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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

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Bewegungen in der katholischen Welt.

or einigen Wochen (Jahrgang 1886, S. 449 ff.) haben wir auf
die revolutionären Bewegungen hingewiesen, welche sich in der
katholischen Welt zeigen. Unsre Bemerkungen haben in der Presse
Beachtung gefunden, weil, was dem Einzelnen schon hie und da
aufgefallen sein mochte, hier zu einem Gesamtbilde zusammengefaßt
war. Auch die rohen Schimpfmorte, welche das Berliner Jesuitenblatt "Germania"
unsern Ausführungen zu Teil werdeu ließ, zeigten deutlich, daß wir die Hand
in eine offene Wunde gelegt hatten. Wir deuteten in jenem Aufsatz schon auf
den Widerspruch hin, den selbst die höchste" Autoritäten in der Kirche durch
das Parteitreuen, mit welchem religiöse Fragen von ehrgeizigen Parteiführern
zur Unterlage ihrer weltlichen Bestrebungen gemacht werden, in nicht mehr miß-
zuverstehender Weise erfahren haben. Durch einzelne Beispiele aus der jüngsten
Zeit beleuchteten wir diese Andeutung; wir zeigten an den Hetzereien gegen den
Bischof von Fulda, sowie an manchen direkt gegen den Papst gerichteten De¬
monstrationen, daß in den Katholizismus eine Bewegung einzudringen beginne,
welche mit dessen Grundlehren in tiefstem Widerspruch stehe und nicht mehr
Staat und Negierung, sondern Kirche und Papst angehe.

Trotz aller Schnelllebigkcit, durch welche sich unsre Zeit auszeichnet, hätten
wir uicht geglaubt, daß schon nach wenigen Wochen sich die Opposition der
Führer der deutschen Katholiken gegen den Papst bis zum offenen Ungehorsam
steigern würde. Durch die Zeitungen sind Kundgebungen Leps XIII. veröffentlicht
worden, in denen er dem Zentrum gegenüber den Wunsch ausgesprochen hat, für
die von den Bundesregierungen eingebrachte Septennatsvorlage einzutreten. Die
Zentrnmsführer, an welche dieser Wunsch gerichtet war, hatten -- wenn sie es
ihrer Sonderpolitik nach für richtig erachte" mußten, demselben nicht zu ent-


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Bewegungen in der katholischen Welt.

or einigen Wochen (Jahrgang 1886, S. 449 ff.) haben wir auf
die revolutionären Bewegungen hingewiesen, welche sich in der
katholischen Welt zeigen. Unsre Bemerkungen haben in der Presse
Beachtung gefunden, weil, was dem Einzelnen schon hie und da
aufgefallen sein mochte, hier zu einem Gesamtbilde zusammengefaßt
war. Auch die rohen Schimpfmorte, welche das Berliner Jesuitenblatt „Germania"
unsern Ausführungen zu Teil werdeu ließ, zeigten deutlich, daß wir die Hand
in eine offene Wunde gelegt hatten. Wir deuteten in jenem Aufsatz schon auf
den Widerspruch hin, den selbst die höchste» Autoritäten in der Kirche durch
das Parteitreuen, mit welchem religiöse Fragen von ehrgeizigen Parteiführern
zur Unterlage ihrer weltlichen Bestrebungen gemacht werden, in nicht mehr miß-
zuverstehender Weise erfahren haben. Durch einzelne Beispiele aus der jüngsten
Zeit beleuchteten wir diese Andeutung; wir zeigten an den Hetzereien gegen den
Bischof von Fulda, sowie an manchen direkt gegen den Papst gerichteten De¬
monstrationen, daß in den Katholizismus eine Bewegung einzudringen beginne,
welche mit dessen Grundlehren in tiefstem Widerspruch stehe und nicht mehr
Staat und Negierung, sondern Kirche und Papst angehe.

Trotz aller Schnelllebigkcit, durch welche sich unsre Zeit auszeichnet, hätten
wir uicht geglaubt, daß schon nach wenigen Wochen sich die Opposition der
Führer der deutschen Katholiken gegen den Papst bis zum offenen Ungehorsam
steigern würde. Durch die Zeitungen sind Kundgebungen Leps XIII. veröffentlicht
worden, in denen er dem Zentrum gegenüber den Wunsch ausgesprochen hat, für
die von den Bundesregierungen eingebrachte Septennatsvorlage einzutreten. Die
Zentrnmsführer, an welche dieser Wunsch gerichtet war, hatten — wenn sie es
ihrer Sonderpolitik nach für richtig erachte» mußten, demselben nicht zu ent-


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[0353] [Abbildung] Bewegungen in der katholischen Welt. or einigen Wochen (Jahrgang 1886, S. 449 ff.) haben wir auf die revolutionären Bewegungen hingewiesen, welche sich in der katholischen Welt zeigen. Unsre Bemerkungen haben in der Presse Beachtung gefunden, weil, was dem Einzelnen schon hie und da aufgefallen sein mochte, hier zu einem Gesamtbilde zusammengefaßt war. Auch die rohen Schimpfmorte, welche das Berliner Jesuitenblatt „Germania" unsern Ausführungen zu Teil werdeu ließ, zeigten deutlich, daß wir die Hand in eine offene Wunde gelegt hatten. Wir deuteten in jenem Aufsatz schon auf den Widerspruch hin, den selbst die höchste» Autoritäten in der Kirche durch das Parteitreuen, mit welchem religiöse Fragen von ehrgeizigen Parteiführern zur Unterlage ihrer weltlichen Bestrebungen gemacht werden, in nicht mehr miß- zuverstehender Weise erfahren haben. Durch einzelne Beispiele aus der jüngsten Zeit beleuchteten wir diese Andeutung; wir zeigten an den Hetzereien gegen den Bischof von Fulda, sowie an manchen direkt gegen den Papst gerichteten De¬ monstrationen, daß in den Katholizismus eine Bewegung einzudringen beginne, welche mit dessen Grundlehren in tiefstem Widerspruch stehe und nicht mehr Staat und Negierung, sondern Kirche und Papst angehe. Trotz aller Schnelllebigkcit, durch welche sich unsre Zeit auszeichnet, hätten wir uicht geglaubt, daß schon nach wenigen Wochen sich die Opposition der Führer der deutschen Katholiken gegen den Papst bis zum offenen Ungehorsam steigern würde. Durch die Zeitungen sind Kundgebungen Leps XIII. veröffentlicht worden, in denen er dem Zentrum gegenüber den Wunsch ausgesprochen hat, für die von den Bundesregierungen eingebrachte Septennatsvorlage einzutreten. Die Zentrnmsführer, an welche dieser Wunsch gerichtet war, hatten — wenn sie es ihrer Sonderpolitik nach für richtig erachte» mußten, demselben nicht zu ent- Grenzbotcn I. 1337. 44

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/353>, abgerufen am 22.12.2024.