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Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.

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Der Zainmer von Reichstag,

Majorität grüßen soll wie einen Geßlerschm Hut. Für Angriffe nuf die Re¬
gierung macht selbst dem Papst der Freisinn gern den Hof. Und wie sehr er
in seiner Devotion zugenommen hat, das konnte jeder ersehen aus den Tiraden,
mit welchen die freisinnigen Prcßorgane Windthorsts Reden jüngst verherrlichten.
Die waren so klar, so überzeugend, so volksfreundlich, auf Recht und Wohl¬
fahrt des Volkes abzwcckeud, daß Bismnrck dagegen garnicht in Betracht
kommen kann.

Nun kommt die größte That des Reichstages in seiner ersten Session.
Der Fortschritt lehnt mit dem Zentrum und den übrigen staatsfeindlichen Par¬
teien die 20 000 Mark für einen zweiten Direktor im Auswärtigen Amte ab,
obgleich Bismarck und der Staatssekretär Busch bei jährlich 78 00V Nummern
die Unmöglichkeit nachweisen, die Geschäfte mit den vorhandenen Kräften so
weiterzuführen, daß sie wie bisher erledigt werden. Der verstorbene Abgeordnete
Löwe meinte, die Arbeiten könnten ganz gut geleistet werden, wenn man sich
nur Mühe geben wollte; ihm waren mit Bülow, Bvjanomski ?c. noch nicht
Leute genug ans dem Platze geblieben. Am perfidesten sprach der abgefeimte
alte Augustenbnrgische Agitator, Herr Professor Hänel. Er meinte: "Wenn die
bisherigen Kräfte ausgereicht haben, so kann ich jetzt keinen Grund erkennen,
in diesem finanziell ungünstigen Augenblicke die Kräfte in so umfangreicher Weise
zu vermehren." Kurz vorher war für das Verlangen von Diäten dem von
Bismcirckhaß erfüllten Manne der Augenblick nicht ungünstig. Diese Menschen,
die mit Erregen von Mißmut Geschäfte machen und ihre wichtigste Aufgabe
darin sehen, das Vaterland dem Auslande gegenüber bloßzustellen, hatten den
Mut, nrdi et ordi zu verkünden, daß das deutsche Reich nicht Geld genug habe
zur Führung seiner wichtigsten Geschäfte! Herr Hänel leidet zwar nicht an dem
Unverstand des Engländers, der da meinte, man wolle ihn zum Narren halten,
als man ihm von der Ablehnung der geforderte" 20 000 Mark sprach, aber er
leidet an der Eitelkeit kleiner, von Haß gelenkter Geister, die Großes in den
Schmutz zu ziehen sich zum Geschäfte machen. Und dabei hatte sein Leiborgan
den Mut, zu sagen, daß unsre Regierung nach außen so energisch auftrete, um
die Schäden im Innern zu verdecken, ganz so, wie heute der Wahlcmfrnf der
Freisinnigen dem Volke zumutet, alles zu vergessen, und ihm vorgaukelt, die
Auflösung des Reichstages sei nicht erfolgt wegen Ablehnung der Militärvorlage,
sondern um dem Volke alle Rechte und Freiheiten zu rauben. Mit dieser Ver¬
weigerung der 20 000 Mark für einen zweiten Direktor hatte die schwarz-rote
Verbrüderung in ihrem Haß gegen die Begründer des deutschen Reiches und
die Machtstellung des letzter" ein Schauspiel aufgeführt, welches überall mit
enthusiastischem Jubel begrüßt wurde, wo mau Hoffnungen hegt auf das Er¬
bleichen des deutschen Sterns, auf die Wiederkehr jener Zeiten, wo Deutschland
eine Bente der Ruhm- und Ländergier aller andern Mächte war.

Als der welfisch-römische Intrigant die Landsknechte des deutschfreisinnigen


Der Zainmer von Reichstag,

Majorität grüßen soll wie einen Geßlerschm Hut. Für Angriffe nuf die Re¬
gierung macht selbst dem Papst der Freisinn gern den Hof. Und wie sehr er
in seiner Devotion zugenommen hat, das konnte jeder ersehen aus den Tiraden,
mit welchen die freisinnigen Prcßorgane Windthorsts Reden jüngst verherrlichten.
Die waren so klar, so überzeugend, so volksfreundlich, auf Recht und Wohl¬
fahrt des Volkes abzwcckeud, daß Bismnrck dagegen garnicht in Betracht
kommen kann.

Nun kommt die größte That des Reichstages in seiner ersten Session.
Der Fortschritt lehnt mit dem Zentrum und den übrigen staatsfeindlichen Par¬
teien die 20 000 Mark für einen zweiten Direktor im Auswärtigen Amte ab,
obgleich Bismarck und der Staatssekretär Busch bei jährlich 78 00V Nummern
die Unmöglichkeit nachweisen, die Geschäfte mit den vorhandenen Kräften so
weiterzuführen, daß sie wie bisher erledigt werden. Der verstorbene Abgeordnete
Löwe meinte, die Arbeiten könnten ganz gut geleistet werden, wenn man sich
nur Mühe geben wollte; ihm waren mit Bülow, Bvjanomski ?c. noch nicht
Leute genug ans dem Platze geblieben. Am perfidesten sprach der abgefeimte
alte Augustenbnrgische Agitator, Herr Professor Hänel. Er meinte: „Wenn die
bisherigen Kräfte ausgereicht haben, so kann ich jetzt keinen Grund erkennen,
in diesem finanziell ungünstigen Augenblicke die Kräfte in so umfangreicher Weise
zu vermehren." Kurz vorher war für das Verlangen von Diäten dem von
Bismcirckhaß erfüllten Manne der Augenblick nicht ungünstig. Diese Menschen,
die mit Erregen von Mißmut Geschäfte machen und ihre wichtigste Aufgabe
darin sehen, das Vaterland dem Auslande gegenüber bloßzustellen, hatten den
Mut, nrdi et ordi zu verkünden, daß das deutsche Reich nicht Geld genug habe
zur Führung seiner wichtigsten Geschäfte! Herr Hänel leidet zwar nicht an dem
Unverstand des Engländers, der da meinte, man wolle ihn zum Narren halten,
als man ihm von der Ablehnung der geforderte» 20 000 Mark sprach, aber er
leidet an der Eitelkeit kleiner, von Haß gelenkter Geister, die Großes in den
Schmutz zu ziehen sich zum Geschäfte machen. Und dabei hatte sein Leiborgan
den Mut, zu sagen, daß unsre Regierung nach außen so energisch auftrete, um
die Schäden im Innern zu verdecken, ganz so, wie heute der Wahlcmfrnf der
Freisinnigen dem Volke zumutet, alles zu vergessen, und ihm vorgaukelt, die
Auflösung des Reichstages sei nicht erfolgt wegen Ablehnung der Militärvorlage,
sondern um dem Volke alle Rechte und Freiheiten zu rauben. Mit dieser Ver¬
weigerung der 20 000 Mark für einen zweiten Direktor hatte die schwarz-rote
Verbrüderung in ihrem Haß gegen die Begründer des deutschen Reiches und
die Machtstellung des letzter» ein Schauspiel aufgeführt, welches überall mit
enthusiastischem Jubel begrüßt wurde, wo mau Hoffnungen hegt auf das Er¬
bleichen des deutschen Sterns, auf die Wiederkehr jener Zeiten, wo Deutschland
eine Bente der Ruhm- und Ländergier aller andern Mächte war.

Als der welfisch-römische Intrigant die Landsknechte des deutschfreisinnigen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341845_200104/203>, abgerufen am 23.12.2024.