Jahren nannten sie dich deutschen Michel,<lb/> Der immer schläfrig ist.<lb/> Heut fürchten sie dich wie den Riesen Vger,<lb/> Der kleine Kinder frißt.<lb/></l> </lg><lb/> <lg xml:id="POEMID_136" type="poem"> <head> Vie Toten retten schnell.</head> <l> <Lr galt als klassisch. 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Mit der Diogeneslaterne.
<V weh, in dieser argen Welt
Ist jedermann auf sich gestellt.
Zur Eigenliebe zwingt ein Muß,
Denn läßt man schlaff die Kräfte sinken,
Der andre stößt uns in den Fluß,
Und wer nicht schwimmt, wird hier ertrinken.
Gin Dichter wohl im Traume sah
Das Wunderland Utopia.
Was aus einem werden Kann. vor Jahren nannten sie dich deutschen Michel,
Der immer schläfrig ist.
Heut fürchten sie dich wie den Riesen Vger,
Der kleine Kinder frißt.
Vie Toten retten schnell. <Lr galt als klassisch. Jede Dichtergabe
von ihm war Geistesthat dem Publikum.
Wer kennt ihn heut? Auf längst zerfallnen Grabe
Ist lesbar kaum sein Epitaphium.
Vielleicht daß ein Plagiator noch vermessen
Den Nachlaß plündert, den die Welt vergessen.
Die Toten reiten schnell. Auf seiner Farm am Mississippistrande
Begrüßt des neuen Reiches Herrlichkeit
Der einst verfloßne Sohn. Dem deutschen Lande
War seiner Jugend Linheitstraum geweiht.
V gönnt dem Träumer nach erfüllten Lenzen
Lin Lindenblatt von unsern Ruhmeskränzen I
Die Toten reiten schnell. Mein Liebchen, schwöre nicht beim Glanz der Sonnen,
Daß unvergänglich so dein Lieben glüht.
Die Rose welkt, doch sprießen neue Wonnen,
Wenn sie als Remontante frisch erblüht.
Wer leben soll, darf hoffen, lieben, lachen —
Man kann sich auch Ruinen wohnlich machen.
Die Toten reiten schnell.
Musikalische GeschichtKvetrschttM. Fordre keine Gegenliebe
Im politischen Getriebe;
Wie die Welt gelangt zum Ziele,
Lerne aus dem Villardspiele.
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