Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal.Aus der Lhronik derer von Riffelshausen. Hier ein Zettel von Fräulein Julie, und der Herr Verwalter hat's eilig Bratsch wollte den Zettel übergeben, den er in der Hand zu halten meinte, War es denn wirklich Fräulein Julie, die dir den Zettel gab? Nein, der Herr Verwalter, und er machte es so eilig! Ach, du liebe Er wird dich nicht wieder als Boten gebrauchen. Ach, daß Gott! Briefe hatte er bekommen Vonwegen den Steinen und Der Hohenottersleber lachte. Ist das ein Esel! Na, Herr Baron, lassen Der Baron reichte dem Nachbar die Hand, hieß dann den Knecht auf¬ Osander war nicht mehr im Steinbruch, und als ihn der Baron nach längerem Osander, der grimmig ans den fahrlässigen Boten schalt, wußte weiter Als er endlich zu Hause anlangte, empfing ihn der Schmidt an der Hausthür. Was ist vorgefallen? fragte Georg gespannt. Nun, weiter nichts. Mit dem Abendzuge ist der Herr Pastor Richter Was ist das? Wohin reist Herr Richter, und was für Sache" siud das, Da mögen sich der Herr Baron ins Bett lege". Sind die Damen noch wach? Ja, jede allein für sich, weil das gnädige Fräulein so erzürnt sind auf Der Baron verharrte einige Minuten in Schweigen. Dann zog er die Fräulein Julie warten im Eßzimmer auf den Herrn Baron, sagte der Auf dem Eßtisch brannte die Lampe, um welche die Bestandteile der ein¬ Georg setzte sich schweigend an den Tisch und sah geradeswegs in das Aus der Lhronik derer von Riffelshausen. Hier ein Zettel von Fräulein Julie, und der Herr Verwalter hat's eilig Bratsch wollte den Zettel übergeben, den er in der Hand zu halten meinte, War es denn wirklich Fräulein Julie, die dir den Zettel gab? Nein, der Herr Verwalter, und er machte es so eilig! Ach, du liebe Er wird dich nicht wieder als Boten gebrauchen. Ach, daß Gott! Briefe hatte er bekommen Vonwegen den Steinen und Der Hohenottersleber lachte. Ist das ein Esel! Na, Herr Baron, lassen Der Baron reichte dem Nachbar die Hand, hieß dann den Knecht auf¬ Osander war nicht mehr im Steinbruch, und als ihn der Baron nach längerem Osander, der grimmig ans den fahrlässigen Boten schalt, wußte weiter Als er endlich zu Hause anlangte, empfing ihn der Schmidt an der Hausthür. Was ist vorgefallen? fragte Georg gespannt. Nun, weiter nichts. Mit dem Abendzuge ist der Herr Pastor Richter Was ist das? Wohin reist Herr Richter, und was für Sache» siud das, Da mögen sich der Herr Baron ins Bett lege». Sind die Damen noch wach? Ja, jede allein für sich, weil das gnädige Fräulein so erzürnt sind auf Der Baron verharrte einige Minuten in Schweigen. Dann zog er die Fräulein Julie warten im Eßzimmer auf den Herrn Baron, sagte der Auf dem Eßtisch brannte die Lampe, um welche die Bestandteile der ein¬ Georg setzte sich schweigend an den Tisch und sah geradeswegs in das <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0653" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/200007"/> <fw type="header" place="top"> Aus der Lhronik derer von Riffelshausen.</fw><lb/> <p xml:id="ID_3150"> Hier ein Zettel von Fräulein Julie, und der Herr Verwalter hat's eilig<lb/> gemacht.</p><lb/> <p xml:id="ID_3151"> Bratsch wollte den Zettel übergeben, den er in der Hand zu halten meinte,<lb/> oder in die Hosentasche geschoben hatte, oder nein, in die Mütze, aber der<lb/> Zettel war nicht da.</p><lb/> <p xml:id="ID_3152"> War es denn wirklich Fräulein Julie, die dir den Zettel gab?</p><lb/> <p xml:id="ID_3153"> Nein, der Herr Verwalter, und er machte es so eilig! Ach, du liebe<lb/> Zeit! Ich dachte mir nur, daß er von Fräulein Julie wäre, weil die mit dem<lb/> Herrn Verwalter geredet hatte; aber es war doch vom Herrn Verwalter, ich<lb/> entsinne mich jetzt.</p><lb/> <p xml:id="ID_3154"> Er wird dich nicht wieder als Boten gebrauchen.</p><lb/> <p xml:id="ID_3155"> Ach, daß Gott! Briefe hatte er bekommen Vonwegen den Steinen und<lb/> wollte auch gleich nach dem Moosdorfer Bruche hinüber. Wenn der Herr<lb/> Baron sich tummeln, werden Sie ihn noch dort treffen.</p><lb/> <p xml:id="ID_3156"> Der Hohenottersleber lachte. Ist das ein Esel! 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Aus der Lhronik derer von Riffelshausen.
Hier ein Zettel von Fräulein Julie, und der Herr Verwalter hat's eilig
gemacht.
Bratsch wollte den Zettel übergeben, den er in der Hand zu halten meinte,
oder in die Hosentasche geschoben hatte, oder nein, in die Mütze, aber der
Zettel war nicht da.
War es denn wirklich Fräulein Julie, die dir den Zettel gab?
Nein, der Herr Verwalter, und er machte es so eilig! Ach, du liebe
Zeit! Ich dachte mir nur, daß er von Fräulein Julie wäre, weil die mit dem
Herrn Verwalter geredet hatte; aber es war doch vom Herrn Verwalter, ich
entsinne mich jetzt.
Er wird dich nicht wieder als Boten gebrauchen.
Ach, daß Gott! Briefe hatte er bekommen Vonwegen den Steinen und
wollte auch gleich nach dem Moosdorfer Bruche hinüber. Wenn der Herr
Baron sich tummeln, werden Sie ihn noch dort treffen.
Der Hohenottersleber lachte. Ist das ein Esel! Na, Herr Baron, lassen
Sie sich von Herrn Osander nur angenehmes berichten.
Der Baron reichte dem Nachbar die Hand, hieß dann den Knecht auf¬
steigen, und fort rollte der Wagen auf dem zerfahrenen Feldwege.
Osander war nicht mehr im Steinbruch, und als ihn der Baron nach längerem
Umherfahren traf, erfuhr er, daß doch Fräulein Julie die Absenderin des Zettels
gewesen war.
Osander, der grimmig ans den fahrlässigen Boten schalt, wußte weiter
garnichts.
Als er endlich zu Hause anlangte, empfing ihn der Schmidt an der Hausthür.
Was ist vorgefallen? fragte Georg gespannt.
Nun, weiter nichts. Mit dem Abendzuge ist der Herr Pastor Richter
fortgefahren, über Rnmmelshauseu, wegen Fräulein Mnthildchen ihren Sache»,
sonst wäre es ja wohl über Trübensee und Erfurt bequemer gewesen. Die
sechs Groschen für den kleinen Wild, der den Koffer auf der Karre nach der
Bahn gefahren hat, habe ich ausgelegt, Herr Baron.
Was ist das? Wohin reist Herr Richter, und was für Sache» siud das,
die er mitnimmt? Sei kurz. Schmidt, ich bin müde.
Da mögen sich der Herr Baron ins Bett lege».
Sind die Damen noch wach?
Ja, jede allein für sich, weil das gnädige Fräulein so erzürnt sind auf
Früulei» Julie, weil sie Fräulein Mathildchen mit dem Herrn Pastor Richter
hat fortveisen lassen. Denn dem Herrn Pastor sein Vater läge am Tode, und
da wäre Fräulein Mathildchen nötig dabei, und dem Herrn Baron wird's schon
recht sein, meinte Fräulein Julie.
Der Baron verharrte einige Minuten in Schweigen. Dann zog er die
Brauen hoch und sagte: Bringe mir noch eine Tasse Thee auf mein Zimmer.
Fräulein Julie warten im Eßzimmer auf den Herrn Baron, sagte der
Schmidt, worauf Georg nach kurzem Zögern die Thür öffnete.
Auf dem Eßtisch brannte die Lampe, um welche die Bestandteile der ein¬
fachen Abendmahlzeit bereit standen. In der Nische eines geöffneten Fensters
lehnte Julie, so tief i» Gedanken versunken, daß sie seinen Eintritt nicht gewahrte.
Georg setzte sich schweigend an den Tisch und sah geradeswegs in das
Lampenlicht, er hatte sehr gesunde Augen. Fledermäuse rumorten im Getäfel,
der Nachtwind bewegte die Fenstervorhänge, die Spiritusflamme unter dem Thee-
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