Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.Der evangelische Bund. Behufs gemeinsamer Thätigkeit organisirt sich der Bund, unter Leitung eines Ein beigelegtes vorläufiges Statut nimmt für den Bund eine Verfassung in Wir haben Grund anzunehmen, daß das Programm des Bundes in dieser Besonders giebt jener Satz zu Bedenken Anlaß, in welchem es heißt: Der Man könnte auf den kürzlich veröffentlichten Brief des Grafen Alfred von Der evangelische Bund. Behufs gemeinsamer Thätigkeit organisirt sich der Bund, unter Leitung eines Ein beigelegtes vorläufiges Statut nimmt für den Bund eine Verfassung in Wir haben Grund anzunehmen, daß das Programm des Bundes in dieser Besonders giebt jener Satz zu Bedenken Anlaß, in welchem es heißt: Der Man könnte auf den kürzlich veröffentlichten Brief des Grafen Alfred von <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0628" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/200733"/> <fw type="header" place="top"> Der evangelische Bund.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1976" prev="#ID_1975" next="#ID_1977"> Behufs gemeinsamer Thätigkeit organisirt sich der Bund, unter Leitung eines<lb/> Zentralvorstandes sowie eines weiteren Ausschusses und gegliedert in lcmdcskirch-<lb/> liche oder landschaftliche Zweigvereine über das ganze evangelische Deutschland.</p><lb/> <p xml:id="ID_1977" prev="#ID_1976"> Ein beigelegtes vorläufiges Statut nimmt für den Bund eine Verfassung in<lb/> Aussicht, welche der des Gustav-Adolf-Vereins nachgebildet ist.</p><lb/> <p xml:id="ID_1978"> Wir haben Grund anzunehmen, daß das Programm des Bundes in dieser<lb/> Fassung nur ein vorläufiges sei, daß der Bund im Verborgenen manches vor¬<lb/> bereite, was später in fertiger Gestalt hervortreten und Gegenstand der Arbeit<lb/> werden soll. Aber wäre es nicht besser gewesen, mit dem Aufrufe zu warten,<lb/> bis man bestimmte Aufgaben benennen und vorlegen konnte? Wir fürchten sehr,<lb/> daß es an der Beteiligung jener weiten Kreise mangeln wird, durch welche das<lb/> Unternehmen erst wirklich fruchtbringend werden kann. Daß sich eine Anzahl<lb/> von Geistlichen, Professoren und hochgebildeten Laien zu einem Bunde zusammen<lb/> finden, ist recht schön, aber erst wenn das Volk anfängt, Anteil zu nehmen,<lb/> wenn diejenigen Kreise, welche der Gefahr, von der katholischen Propaganda<lb/> irregemacht zu werden, am nächsten stehen — die Unterzeichner des Ausrufs<lb/> gehören samt und sonders nicht dazu —, zum Bunde herangezogen werden, ist<lb/> von einem wirklichen Erfolge zu reden. Für jene Massen ist aber eine bestimmte<lb/> packende Ausgabe ebenso notwendig, wie für einen Wahlaufruf ein treffendes<lb/> Schlagwort. Die Aufgabe ist zu allgemein gefaßt. Der Bund will die evan¬<lb/> gelischen Interessen auf allen Gebieten wahren, das sagt zu viel — und ver¬<lb/> pflichtet jeden an seinem Teile dazu mitzuwirken, das sagt zu wenig.</p><lb/> <p xml:id="ID_1979"> Besonders giebt jener Satz zu Bedenken Anlaß, in welchem es heißt: Der<lb/> Bund will den Bestrebungen wahrer Katholizität und christlicher Freiheit im<lb/> Schoße der katholischen Kirche die Hand reichen. Wie ist das gemeint? Wird<lb/> als eigentliches Ziel des evangelischen Bundes festgehalten die Wahrung der<lb/> deutsch-protestantischen Interessen, so kann jener Satz keinen andern Sinn haben<lb/> als den, daß es Aufgabe sei, die undeutsch-katholische Kirche durch Begünstigung<lb/> derjenigen Elemente innerhalb derselben, welche ihr widerstreben, zu schwächen.<lb/> Dies war die Idee Falls, als er die Staatspfarrer einsetzte und die altkatho¬<lb/> lische Bewegung begünstigte. Aber was ist daraus geworden? Was hat es<lb/> genützt? Es hat den Streit nur verbittert, ohne auf die Entscheidung desselben<lb/> den geringsten Einfluß zu üben. Die katholische Kirche hat jene Elemente ohne<lb/> Bedenken und ohne Bedauern abgestoßen, das Institut der Staatspfarrer wird<lb/> nunmehr beseitigt, und die altkatholische Bewegung steht still. So ist anch von<lb/> der Begünstigung wahrer Katholizität innerhalb jener Kirche für deutsch-protestan¬<lb/> tische Interessen kein Gewinn zu erwarten.</p><lb/> <p xml:id="ID_1980" next="#ID_1981"> Man könnte auf den kürzlich veröffentlichten Brief des Grafen Alfred von<lb/> Adelmann vom 21. Januar verweisen und den Beitritt des genannten — eines<lb/> Katholiken — zum evangelischen Bunde als einen Erfolg aufführen. Wir ver¬<lb/> muten, daß neben einem Hinblick auf die Lage der altkatholischen Gemeinden</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0628]
Der evangelische Bund.
Behufs gemeinsamer Thätigkeit organisirt sich der Bund, unter Leitung eines
Zentralvorstandes sowie eines weiteren Ausschusses und gegliedert in lcmdcskirch-
liche oder landschaftliche Zweigvereine über das ganze evangelische Deutschland.
Ein beigelegtes vorläufiges Statut nimmt für den Bund eine Verfassung in
Aussicht, welche der des Gustav-Adolf-Vereins nachgebildet ist.
Wir haben Grund anzunehmen, daß das Programm des Bundes in dieser
Fassung nur ein vorläufiges sei, daß der Bund im Verborgenen manches vor¬
bereite, was später in fertiger Gestalt hervortreten und Gegenstand der Arbeit
werden soll. Aber wäre es nicht besser gewesen, mit dem Aufrufe zu warten,
bis man bestimmte Aufgaben benennen und vorlegen konnte? Wir fürchten sehr,
daß es an der Beteiligung jener weiten Kreise mangeln wird, durch welche das
Unternehmen erst wirklich fruchtbringend werden kann. Daß sich eine Anzahl
von Geistlichen, Professoren und hochgebildeten Laien zu einem Bunde zusammen
finden, ist recht schön, aber erst wenn das Volk anfängt, Anteil zu nehmen,
wenn diejenigen Kreise, welche der Gefahr, von der katholischen Propaganda
irregemacht zu werden, am nächsten stehen — die Unterzeichner des Ausrufs
gehören samt und sonders nicht dazu —, zum Bunde herangezogen werden, ist
von einem wirklichen Erfolge zu reden. Für jene Massen ist aber eine bestimmte
packende Ausgabe ebenso notwendig, wie für einen Wahlaufruf ein treffendes
Schlagwort. Die Aufgabe ist zu allgemein gefaßt. Der Bund will die evan¬
gelischen Interessen auf allen Gebieten wahren, das sagt zu viel — und ver¬
pflichtet jeden an seinem Teile dazu mitzuwirken, das sagt zu wenig.
Besonders giebt jener Satz zu Bedenken Anlaß, in welchem es heißt: Der
Bund will den Bestrebungen wahrer Katholizität und christlicher Freiheit im
Schoße der katholischen Kirche die Hand reichen. Wie ist das gemeint? Wird
als eigentliches Ziel des evangelischen Bundes festgehalten die Wahrung der
deutsch-protestantischen Interessen, so kann jener Satz keinen andern Sinn haben
als den, daß es Aufgabe sei, die undeutsch-katholische Kirche durch Begünstigung
derjenigen Elemente innerhalb derselben, welche ihr widerstreben, zu schwächen.
Dies war die Idee Falls, als er die Staatspfarrer einsetzte und die altkatho¬
lische Bewegung begünstigte. Aber was ist daraus geworden? Was hat es
genützt? Es hat den Streit nur verbittert, ohne auf die Entscheidung desselben
den geringsten Einfluß zu üben. Die katholische Kirche hat jene Elemente ohne
Bedenken und ohne Bedauern abgestoßen, das Institut der Staatspfarrer wird
nunmehr beseitigt, und die altkatholische Bewegung steht still. So ist anch von
der Begünstigung wahrer Katholizität innerhalb jener Kirche für deutsch-protestan¬
tische Interessen kein Gewinn zu erwarten.
Man könnte auf den kürzlich veröffentlichten Brief des Grafen Alfred von
Adelmann vom 21. Januar verweisen und den Beitritt des genannten — eines
Katholiken — zum evangelischen Bunde als einen Erfolg aufführen. Wir ver¬
muten, daß neben einem Hinblick auf die Lage der altkatholischen Gemeinden
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |