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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

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Deutsches, romanisches und preußisches Königtum.

Allen voran ging dabei der Staat der Hohenzollern. Darin lag seine
Bedeutung für jene Zeit, darin offenbarte er feinen Beruf für die Zukunft. Auch
übertraf die Geheimemtsordnuug Joachim Friedrichs vom 13. Dezember 1604,
welche zuerst für alle nnter Hohenzvllernscher Herrschaft vereinigte Gebiete eine
einheitliche Zentralbehörde schuf, und die Um- und Weiterbildung derselben durch
den Großen Kurfürsten, an der ein Staatsmann von dem weiten Blicke und der
kühnen Initiative Georg Friedrichs von Waldeck hervorragenden Anteil hatte,
an Große der Anlage und konsequenter Systematik alle verwandten organi¬
satorischen Versuche jener Zeit. Galt es hier doch nicht bloß eine Form zu
finden für die Gemeinschaft des staatlichen Lebens zwischen räumlich so weit
getrennten und innerlich so verschieden gearteten Landschaften, sondern derselben
auch gleich die Beweglichkeit und Dehnbarkeit zu geben, welche nötig war, um
die gehofften Neuerwerbungen einzufüge" und sofort zu lebendigen und leistungs¬
fähigen Gliedern dieses in seiner Art einzigen Stantslvrpers zu machen.

Durch seine territoriale Vielteilnng in alle europäischen Händel des sieb¬
zehnten Jahrhunderts hineingezogen, gewann der Staat der Hohenzollern früh¬
zeitig eine Interessensphäre von größerm Umfange, als sie sonst ein Reichsstand
zu vertreten hatte. Eben hier entsprang der allgemeinste Antrieb zur Erwerbung
der Königskrone.") In der durch alten Brauch festgefügten Rangordnung der
europäischen Staate", galt es, für ihn einen Platz zu gewinnen, welcher dem
Umfange seiner Interessen und der an die Vertretung derselben gesetzten Kraft
entsprach. Den Maugel eines solchen hatte man aus den Friedenskongressen
der letzten Jahre mit schwerem Schaden zu erfahren gehabt. Und um stand
Europa zu Beginn des achtzehnten Jahrhunderts vor große" Entscheidungen, von
denen jede Brandenburg-Preußen nahe berührte. Wie wichtig war es da, wenn
seine Vertreter hinfort mit denen der alten Kronen auf gleichem Fuße verhandeln
konnten! Eine Frage scheinbar des Zeremoniells erhielt so eine weittragende
politische Bedeutung.

Demnach wurzelte das neue preußische Königtum weniger in der Ver¬
gangenheit, als es auf die Zukunft hinwies; im Hinblick auf das bisher ge¬
leistete erhob dieser Staat neue Ansprüche, das Königtum war eine Parole,
ein Programm für die äußere sowohl wie für die innere Politik. War doch
nur in dieser eine sichere Grundlage für die gehofften Erfolge jener zu gewinnen:
nur durch eruste Arbeit von innen heraus konnte der königliche Name, den
Friedrich 1. erworben hatte, mit einem gleichwertigen Inhalte erfüllt werden.

Von diesem Gesichtspunkte ans wird man bei aller Verschiedenheit der
Lage und der Zustände beider Staaten, sowie namentlich der in Betracht kom¬
menden Pelsönlichkeiten, die Aufgabe, vor welche sich das neue preußische König¬
tum gestellt sah, einigermaßen mit derjenigen vergleichen dürfen, welche das



Vergl. Ranke, Genesis deS prensnschen Staates, S, 436.
Deutsches, romanisches und preußisches Königtum.

Allen voran ging dabei der Staat der Hohenzollern. Darin lag seine
Bedeutung für jene Zeit, darin offenbarte er feinen Beruf für die Zukunft. Auch
übertraf die Geheimemtsordnuug Joachim Friedrichs vom 13. Dezember 1604,
welche zuerst für alle nnter Hohenzvllernscher Herrschaft vereinigte Gebiete eine
einheitliche Zentralbehörde schuf, und die Um- und Weiterbildung derselben durch
den Großen Kurfürsten, an der ein Staatsmann von dem weiten Blicke und der
kühnen Initiative Georg Friedrichs von Waldeck hervorragenden Anteil hatte,
an Große der Anlage und konsequenter Systematik alle verwandten organi¬
satorischen Versuche jener Zeit. Galt es hier doch nicht bloß eine Form zu
finden für die Gemeinschaft des staatlichen Lebens zwischen räumlich so weit
getrennten und innerlich so verschieden gearteten Landschaften, sondern derselben
auch gleich die Beweglichkeit und Dehnbarkeit zu geben, welche nötig war, um
die gehofften Neuerwerbungen einzufüge» und sofort zu lebendigen und leistungs¬
fähigen Gliedern dieses in seiner Art einzigen Stantslvrpers zu machen.

Durch seine territoriale Vielteilnng in alle europäischen Händel des sieb¬
zehnten Jahrhunderts hineingezogen, gewann der Staat der Hohenzollern früh¬
zeitig eine Interessensphäre von größerm Umfange, als sie sonst ein Reichsstand
zu vertreten hatte. Eben hier entsprang der allgemeinste Antrieb zur Erwerbung
der Königskrone.") In der durch alten Brauch festgefügten Rangordnung der
europäischen Staate», galt es, für ihn einen Platz zu gewinnen, welcher dem
Umfange seiner Interessen und der an die Vertretung derselben gesetzten Kraft
entsprach. Den Maugel eines solchen hatte man aus den Friedenskongressen
der letzten Jahre mit schwerem Schaden zu erfahren gehabt. Und um stand
Europa zu Beginn des achtzehnten Jahrhunderts vor große» Entscheidungen, von
denen jede Brandenburg-Preußen nahe berührte. Wie wichtig war es da, wenn
seine Vertreter hinfort mit denen der alten Kronen auf gleichem Fuße verhandeln
konnten! Eine Frage scheinbar des Zeremoniells erhielt so eine weittragende
politische Bedeutung.

Demnach wurzelte das neue preußische Königtum weniger in der Ver¬
gangenheit, als es auf die Zukunft hinwies; im Hinblick auf das bisher ge¬
leistete erhob dieser Staat neue Ansprüche, das Königtum war eine Parole,
ein Programm für die äußere sowohl wie für die innere Politik. War doch
nur in dieser eine sichere Grundlage für die gehofften Erfolge jener zu gewinnen:
nur durch eruste Arbeit von innen heraus konnte der königliche Name, den
Friedrich 1. erworben hatte, mit einem gleichwertigen Inhalte erfüllt werden.

Von diesem Gesichtspunkte ans wird man bei aller Verschiedenheit der
Lage und der Zustände beider Staaten, sowie namentlich der in Betracht kom¬
menden Pelsönlichkeiten, die Aufgabe, vor welche sich das neue preußische König¬
tum gestellt sah, einigermaßen mit derjenigen vergleichen dürfen, welche das



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[0220] Deutsches, romanisches und preußisches Königtum. Allen voran ging dabei der Staat der Hohenzollern. Darin lag seine Bedeutung für jene Zeit, darin offenbarte er feinen Beruf für die Zukunft. Auch übertraf die Geheimemtsordnuug Joachim Friedrichs vom 13. Dezember 1604, welche zuerst für alle nnter Hohenzvllernscher Herrschaft vereinigte Gebiete eine einheitliche Zentralbehörde schuf, und die Um- und Weiterbildung derselben durch den Großen Kurfürsten, an der ein Staatsmann von dem weiten Blicke und der kühnen Initiative Georg Friedrichs von Waldeck hervorragenden Anteil hatte, an Große der Anlage und konsequenter Systematik alle verwandten organi¬ satorischen Versuche jener Zeit. Galt es hier doch nicht bloß eine Form zu finden für die Gemeinschaft des staatlichen Lebens zwischen räumlich so weit getrennten und innerlich so verschieden gearteten Landschaften, sondern derselben auch gleich die Beweglichkeit und Dehnbarkeit zu geben, welche nötig war, um die gehofften Neuerwerbungen einzufüge» und sofort zu lebendigen und leistungs¬ fähigen Gliedern dieses in seiner Art einzigen Stantslvrpers zu machen. Durch seine territoriale Vielteilnng in alle europäischen Händel des sieb¬ zehnten Jahrhunderts hineingezogen, gewann der Staat der Hohenzollern früh¬ zeitig eine Interessensphäre von größerm Umfange, als sie sonst ein Reichsstand zu vertreten hatte. Eben hier entsprang der allgemeinste Antrieb zur Erwerbung der Königskrone.") In der durch alten Brauch festgefügten Rangordnung der europäischen Staate», galt es, für ihn einen Platz zu gewinnen, welcher dem Umfange seiner Interessen und der an die Vertretung derselben gesetzten Kraft entsprach. Den Maugel eines solchen hatte man aus den Friedenskongressen der letzten Jahre mit schwerem Schaden zu erfahren gehabt. Und um stand Europa zu Beginn des achtzehnten Jahrhunderts vor große» Entscheidungen, von denen jede Brandenburg-Preußen nahe berührte. Wie wichtig war es da, wenn seine Vertreter hinfort mit denen der alten Kronen auf gleichem Fuße verhandeln konnten! Eine Frage scheinbar des Zeremoniells erhielt so eine weittragende politische Bedeutung. Demnach wurzelte das neue preußische Königtum weniger in der Ver¬ gangenheit, als es auf die Zukunft hinwies; im Hinblick auf das bisher ge¬ leistete erhob dieser Staat neue Ansprüche, das Königtum war eine Parole, ein Programm für die äußere sowohl wie für die innere Politik. War doch nur in dieser eine sichere Grundlage für die gehofften Erfolge jener zu gewinnen: nur durch eruste Arbeit von innen heraus konnte der königliche Name, den Friedrich 1. erworben hatte, mit einem gleichwertigen Inhalte erfüllt werden. Von diesem Gesichtspunkte ans wird man bei aller Verschiedenheit der Lage und der Zustände beider Staaten, sowie namentlich der in Betracht kom¬ menden Pelsönlichkeiten, die Aufgabe, vor welche sich das neue preußische König¬ tum gestellt sah, einigermaßen mit derjenigen vergleichen dürfen, welche das Vergl. Ranke, Genesis deS prensnschen Staates, S, 436.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/220>, abgerufen am 23.12.2024.