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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

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durch Ricardo, Smith. Malthus. In der Abteilung Philosophie glänzen die
Namen Locke, Hume, H. Spencer, in der Naturwissenschaft Thndall, Lhell und
Darwin. Daß auch die Ausländer nicht vergessen sind, zeigen Namen wie
Röscher, Mommsen, Tocqueville, auch eine Übersetzung des Plato, Natürlich
steht eine solche Bibliothek nicht jedermann aus dem Volke offen; wie das Recht,
sie zu benutzen erworben wird, werden wir später sehen. Aber ein charakte¬
ristisches Merkmal von Toynbee-Hall. durch welches es sich von vielen An¬
stalten ähnlicher Art unterscheidet, können wir aus der Auswahl der Bücher
entnehmen; Tohnbce-Hall ist weltlich, es gehört keiner bestimmten kirchlichen
Richtung an. Wie die Universitäten heute sätularisirt sind, so auch die Univer¬
sitätsbildung, die sich hier an weitere Kreise wendet. Tohnbce-Hall ist dagegen
nichts weniger als lirchenfeindlich; es arbeitet vielmehr mit der Kirche Hand in
Hand, wie schon seine Verbindung mit Se. Judas beweist.

Wir verlassen den Bibliotheksraum, denn unser Freund ruft uns, ihm zu
folgen. Draußen sammeln sich bereits die neuen Ankömmlinge, für die der
Raum in Bereitschaft gesetzt wird, indem man die Tische zu langen Tafeln zu¬
sammenschiebt. "Hier im Osten kommen die Gäste nie zu spät,/' meint
unser Freund lachend; "wie bei gewissen Herren im Westen die Uhr stets
eine halbe Stunde zurückbleibt, so scheinen hier im Osten die Uhren eine all¬
gemeine Neigung zu haben, vorzugehen. Wenigstens kann es leicht vorkommen,
daß die Gäste eher da sind als der Gastgeber." Aus dem Eßsaal treten wir
in einen großen Vvrlesuugssaal, der seiner Bestimmung gemäß durchaus einfach
eingerichtet und für etwa 400 Zuhörer berechnet ist. Außerdem befinden sich
noch im untern Stockwerk ein großer Gesellschaftsraum und die Wohnzimmer
einiger Residenten; die Schlafzimmer und übrigen Wohnzimmer sind im obern
Stockwerk, außerdem dort noch ein größerer (/onririori kloven, entsprechend dem
(/vrainon Roon in den Oxforder Colleges, der lediglich der Benutzung der
(Zr^äuatös, d.h. derer, die ihre Examen gemacht haben, insbesondre der Fellows")
vorbehalten ist. Die Zimmer der Residenten sind klein, etwa so wie die Dnrch-
schnittszimmer in Oxford. Ju einigen werden augenblicklich "Klassen" abgehalten,
in andre ist uns ein Blick vergönnt. Es sind echt englische Studentenzimmer,
deren Errichtung meist von der Universität mitgebracht worden ist; um den
Wänden erblicken wir die Bilder des geliebten Colleges, des Fußball- und
Criquetklubs, und auch wohl des lauggebautcn Bootes, das einst zum Siege
geführt hat, mit seinen muskulösen Insassen. Darunter sehen wir vielleicht
einen silbernen Becher als Siegespreis.

Unterdessen hat sich unten das Bild geändert. Die eingeladene Gesellschaft
hat im Speisesaale ihren Thee getrunken und versammelt sich bereits im Vor-



*) Die in den Colleges wohnenden Lehrer, entfernt den deutschen Privatdozenten ent¬
sprechend.

durch Ricardo, Smith. Malthus. In der Abteilung Philosophie glänzen die
Namen Locke, Hume, H. Spencer, in der Naturwissenschaft Thndall, Lhell und
Darwin. Daß auch die Ausländer nicht vergessen sind, zeigen Namen wie
Röscher, Mommsen, Tocqueville, auch eine Übersetzung des Plato, Natürlich
steht eine solche Bibliothek nicht jedermann aus dem Volke offen; wie das Recht,
sie zu benutzen erworben wird, werden wir später sehen. Aber ein charakte¬
ristisches Merkmal von Toynbee-Hall. durch welches es sich von vielen An¬
stalten ähnlicher Art unterscheidet, können wir aus der Auswahl der Bücher
entnehmen; Tohnbce-Hall ist weltlich, es gehört keiner bestimmten kirchlichen
Richtung an. Wie die Universitäten heute sätularisirt sind, so auch die Univer¬
sitätsbildung, die sich hier an weitere Kreise wendet. Tohnbce-Hall ist dagegen
nichts weniger als lirchenfeindlich; es arbeitet vielmehr mit der Kirche Hand in
Hand, wie schon seine Verbindung mit Se. Judas beweist.

Wir verlassen den Bibliotheksraum, denn unser Freund ruft uns, ihm zu
folgen. Draußen sammeln sich bereits die neuen Ankömmlinge, für die der
Raum in Bereitschaft gesetzt wird, indem man die Tische zu langen Tafeln zu¬
sammenschiebt. „Hier im Osten kommen die Gäste nie zu spät,/' meint
unser Freund lachend; „wie bei gewissen Herren im Westen die Uhr stets
eine halbe Stunde zurückbleibt, so scheinen hier im Osten die Uhren eine all¬
gemeine Neigung zu haben, vorzugehen. Wenigstens kann es leicht vorkommen,
daß die Gäste eher da sind als der Gastgeber." Aus dem Eßsaal treten wir
in einen großen Vvrlesuugssaal, der seiner Bestimmung gemäß durchaus einfach
eingerichtet und für etwa 400 Zuhörer berechnet ist. Außerdem befinden sich
noch im untern Stockwerk ein großer Gesellschaftsraum und die Wohnzimmer
einiger Residenten; die Schlafzimmer und übrigen Wohnzimmer sind im obern
Stockwerk, außerdem dort noch ein größerer (/onririori kloven, entsprechend dem
(/vrainon Roon in den Oxforder Colleges, der lediglich der Benutzung der
(Zr^äuatös, d.h. derer, die ihre Examen gemacht haben, insbesondre der Fellows")
vorbehalten ist. Die Zimmer der Residenten sind klein, etwa so wie die Dnrch-
schnittszimmer in Oxford. Ju einigen werden augenblicklich „Klassen" abgehalten,
in andre ist uns ein Blick vergönnt. Es sind echt englische Studentenzimmer,
deren Errichtung meist von der Universität mitgebracht worden ist; um den
Wänden erblicken wir die Bilder des geliebten Colleges, des Fußball- und
Criquetklubs, und auch wohl des lauggebautcn Bootes, das einst zum Siege
geführt hat, mit seinen muskulösen Insassen. Darunter sehen wir vielleicht
einen silbernen Becher als Siegespreis.

Unterdessen hat sich unten das Bild geändert. Die eingeladene Gesellschaft
hat im Speisesaale ihren Thee getrunken und versammelt sich bereits im Vor-



*) Die in den Colleges wohnenden Lehrer, entfernt den deutschen Privatdozenten ent¬
sprechend.
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[0318] durch Ricardo, Smith. Malthus. In der Abteilung Philosophie glänzen die Namen Locke, Hume, H. Spencer, in der Naturwissenschaft Thndall, Lhell und Darwin. Daß auch die Ausländer nicht vergessen sind, zeigen Namen wie Röscher, Mommsen, Tocqueville, auch eine Übersetzung des Plato, Natürlich steht eine solche Bibliothek nicht jedermann aus dem Volke offen; wie das Recht, sie zu benutzen erworben wird, werden wir später sehen. Aber ein charakte¬ ristisches Merkmal von Toynbee-Hall. durch welches es sich von vielen An¬ stalten ähnlicher Art unterscheidet, können wir aus der Auswahl der Bücher entnehmen; Tohnbce-Hall ist weltlich, es gehört keiner bestimmten kirchlichen Richtung an. Wie die Universitäten heute sätularisirt sind, so auch die Univer¬ sitätsbildung, die sich hier an weitere Kreise wendet. Tohnbce-Hall ist dagegen nichts weniger als lirchenfeindlich; es arbeitet vielmehr mit der Kirche Hand in Hand, wie schon seine Verbindung mit Se. Judas beweist. Wir verlassen den Bibliotheksraum, denn unser Freund ruft uns, ihm zu folgen. Draußen sammeln sich bereits die neuen Ankömmlinge, für die der Raum in Bereitschaft gesetzt wird, indem man die Tische zu langen Tafeln zu¬ sammenschiebt. „Hier im Osten kommen die Gäste nie zu spät,/' meint unser Freund lachend; „wie bei gewissen Herren im Westen die Uhr stets eine halbe Stunde zurückbleibt, so scheinen hier im Osten die Uhren eine all¬ gemeine Neigung zu haben, vorzugehen. Wenigstens kann es leicht vorkommen, daß die Gäste eher da sind als der Gastgeber." Aus dem Eßsaal treten wir in einen großen Vvrlesuugssaal, der seiner Bestimmung gemäß durchaus einfach eingerichtet und für etwa 400 Zuhörer berechnet ist. Außerdem befinden sich noch im untern Stockwerk ein großer Gesellschaftsraum und die Wohnzimmer einiger Residenten; die Schlafzimmer und übrigen Wohnzimmer sind im obern Stockwerk, außerdem dort noch ein größerer (/onririori kloven, entsprechend dem (/vrainon Roon in den Oxforder Colleges, der lediglich der Benutzung der (Zr^äuatös, d.h. derer, die ihre Examen gemacht haben, insbesondre der Fellows") vorbehalten ist. Die Zimmer der Residenten sind klein, etwa so wie die Dnrch- schnittszimmer in Oxford. Ju einigen werden augenblicklich „Klassen" abgehalten, in andre ist uns ein Blick vergönnt. Es sind echt englische Studentenzimmer, deren Errichtung meist von der Universität mitgebracht worden ist; um den Wänden erblicken wir die Bilder des geliebten Colleges, des Fußball- und Criquetklubs, und auch wohl des lauggebautcn Bootes, das einst zum Siege geführt hat, mit seinen muskulösen Insassen. Darunter sehen wir vielleicht einen silbernen Becher als Siegespreis. Unterdessen hat sich unten das Bild geändert. Die eingeladene Gesellschaft hat im Speisesaale ihren Thee getrunken und versammelt sich bereits im Vor- *) Die in den Colleges wohnenden Lehrer, entfernt den deutschen Privatdozenten ent¬ sprechend.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/318>, abgerufen am 23.12.2024.