Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal.Ans Schwaben. so ein Verein von politischen Männern das fortschreitende staatliche Leben mit Ans Schwaben. so ein Verein von politischen Männern das fortschreitende staatliche Leben mit <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0651" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/200005"/> <fw type="header" place="top"> Ans Schwaben.</fw><lb/> <p xml:id="ID_3142" prev="#ID_3141"> so ein Verein von politischen Männern das fortschreitende staatliche Leben mit<lb/> seinem Urteil begleiten und im Kampf ums Recht für diejenige Lösung der sich<lb/> ergebenden Aufgaben eintreten muß, die dem Standpunkte entspricht, den man<lb/> grundsätzlich eingenommen hat. Mit einem Wort: es ist eine Konsequenz der<lb/> Politischen Sittlichkeit, politisch Partei zu ergreifen. Dazu aber bedarf es fester<lb/> Gesichtspunkte, leitender Grundsätze, von denen aus man sich die staatlichen<lb/> Fragen in allen ihren tausendfachen Beziehungen zurecht legt. Eine solche<lb/> Thätigkeit stärkt den Geist, den Charakter und das Ansehen bei den politischen<lb/> Gegnern. Eine solche Thätigkeit allein ist eines politischen Mannes würdig.<lb/> Speziell eine nationale Partei in Schwaben wird über den in den Gemütern<lb/> vorhandnen Gegensatz zwischen partikularen und allgemeinem Interesse nie<lb/> hinauskommen, wenn sie sich nicht entschlossen auf den Standpunkt stellt, bei<lb/> jeder Frage des öffentlichen Interesses, woher sie auch stammen, wo immer sie<lb/> zuerst auftauchen mag, dem Bürger zuzurufen: res s.Mur, und sich bemüht,<lb/> seine Teilnahme und sein Urteil zu gewinnen als für eine Sache, die ihn höchst<lb/> Persönlich angeht. Aber wenn wir uns nur an Leute wenden, die wirklich mit<lb/> uns übereinstimmen, werden wir deren auch genug finden, um bei den nächsten<lb/> Wahlen zum wenigsten ebensoviele „nationale" Kandidaten durchzubringen, wie<lb/> bisher? Dafür schon das nächstemal sich verbürgen zu wollen, wäre allerdings<lb/> verwegen. Aber die Schwaben müßten nicht mehr diejenigen sein, wie sie der<lb/> jetzt gerade vor einem Jahrhundert aus ihrer Mitte hervorgegangene Uhland<lb/> gekennzeichnet und vertreten hat, wenn nicht auf die Dauer eine männliche<lb/> Politik aktiver Teilnahme an den Kämpfen des nationalen Lebens auch äußerlich<lb/> größern Erfolg haben sollte, als ein ängstliches Bemühen, allen grundsätzlichen<lb/> Bestrebungen die Spitze abzubrechen, um ja keine Möglichkeit eines Kompromisses<lb/> zu verscherzen. Das deutsche Reich bedarf heute keiner Verteidiger mehr. Auch<lb/> in den Augen ursprünglicher Gegner gilt sein Bestehen als eine Thatsache, die<lb/> sich selber rechtfertigt. Umsomehr wird es Aufgabe der Freunde sein, innerhalb<lb/> der durch Gründung des Reiches angebahnten Entwicklung Stellung zu nehmen<lb/> und dieselbe in bestimmter Richtung zu fördern, statt sie von außen her mit<lb/> beifälligen Kommentaren zu begleiten.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0651]
Ans Schwaben.
so ein Verein von politischen Männern das fortschreitende staatliche Leben mit
seinem Urteil begleiten und im Kampf ums Recht für diejenige Lösung der sich
ergebenden Aufgaben eintreten muß, die dem Standpunkte entspricht, den man
grundsätzlich eingenommen hat. Mit einem Wort: es ist eine Konsequenz der
Politischen Sittlichkeit, politisch Partei zu ergreifen. Dazu aber bedarf es fester
Gesichtspunkte, leitender Grundsätze, von denen aus man sich die staatlichen
Fragen in allen ihren tausendfachen Beziehungen zurecht legt. Eine solche
Thätigkeit stärkt den Geist, den Charakter und das Ansehen bei den politischen
Gegnern. Eine solche Thätigkeit allein ist eines politischen Mannes würdig.
Speziell eine nationale Partei in Schwaben wird über den in den Gemütern
vorhandnen Gegensatz zwischen partikularen und allgemeinem Interesse nie
hinauskommen, wenn sie sich nicht entschlossen auf den Standpunkt stellt, bei
jeder Frage des öffentlichen Interesses, woher sie auch stammen, wo immer sie
zuerst auftauchen mag, dem Bürger zuzurufen: res s.Mur, und sich bemüht,
seine Teilnahme und sein Urteil zu gewinnen als für eine Sache, die ihn höchst
Persönlich angeht. Aber wenn wir uns nur an Leute wenden, die wirklich mit
uns übereinstimmen, werden wir deren auch genug finden, um bei den nächsten
Wahlen zum wenigsten ebensoviele „nationale" Kandidaten durchzubringen, wie
bisher? Dafür schon das nächstemal sich verbürgen zu wollen, wäre allerdings
verwegen. Aber die Schwaben müßten nicht mehr diejenigen sein, wie sie der
jetzt gerade vor einem Jahrhundert aus ihrer Mitte hervorgegangene Uhland
gekennzeichnet und vertreten hat, wenn nicht auf die Dauer eine männliche
Politik aktiver Teilnahme an den Kämpfen des nationalen Lebens auch äußerlich
größern Erfolg haben sollte, als ein ängstliches Bemühen, allen grundsätzlichen
Bestrebungen die Spitze abzubrechen, um ja keine Möglichkeit eines Kompromisses
zu verscherzen. Das deutsche Reich bedarf heute keiner Verteidiger mehr. Auch
in den Augen ursprünglicher Gegner gilt sein Bestehen als eine Thatsache, die
sich selber rechtfertigt. Umsomehr wird es Aufgabe der Freunde sein, innerhalb
der durch Gründung des Reiches angebahnten Entwicklung Stellung zu nehmen
und dieselbe in bestimmter Richtung zu fördern, statt sie von außen her mit
beifälligen Kommentaren zu begleiten.
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