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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr.

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Mit der Diogeneslaterne.
Hüte dicht verhaltne Verse
Lassen das Gemüt erkranken;
Der Poet, den man hineinzwängt
In die Prosa der Gedanken,
Sitzt von seinem Gott verlassen
Mit dem Teufel zu Gerichte;
Kommt ein Rückfall, schreibt so einer
Gar satirische Gedichte.
Königliche Dichter.
verwundert las ich jüngst,
N)le oft trotz Herrscherglanz
So manch gekröntes Haupt
Begehre den Dichterkranz.
Was Schiller träumte, es ist nun geschehn!
Hier darf der Sänger mit dem König gehn!
Tote Seelen.
Im weiten Saale herrscht ein tiefes Schweigen,
Denn zwischen Gräbern pflegt es still zu sein.
In den Regalen, die zur Decke steigen,
Ruhm Manuskripte, ungezählte Reihn. !pas Phantasie dramatischer Erfinder
An Scheingestalten ans dem Dunkel rief,
Hat hier als totgeborne Geisteskinder
Die Intendanz bestattet im Archiv. Des Mondes Lichtglanz flutet durch die Fenster,
Und horchI in den Papieren rauscht es bang;
Gin Sehnsuchtsruf verwunschener Gespenster,
Nicht anerkannter Dramen Rlagesang. Lin Stimmchen ruft: Mein Held entlarvt die Lüge
Und brandmarkt kühn scheinheil'ges Strebertum.
Der Intendant sprach: Solche Sittenrüge
Mißfällt dem Hoftheaterpublikum. Ein zweites spricht: Mein Titel ist Sabine.
Dies Weib, von eines Fürsten Herz ersehnt,
Schließt StaatsvertrLge hinter der Gardine --
Der Intendant verfügte: AbgelehntI Lin drittes klagt: was habe ich verbrochen?
Mein U?asa starb durch Überproduktion.
Gleichzeitig hoben innnerhalb vier Wochen
Zehn andre einen lvasa auf den Thron.

Mit der Diogeneslaterne.
Hüte dicht verhaltne Verse
Lassen das Gemüt erkranken;
Der Poet, den man hineinzwängt
In die Prosa der Gedanken,
Sitzt von seinem Gott verlassen
Mit dem Teufel zu Gerichte;
Kommt ein Rückfall, schreibt so einer
Gar satirische Gedichte.
Königliche Dichter.
verwundert las ich jüngst,
N)le oft trotz Herrscherglanz
So manch gekröntes Haupt
Begehre den Dichterkranz.
Was Schiller träumte, es ist nun geschehn!
Hier darf der Sänger mit dem König gehn!
Tote Seelen.
Im weiten Saale herrscht ein tiefes Schweigen,
Denn zwischen Gräbern pflegt es still zu sein.
In den Regalen, die zur Decke steigen,
Ruhm Manuskripte, ungezählte Reihn. !pas Phantasie dramatischer Erfinder
An Scheingestalten ans dem Dunkel rief,
Hat hier als totgeborne Geisteskinder
Die Intendanz bestattet im Archiv. Des Mondes Lichtglanz flutet durch die Fenster,
Und horchI in den Papieren rauscht es bang;
Gin Sehnsuchtsruf verwunschener Gespenster,
Nicht anerkannter Dramen Rlagesang. Lin Stimmchen ruft: Mein Held entlarvt die Lüge
Und brandmarkt kühn scheinheil'ges Strebertum.
Der Intendant sprach: Solche Sittenrüge
Mißfällt dem Hoftheaterpublikum. Ein zweites spricht: Mein Titel ist Sabine.
Dies Weib, von eines Fürsten Herz ersehnt,
Schließt StaatsvertrLge hinter der Gardine —
Der Intendant verfügte: AbgelehntI Lin drittes klagt: was habe ich verbrochen?
Mein U?asa starb durch Überproduktion.
Gleichzeitig hoben innnerhalb vier Wochen
Zehn andre einen lvasa auf den Thron.

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[0290] Mit der Diogeneslaterne. Hüte dicht verhaltne Verse Lassen das Gemüt erkranken; Der Poet, den man hineinzwängt In die Prosa der Gedanken, Sitzt von seinem Gott verlassen Mit dem Teufel zu Gerichte; Kommt ein Rückfall, schreibt so einer Gar satirische Gedichte. Königliche Dichter. verwundert las ich jüngst, N)le oft trotz Herrscherglanz So manch gekröntes Haupt Begehre den Dichterkranz. Was Schiller träumte, es ist nun geschehn! Hier darf der Sänger mit dem König gehn! Tote Seelen. Im weiten Saale herrscht ein tiefes Schweigen, Denn zwischen Gräbern pflegt es still zu sein. In den Regalen, die zur Decke steigen, Ruhm Manuskripte, ungezählte Reihn. !pas Phantasie dramatischer Erfinder An Scheingestalten ans dem Dunkel rief, Hat hier als totgeborne Geisteskinder Die Intendanz bestattet im Archiv. Des Mondes Lichtglanz flutet durch die Fenster, Und horchI in den Papieren rauscht es bang; Gin Sehnsuchtsruf verwunschener Gespenster, Nicht anerkannter Dramen Rlagesang. Lin Stimmchen ruft: Mein Held entlarvt die Lüge Und brandmarkt kühn scheinheil'ges Strebertum. Der Intendant sprach: Solche Sittenrüge Mißfällt dem Hoftheaterpublikum. Ein zweites spricht: Mein Titel ist Sabine. Dies Weib, von eines Fürsten Herz ersehnt, Schließt StaatsvertrLge hinter der Gardine — Der Intendant verfügte: AbgelehntI Lin drittes klagt: was habe ich verbrochen? Mein U?asa starb durch Überproduktion. Gleichzeitig hoben innnerhalb vier Wochen Zehn andre einen lvasa auf den Thron.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_201428/290>, abgerufen am 25.08.2024.