Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr.Mit der Diogeneslaterne. Auch der Träge kommt zu einem Witz, Macht die Bosheit seine Zunge spitz. Doch erfüllt dich Tugend mit Ekstase, Dann langweilst du, und dein Wort wird Phrase. Erzählt' ich davon, daß ein Glück mir erschienen, Kaum hörte man zu mit verdrießlichen Mienen. Und schilderte ich als Verliebter mein Sehnen, Man scheute sich nicht, mir ins Antlitz zu gähnen. Mein Projekt, wie die Stände im Volk zu versöhnen, Erkühnt man sich, eh man es kennt, zu verhöhnen. Der Teufel mag da um die Menschen sich scheeren, Die boshaften, stumpfen erfreun und belehren. --- El Freund, wer sein Glück liebt auszuposaunen, Will im Neide andrer sich selbst anstaunen. Soll deine Liebesgeschichte ergötzen, Mag erst ein Dichter in Verse sie setzen. Doch kannst du den Frieden im Innern uns bringen, So rede, sonst sollen dich Prügel zwingen. Utouia. Erzählen will ich, was ich sahIm Wunderland Utopia. Nach kurzer Stunden Arbeitslust Lockt hier Musik zu Spiel und Reigen; sorgloser Ankunft froh bewußt, Darf Herz sich frei zum Herzen neigen. Es steht das Tischleindeckdich da Im Wunderland Utopia. -- El sprich, wie kommt man in das Land, Wo Menschentum sein Eden fand? -- Du kommst hinein, wenn dir es lieb, Daß deines Nachbarn Gut sich mehre, Du zuläßt, daß ein Tagedieb von deinem Schweiße sich ernähre. Bist so, wenn das von dir geschah, Willkommen in Utopia. -- Mit der Diogeneslaterne. Auch der Träge kommt zu einem Witz, Macht die Bosheit seine Zunge spitz. Doch erfüllt dich Tugend mit Ekstase, Dann langweilst du, und dein Wort wird Phrase. Erzählt' ich davon, daß ein Glück mir erschienen, Kaum hörte man zu mit verdrießlichen Mienen. Und schilderte ich als Verliebter mein Sehnen, Man scheute sich nicht, mir ins Antlitz zu gähnen. Mein Projekt, wie die Stände im Volk zu versöhnen, Erkühnt man sich, eh man es kennt, zu verhöhnen. Der Teufel mag da um die Menschen sich scheeren, Die boshaften, stumpfen erfreun und belehren. —- El Freund, wer sein Glück liebt auszuposaunen, Will im Neide andrer sich selbst anstaunen. Soll deine Liebesgeschichte ergötzen, Mag erst ein Dichter in Verse sie setzen. Doch kannst du den Frieden im Innern uns bringen, So rede, sonst sollen dich Prügel zwingen. Utouia. Erzählen will ich, was ich sahIm Wunderland Utopia. Nach kurzer Stunden Arbeitslust Lockt hier Musik zu Spiel und Reigen; sorgloser Ankunft froh bewußt, Darf Herz sich frei zum Herzen neigen. Es steht das Tischleindeckdich da Im Wunderland Utopia. — El sprich, wie kommt man in das Land, Wo Menschentum sein Eden fand? — Du kommst hinein, wenn dir es lieb, Daß deines Nachbarn Gut sich mehre, Du zuläßt, daß ein Tagedieb von deinem Schweiße sich ernähre. Bist so, wenn das von dir geschah, Willkommen in Utopia. — <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0645" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/202074"/> <fw type="header" place="top"> Mit der Diogeneslaterne.</fw><lb/> <lg xml:id="POEMID_131" type="poem"> <l> Auch der Träge kommt zu einem Witz,<lb/> Macht die Bosheit seine Zunge spitz.<lb/> Doch erfüllt dich Tugend mit Ekstase,<lb/> Dann langweilst du, und dein Wort wird Phrase.<lb/></l> </lg><lb/> <lg xml:id="POEMID_132" type="poem"> <l> Erzählt' ich davon, daß ein Glück mir erschienen,<lb/> Kaum hörte man zu mit verdrießlichen Mienen.</l> <l> Und schilderte ich als Verliebter mein Sehnen,<lb/> Man scheute sich nicht, mir ins Antlitz zu gähnen.</l> <l> Mein Projekt, wie die Stände im Volk zu versöhnen,<lb/> Erkühnt man sich, eh man es kennt, zu verhöhnen.</l> <l> Der Teufel mag da um die Menschen sich scheeren,<lb/> Die boshaften, stumpfen erfreun und belehren. —-</l> <l> El Freund, wer sein Glück liebt auszuposaunen,<lb/> Will im Neide andrer sich selbst anstaunen.</l> <l> Soll deine Liebesgeschichte ergötzen,<lb/> Mag erst ein Dichter in Verse sie setzen.</l> <l> Doch kannst du den Frieden im Innern uns bringen,<lb/> So rede, sonst sollen dich Prügel zwingen.</l> </lg><lb/> <lg xml:id="POEMID_133" type="poem"> <head> Utouia.</head> <l> Erzählen will ich, was ich sah<lb/> Im Wunderland Utopia.<lb/> Nach kurzer Stunden Arbeitslust<lb/> Lockt hier Musik zu Spiel und Reigen;<lb/> sorgloser Ankunft froh bewußt,<lb/> Darf Herz sich frei zum Herzen neigen.<lb/> Es steht das Tischleindeckdich da<lb/> Im Wunderland Utopia. —<lb/> El sprich, wie kommt man in das Land,<lb/> Wo Menschentum sein Eden fand? —<lb/> Du kommst hinein, wenn dir es lieb,<lb/> Daß deines Nachbarn Gut sich mehre,<lb/> Du zuläßt, daß ein Tagedieb<lb/> von deinem Schweiße sich ernähre.<lb/> Bist so, wenn das von dir geschah,<lb/> Willkommen in Utopia. — </l> </lg><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0645]
Mit der Diogeneslaterne.
Auch der Träge kommt zu einem Witz,
Macht die Bosheit seine Zunge spitz.
Doch erfüllt dich Tugend mit Ekstase,
Dann langweilst du, und dein Wort wird Phrase.
Erzählt' ich davon, daß ein Glück mir erschienen,
Kaum hörte man zu mit verdrießlichen Mienen. Und schilderte ich als Verliebter mein Sehnen,
Man scheute sich nicht, mir ins Antlitz zu gähnen. Mein Projekt, wie die Stände im Volk zu versöhnen,
Erkühnt man sich, eh man es kennt, zu verhöhnen. Der Teufel mag da um die Menschen sich scheeren,
Die boshaften, stumpfen erfreun und belehren. —- El Freund, wer sein Glück liebt auszuposaunen,
Will im Neide andrer sich selbst anstaunen. Soll deine Liebesgeschichte ergötzen,
Mag erst ein Dichter in Verse sie setzen. Doch kannst du den Frieden im Innern uns bringen,
So rede, sonst sollen dich Prügel zwingen.
Utouia. Erzählen will ich, was ich sah
Im Wunderland Utopia.
Nach kurzer Stunden Arbeitslust
Lockt hier Musik zu Spiel und Reigen;
sorgloser Ankunft froh bewußt,
Darf Herz sich frei zum Herzen neigen.
Es steht das Tischleindeckdich da
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El sprich, wie kommt man in das Land,
Wo Menschentum sein Eden fand? —
Du kommst hinein, wenn dir es lieb,
Daß deines Nachbarn Gut sich mehre,
Du zuläßt, daß ein Tagedieb
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Willkommen in Utopia. —
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