Die Grenzboten. Jg. 46, 1887, Erstes Vierteljahr.Deutsch-böhmische Briefe. Plaß ein, von wo aus dann das Kloster in Münchcngrcitz gegründet wurde. Wie der Austausch von beweglichen Gütern allenthalben lind zu allen Deutsch-böhmische Briefe. Plaß ein, von wo aus dann das Kloster in Münchcngrcitz gegründet wurde. Wie der Austausch von beweglichen Gütern allenthalben lind zu allen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0156" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/200261"/> <fw type="header" place="top"> Deutsch-böhmische Briefe.</fw><lb/> <p xml:id="ID_452" prev="#ID_451"> Plaß ein, von wo aus dann das Kloster in Münchcngrcitz gegründet wurde.<lb/> Nonnen ans Dvnnwald in der Kölner Diözese waren die ersten Bewohnerinnen<lb/> der Ordenshäuser der Prämonstratenser-Genossenschaft in Doxan, Lcumiowitz<lb/> und Choticschnu. Alle diese deutschen Klöster waren nicht blos; starke Festungen<lb/> des siegreich vordringenden Christenglaubens, sondern Kulturbringer überhaupt,<lb/> Musterwirtschaften für den Landmann, Unterrichtsanstalten für die Jugend und<lb/> Pflegstcittcn von Kunst und Wissenschaft unter mildem Volke in wildem Lande.<lb/> Mit den Mönchen zogen Arbeiter und Handwerker ins Land, vor allem aber<lb/> der deutsche Ackersmann mit dem deutschen Pfluge, der auch den schwierigen<lb/> Boden bezwang, welchen der slawische Haken nicht zu bewältigen vermochte.<lb/> Diese Bauern wurden von den Klöstern herbeigerufen, um deren große Wälder<lb/> urbar zu machen, und sie entledigten sich ihrer Aufgabe mit solchem Erfolge,<lb/> daß bald eine Menge blühender Dörfer, von Fruchtfeldern umgeben, aus den<lb/> Einöden emporstiegen. Dies vollzog sich am frühesten im Egerlande, wo die<lb/> Äbte von Reichenbach und Waldsasseu in ihren weitläufigen Besitzungen eine<lb/> stets anwachsende Masse deutscher Einwanderer ansiedelten, deren Dörfer mit<lb/> der Endsilbe „reut" in ihrem Namen noch heute an die mühsamen Rodungen<lb/> im Urwalde erinnern, mit welchen ihre Gründer sich eine neue Heimat<lb/> schufen.</p><lb/> <p xml:id="ID_453" next="#ID_454"> Wie der Austausch von beweglichen Gütern allenthalben lind zu allen<lb/> Zeiten die Völker einander nahe brachte und den Wilden oder Halbwilden mit<lb/> den Erzeugnissen des Fleißes der höher entwickelten Nachbarn auch deren<lb/> geistigen Besitz zutrug, so geschah dies auch hier frühzeitig in großem Ma߬<lb/> stabe und auf verschiednen Wegen. Wie die Römer mit den Markomannen<lb/> Handel getrieben hatten, so traten schon bald nach der Einwanderung der<lb/> Tschechen die Franken und Baiern mit ihnen in lebhaften Verkehr dieser Art.<lb/> Mit einer der bewaffneten Karawanen, die ihn vermittelten, kam der fränkische<lb/> Kaufmann sano ins Land, der sich hier zum mächtigen Slawenkvnige empor¬<lb/> schwang. Unter den Karolingern wurde der Handel Deutschlands mit Böhmen be¬<lb/> deutender, und in den Kapitnlnrien Karls des Großen finden sich besondre Bestim¬<lb/> mungen hinsichtlich desselben, nach welchen Salz, Arzeneien, Gewürze, Gewebe und<lb/> Waffen die Einfuhr, Vieh und Getreide die Ausfuhr bildeten. Daneben ging,<lb/> vorzüglich von Juden betrieben, ein starker Export slawischer Sklaven nach dem<lb/> Westen her. Die Straßen, ans denen sich der Waarenaustausch bewegte, gingen<lb/> im Süden vorzüglich nach Linz und von dort nach Regensburg, im Norden<lb/> über Eger uach Franken und im Elbthale nach Magdeburg. Linz, Passan und<lb/> Mäulern waren Märkte, welche die Tschechen besonders gern besuchte». Fak¬<lb/> toreien im Innern entstanden in den Bnrgflecken von Prag und Wyschcgrad.<lb/> In jenem befand sich der „Teyn," die Herberge und Markthalle, mo die<lb/> deutschen Kaufleute wohnten und ihre Waaren feilhielten. Dieselben hatten<lb/> hier eine eigne Kapelle und ein Krankenhaus und ihren besondern Richter, der</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0156]
Deutsch-böhmische Briefe.
Plaß ein, von wo aus dann das Kloster in Münchcngrcitz gegründet wurde.
Nonnen ans Dvnnwald in der Kölner Diözese waren die ersten Bewohnerinnen
der Ordenshäuser der Prämonstratenser-Genossenschaft in Doxan, Lcumiowitz
und Choticschnu. Alle diese deutschen Klöster waren nicht blos; starke Festungen
des siegreich vordringenden Christenglaubens, sondern Kulturbringer überhaupt,
Musterwirtschaften für den Landmann, Unterrichtsanstalten für die Jugend und
Pflegstcittcn von Kunst und Wissenschaft unter mildem Volke in wildem Lande.
Mit den Mönchen zogen Arbeiter und Handwerker ins Land, vor allem aber
der deutsche Ackersmann mit dem deutschen Pfluge, der auch den schwierigen
Boden bezwang, welchen der slawische Haken nicht zu bewältigen vermochte.
Diese Bauern wurden von den Klöstern herbeigerufen, um deren große Wälder
urbar zu machen, und sie entledigten sich ihrer Aufgabe mit solchem Erfolge,
daß bald eine Menge blühender Dörfer, von Fruchtfeldern umgeben, aus den
Einöden emporstiegen. Dies vollzog sich am frühesten im Egerlande, wo die
Äbte von Reichenbach und Waldsasseu in ihren weitläufigen Besitzungen eine
stets anwachsende Masse deutscher Einwanderer ansiedelten, deren Dörfer mit
der Endsilbe „reut" in ihrem Namen noch heute an die mühsamen Rodungen
im Urwalde erinnern, mit welchen ihre Gründer sich eine neue Heimat
schufen.
Wie der Austausch von beweglichen Gütern allenthalben lind zu allen
Zeiten die Völker einander nahe brachte und den Wilden oder Halbwilden mit
den Erzeugnissen des Fleißes der höher entwickelten Nachbarn auch deren
geistigen Besitz zutrug, so geschah dies auch hier frühzeitig in großem Ma߬
stabe und auf verschiednen Wegen. Wie die Römer mit den Markomannen
Handel getrieben hatten, so traten schon bald nach der Einwanderung der
Tschechen die Franken und Baiern mit ihnen in lebhaften Verkehr dieser Art.
Mit einer der bewaffneten Karawanen, die ihn vermittelten, kam der fränkische
Kaufmann sano ins Land, der sich hier zum mächtigen Slawenkvnige empor¬
schwang. Unter den Karolingern wurde der Handel Deutschlands mit Böhmen be¬
deutender, und in den Kapitnlnrien Karls des Großen finden sich besondre Bestim¬
mungen hinsichtlich desselben, nach welchen Salz, Arzeneien, Gewürze, Gewebe und
Waffen die Einfuhr, Vieh und Getreide die Ausfuhr bildeten. Daneben ging,
vorzüglich von Juden betrieben, ein starker Export slawischer Sklaven nach dem
Westen her. Die Straßen, ans denen sich der Waarenaustausch bewegte, gingen
im Süden vorzüglich nach Linz und von dort nach Regensburg, im Norden
über Eger uach Franken und im Elbthale nach Magdeburg. Linz, Passan und
Mäulern waren Märkte, welche die Tschechen besonders gern besuchte». Fak¬
toreien im Innern entstanden in den Bnrgflecken von Prag und Wyschcgrad.
In jenem befand sich der „Teyn," die Herberge und Markthalle, mo die
deutschen Kaufleute wohnten und ihre Waaren feilhielten. Dieselben hatten
hier eine eigne Kapelle und ein Krankenhaus und ihren besondern Richter, der
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