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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr.

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Mit der Diogeneslaterne.
Bedenke, daß die Frau es ist,
Die heutzutag Romane liest.
Drum wähle deinen Helden klüglich; "
vielleicht, daß wo ein Graf verfüglich,
Sonst fängt der interessante Mann -
Mit dem Assessor auswärts an.
Bei Schilderung der Herzensdame
Sind Geist und Schönheit zwar Reklame,
Doch winke noch als Liebeslohn
Des Schwiegervaters Million,
Auch dürfte es sich wohl empfehlen,
Vom armen Mädchen zu erzählen,
Das später hohes Glück genoß >
Als aufgefnndner Adelssproß.
Hast so den Faden du gewunden, '
Dann kürzet dein Roman die Stunden,
Der dankerfüllte Leser hat, - ^ ^
Erscheint er im Familienblatt.
Aus gewisse MaleMdichter.
!Ver was in Mundart reimt, wird leicht dein Volk gefallen,
Süß klingt dem Mntterohr des eignen Rindes Lallen.
Das nutzt ihr aus. Gs soll die Armut der Gedanken
Das Idiom, naiv, gemütlich überranken, ,
Denn bringt ihr einen Witz -- gesteht es unverhohlen,
Das Volk hat ihn gemacht, und ihr habt ihn gestohlen.
Gravschrift.
Hier ruht Intendanturrat CZ,,
Poet und Biedermann dazu.
Ihm selbst ist nicht bekannt gewesen,
Daß seine Verse wer gelesen,
Doch trug er schönen Ruhm davon--
Ihn nannte Kürschners Lexikon.
Ver F-uriKer an seine Gattin.
Frauchen, träufte nicht die Lippen,
ZVeil ich dichterisch empfinde,
Um das Wahre, Gute, Schöne
Meiner Lyrik Perlen winde.
Listig wie Delila willst du
Mich zu deinem Simson machen,
willst Inn schnöden Hausstandssorgen
Zum Philister mich verflachen.

Grenzboten IV. 1887.
Mit der Diogeneslaterne.
Bedenke, daß die Frau es ist,
Die heutzutag Romane liest.
Drum wähle deinen Helden klüglich; "
vielleicht, daß wo ein Graf verfüglich,
Sonst fängt der interessante Mann -
Mit dem Assessor auswärts an.
Bei Schilderung der Herzensdame
Sind Geist und Schönheit zwar Reklame,
Doch winke noch als Liebeslohn
Des Schwiegervaters Million,
Auch dürfte es sich wohl empfehlen,
Vom armen Mädchen zu erzählen,
Das später hohes Glück genoß >
Als aufgefnndner Adelssproß.
Hast so den Faden du gewunden, '
Dann kürzet dein Roman die Stunden,
Der dankerfüllte Leser hat, - ^ ^
Erscheint er im Familienblatt.
Aus gewisse MaleMdichter.
!Ver was in Mundart reimt, wird leicht dein Volk gefallen,
Süß klingt dem Mntterohr des eignen Rindes Lallen.
Das nutzt ihr aus. Gs soll die Armut der Gedanken
Das Idiom, naiv, gemütlich überranken, ,
Denn bringt ihr einen Witz — gesteht es unverhohlen,
Das Volk hat ihn gemacht, und ihr habt ihn gestohlen.
Gravschrift.
Hier ruht Intendanturrat CZ,,
Poet und Biedermann dazu.
Ihm selbst ist nicht bekannt gewesen,
Daß seine Verse wer gelesen,
Doch trug er schönen Ruhm davon—
Ihn nannte Kürschners Lexikon.
Ver F-uriKer an seine Gattin.
Frauchen, träufte nicht die Lippen,
ZVeil ich dichterisch empfinde,
Um das Wahre, Gute, Schöne
Meiner Lyrik Perlen winde.
Listig wie Delila willst du
Mich zu deinem Simson machen,
willst Inn schnöden Hausstandssorgen
Zum Philister mich verflachen.

Grenzboten IV. 1887.
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[0289] Mit der Diogeneslaterne. Bedenke, daß die Frau es ist, Die heutzutag Romane liest. Drum wähle deinen Helden klüglich; " vielleicht, daß wo ein Graf verfüglich, Sonst fängt der interessante Mann - Mit dem Assessor auswärts an. Bei Schilderung der Herzensdame Sind Geist und Schönheit zwar Reklame, Doch winke noch als Liebeslohn Des Schwiegervaters Million, Auch dürfte es sich wohl empfehlen, Vom armen Mädchen zu erzählen, Das später hohes Glück genoß > Als aufgefnndner Adelssproß. Hast so den Faden du gewunden, ' Dann kürzet dein Roman die Stunden, Der dankerfüllte Leser hat, - ^ ^ Erscheint er im Familienblatt. Aus gewisse MaleMdichter. !Ver was in Mundart reimt, wird leicht dein Volk gefallen, Süß klingt dem Mntterohr des eignen Rindes Lallen. Das nutzt ihr aus. Gs soll die Armut der Gedanken Das Idiom, naiv, gemütlich überranken, , Denn bringt ihr einen Witz — gesteht es unverhohlen, Das Volk hat ihn gemacht, und ihr habt ihn gestohlen. Gravschrift. Hier ruht Intendanturrat CZ,, Poet und Biedermann dazu. Ihm selbst ist nicht bekannt gewesen, Daß seine Verse wer gelesen, Doch trug er schönen Ruhm davon— Ihn nannte Kürschners Lexikon. Ver F-uriKer an seine Gattin. Frauchen, träufte nicht die Lippen, ZVeil ich dichterisch empfinde, Um das Wahre, Gute, Schöne Meiner Lyrik Perlen winde. Listig wie Delila willst du Mich zu deinem Simson machen, willst Inn schnöden Hausstandssorgen Zum Philister mich verflachen. Grenzboten IV. 1887.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Viertes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_201428/289>, abgerufen am 22.07.2024.