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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

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Deutsch-böhmische Briefe.
3.

le große hnssitische Revolution des fiinfzehnten Jahrhunderts war
nicht bloß kirchlich-religiöser Natur, sondern auch ein politischer
Vorgang, sie richtete sich ebenso sehr gegen Nom und den ver¬
kommenen Katholizismus als gegen das von den Tschechen gehaßte
und beneidete Deutschtum. Ihre Ziele wurden in religiöser Be¬
ziehung nur sehr unvollständig erreicht, ihre nationale Tendenz dagegen hatte
sich weit größerer Erfolge zu rühmen; zwar gelang die gänzliche Ausrottung
der Dcutschböhmcn nicht, wohl aber wurden sie von der tschechischen Reaktion
fast allenthalben im Lande niedergeworfen, geschwächt, beraubt und in ihren
Rechten beschränkt. Zunächst gingen Huß und sein Anhang der Universität zu
Leibe, und König Wenzel ließ sich 1409 bestimmen, sie mit einem Machtspruche
den Tschechen zu übergeben. Die Folge war eine allgemeine Auswanderung der
deutschen Lehrer und Hörer und ein rascher Verfall der bisher so glänzenden
Hochschule, der sie dem Untergange nahe brachte. Dann wurde die Präger
Stadtverwaltung tschechisirt und die deutsche Bürgerschaft ihrer Habe beraubt
und, soweit sie sich nicht den Utraquisten anschloß, vertrieben. Darauf schritten
die Aufständischen zur Niederwerfung des Deutschtums, das ihnen dnrch seine
königstreue Gesinnung und durch sein Beharren bei der alten Kirche doppelt
verhaßt war, in den Landstädten. "Habt Acht -- schrieb Zizka, der Taboriten-
führer, an die Tschechen in Taus -- auf die große Bosheit der Deutschen, die euch
wegen des Namens Jesu Christi verfolgten. Die Zeit ist gekommen, nicht sowohl
gegen die Fremden (die deutschen Kreuzheere aus dem Reiche Kaiser Sigismunds)


Grenzboten I. 1887. 51,


Deutsch-böhmische Briefe.
3.

le große hnssitische Revolution des fiinfzehnten Jahrhunderts war
nicht bloß kirchlich-religiöser Natur, sondern auch ein politischer
Vorgang, sie richtete sich ebenso sehr gegen Nom und den ver¬
kommenen Katholizismus als gegen das von den Tschechen gehaßte
und beneidete Deutschtum. Ihre Ziele wurden in religiöser Be¬
ziehung nur sehr unvollständig erreicht, ihre nationale Tendenz dagegen hatte
sich weit größerer Erfolge zu rühmen; zwar gelang die gänzliche Ausrottung
der Dcutschböhmcn nicht, wohl aber wurden sie von der tschechischen Reaktion
fast allenthalben im Lande niedergeworfen, geschwächt, beraubt und in ihren
Rechten beschränkt. Zunächst gingen Huß und sein Anhang der Universität zu
Leibe, und König Wenzel ließ sich 1409 bestimmen, sie mit einem Machtspruche
den Tschechen zu übergeben. Die Folge war eine allgemeine Auswanderung der
deutschen Lehrer und Hörer und ein rascher Verfall der bisher so glänzenden
Hochschule, der sie dem Untergange nahe brachte. Dann wurde die Präger
Stadtverwaltung tschechisirt und die deutsche Bürgerschaft ihrer Habe beraubt
und, soweit sie sich nicht den Utraquisten anschloß, vertrieben. Darauf schritten
die Aufständischen zur Niederwerfung des Deutschtums, das ihnen dnrch seine
königstreue Gesinnung und durch sein Beharren bei der alten Kirche doppelt
verhaßt war, in den Landstädten. „Habt Acht — schrieb Zizka, der Taboriten-
führer, an die Tschechen in Taus — auf die große Bosheit der Deutschen, die euch
wegen des Namens Jesu Christi verfolgten. Die Zeit ist gekommen, nicht sowohl
gegen die Fremden (die deutschen Kreuzheere aus dem Reiche Kaiser Sigismunds)


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[0409] [Abbildung] Deutsch-böhmische Briefe. 3. le große hnssitische Revolution des fiinfzehnten Jahrhunderts war nicht bloß kirchlich-religiöser Natur, sondern auch ein politischer Vorgang, sie richtete sich ebenso sehr gegen Nom und den ver¬ kommenen Katholizismus als gegen das von den Tschechen gehaßte und beneidete Deutschtum. Ihre Ziele wurden in religiöser Be¬ ziehung nur sehr unvollständig erreicht, ihre nationale Tendenz dagegen hatte sich weit größerer Erfolge zu rühmen; zwar gelang die gänzliche Ausrottung der Dcutschböhmcn nicht, wohl aber wurden sie von der tschechischen Reaktion fast allenthalben im Lande niedergeworfen, geschwächt, beraubt und in ihren Rechten beschränkt. Zunächst gingen Huß und sein Anhang der Universität zu Leibe, und König Wenzel ließ sich 1409 bestimmen, sie mit einem Machtspruche den Tschechen zu übergeben. Die Folge war eine allgemeine Auswanderung der deutschen Lehrer und Hörer und ein rascher Verfall der bisher so glänzenden Hochschule, der sie dem Untergange nahe brachte. Dann wurde die Präger Stadtverwaltung tschechisirt und die deutsche Bürgerschaft ihrer Habe beraubt und, soweit sie sich nicht den Utraquisten anschloß, vertrieben. Darauf schritten die Aufständischen zur Niederwerfung des Deutschtums, das ihnen dnrch seine königstreue Gesinnung und durch sein Beharren bei der alten Kirche doppelt verhaßt war, in den Landstädten. „Habt Acht — schrieb Zizka, der Taboriten- führer, an die Tschechen in Taus — auf die große Bosheit der Deutschen, die euch wegen des Namens Jesu Christi verfolgten. Die Zeit ist gekommen, nicht sowohl gegen die Fremden (die deutschen Kreuzheere aus dem Reiche Kaiser Sigismunds) Grenzboten I. 1887. 51,

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/409>, abgerufen am 22.12.2024.