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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr.

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Mit der Diogeneslaterne,
Als Junggesell umschwärmen mich die Schönen,
Da noch der Ehe wert mein sprödes Herz.
Mit Andacht lausch' ich den Sirenentönen,
Beseufze nngestillter Sehnsucht Schmerz.
Gerät die Unterhaltung wo ins Stocken,
Dann komm ich mit der clironicius sciuidaleuLe.
Wie dankbar ist man hier sür jeden BrockenI
Nun "amüsirt" man sich und ruft: Affrösl
Ein AHlnndvierziger.
Fritz Dampf ist toll Du lieber Gott,
Für ihn war Zeit zu sterben.
Sein Götzenbild, der Jugend Spott,
Zerfiel schon längst in Scherben.
Die Heiterkeit begann, fing an
Der alte Barrikadeninann:
Es muß doch Frühling werden. Wenn wir in Siegers Hochgefühl
Don Rriegsgott leben ließen,
N?eil aus der Saat im Schlachtgewühl
Die Völkerrechte sprießen,
So war das nicht nach Dämpfens Sinn.
Er sprach und seufzte vor sich hin:
<Ls muß doch Frühling werden. Trat irgendwo Verfolgungswut
Mit Rassenhaß zu Tage,
Erhitzte unsern Aampfesmut
Die Reichssemitenfrage,
Der Alte schaute in das Glas
Und sprach -- sein Auge wurde naß -->:
Es muß doch Frühling werden. Und als der Tod umschlich sein Haus,
Da malte ihm die Schrecken
Der Hölle unser Pfarrer ans,
Fritz Dämpfens Herz zu wecken.
Der Freigeist sprach: Geht aus dem Licht,
Mich freut der Sonne Angesicht.
Es muß doch Frühling werden I
Wein, Wein und Gesang.
Freund Bacchus flüsterte mir ins Ghr:
Schlag mi Darauf ich mein Ämtchen verlor.

Mit der Diogeneslaterne,
Als Junggesell umschwärmen mich die Schönen,
Da noch der Ehe wert mein sprödes Herz.
Mit Andacht lausch' ich den Sirenentönen,
Beseufze nngestillter Sehnsucht Schmerz.
Gerät die Unterhaltung wo ins Stocken,
Dann komm ich mit der clironicius sciuidaleuLe.
Wie dankbar ist man hier sür jeden BrockenI
Nun „amüsirt" man sich und ruft: Affrösl
Ein AHlnndvierziger.
Fritz Dampf ist toll Du lieber Gott,
Für ihn war Zeit zu sterben.
Sein Götzenbild, der Jugend Spott,
Zerfiel schon längst in Scherben.
Die Heiterkeit begann, fing an
Der alte Barrikadeninann:
Es muß doch Frühling werden. Wenn wir in Siegers Hochgefühl
Don Rriegsgott leben ließen,
N?eil aus der Saat im Schlachtgewühl
Die Völkerrechte sprießen,
So war das nicht nach Dämpfens Sinn.
Er sprach und seufzte vor sich hin:
<Ls muß doch Frühling werden. Trat irgendwo Verfolgungswut
Mit Rassenhaß zu Tage,
Erhitzte unsern Aampfesmut
Die Reichssemitenfrage,
Der Alte schaute in das Glas
Und sprach — sein Auge wurde naß —>:
Es muß doch Frühling werden. Und als der Tod umschlich sein Haus,
Da malte ihm die Schrecken
Der Hölle unser Pfarrer ans,
Fritz Dämpfens Herz zu wecken.
Der Freigeist sprach: Geht aus dem Licht,
Mich freut der Sonne Angesicht.
Es muß doch Frühling werden I
Wein, Wein und Gesang.
Freund Bacchus flüsterte mir ins Ghr:
Schlag mi Darauf ich mein Ämtchen verlor.

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[0453] Mit der Diogeneslaterne, Als Junggesell umschwärmen mich die Schönen, Da noch der Ehe wert mein sprödes Herz. Mit Andacht lausch' ich den Sirenentönen, Beseufze nngestillter Sehnsucht Schmerz. Gerät die Unterhaltung wo ins Stocken, Dann komm ich mit der clironicius sciuidaleuLe. Wie dankbar ist man hier sür jeden BrockenI Nun „amüsirt" man sich und ruft: Affrösl Ein AHlnndvierziger. Fritz Dampf ist toll Du lieber Gott, Für ihn war Zeit zu sterben. Sein Götzenbild, der Jugend Spott, Zerfiel schon längst in Scherben. Die Heiterkeit begann, fing an Der alte Barrikadeninann: Es muß doch Frühling werden. Wenn wir in Siegers Hochgefühl Don Rriegsgott leben ließen, N?eil aus der Saat im Schlachtgewühl Die Völkerrechte sprießen, So war das nicht nach Dämpfens Sinn. Er sprach und seufzte vor sich hin: <Ls muß doch Frühling werden. Trat irgendwo Verfolgungswut Mit Rassenhaß zu Tage, Erhitzte unsern Aampfesmut Die Reichssemitenfrage, Der Alte schaute in das Glas Und sprach — sein Auge wurde naß —>: Es muß doch Frühling werden. Und als der Tod umschlich sein Haus, Da malte ihm die Schrecken Der Hölle unser Pfarrer ans, Fritz Dämpfens Herz zu wecken. Der Freigeist sprach: Geht aus dem Licht, Mich freut der Sonne Angesicht. Es muß doch Frühling werden I Wein, Wein und Gesang. Freund Bacchus flüsterte mir ins Ghr: Schlag mi Darauf ich mein Ämtchen verlor.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_201428/453>, abgerufen am 22.07.2024.