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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal.

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Die Geschichte der Gotthardbahn.

cmschlag hergestellt, der sich auf 225932900 Franken beließ Auf dieser Grund¬
lage wurde dann weiter vorgeschritten.

Die von ihr zu beschaffender 12 Millionen glaubte die Gesellschaft nicht
anders als durch Vermehrung des Obligativnenkapitals aufbringen zu können.
Nun waren aber von dem früher zugesagten Obligationenkapital die vierte
Serie im Betrage von 20 Millionen noch nicht eingezahlt; und das Konsortium
glaubte auch seiner Verpflichtung zur Einzahlung wegen Veränderung der Be¬
dingungen des Vertrages vom 10. Oktober 1871 bestreiten zu können. Nach
längeren Verhandlungen kam dann der Vertrag vom 12. Februar 1878 zwischen
der Gvtthardbahngcsellschaft und dem Konsortium zu stände, worin sich dieses
verpflichtete, die gedachte vierte Serie des früher zugesagten Kapitals einzu¬
zahlen gegen Bestellung einer ersten Hypothek an den zu erbauenden Bahnen
für das Obligativnenkapital im Umfange von 74 Millionen, welche zugleich
6 Millionen von den neu zu beschaffender 12 Millionen mitumfaßte. Durch
Vertrag vom 4. März 1879 verpflichteten sich die Diskontogescllschaft und
zwei andre Berliner Häuser, diese 6 Millionen fünfprozentige Obligationen
zum Minimalkurse von 00 Prozent und gegen eine eventuell vorbehaltene
weitere Vergütung zu übernehmen. Für die noch übrigen 6 Millionen unter¬
nahm die Direktion, fünfprozentige Obligationen mit zweiter Hypothek auszu¬
geben. Die Annahme dieser Obligationen zum Kurse von 75 Prozent wurde
durch Verträge mit den Bauunternehmern und Lieferanten der Gotthardbahn
gesichert.

Noch viel größere Schwierigkeiten machte es in der Schweiz, die diesem
Lande zugewiesene Subveutionssumme vou 8 Millionen aufzubringen. Man
wollte wohl das Unternehmen anfrecht halten, aber niemand wollte Opfer
bringen. Versuche, die an der frühern Subvention beteiligten Kantone auch
nur teilweise zu der neuen heranzuziehen, scheiterten; namentlich auch daran,
daß in Zürich das Referendum, vor welches die Sache gebracht wurde, die
Beteiligung ablehnte.") Nur die beiden Bahngesellschaften hatten unbedingt
1^/2 Millionen zugesagt. So war denn der Bund vor die Frage gestellt, ob
er selbst die noch fehlenden Millionen übernehmen wolle. Es fehlte nicht
an Stimmen, welche dafür waren, den Konkurs über die Gesellschaft ergehen
zu lassen. Damit wäre die Gotthardbahn unberechenbaren Geschicken über¬
antwortet gewesen. Schließlich aber siegte der nationale Sinn über den Svnder-
geist. Nach heißen Kämpfen beschloß der Nativnalrat (August 1878), daß die
Eidgenossenschaft den Kantonen der Gvtthardvereinigung eine Beisteuer von
42/2 Millionen bewillige, unter der Bedingung, daß diese Kantone die noch er¬
forderlichen 2 Millionen selbst aufbringen. Zugleich wurde dem Kanton Tessin



*) "Das Referendum hatte sich im Verlauf der Jahre erfahrungsgemäß als ein Hemm¬
schuh der meisten vernünftigen Fortschritte erwiesen," sagt unser Autor bei dieser Gelegenheit.
Die Geschichte der Gotthardbahn.

cmschlag hergestellt, der sich auf 225932900 Franken beließ Auf dieser Grund¬
lage wurde dann weiter vorgeschritten.

Die von ihr zu beschaffender 12 Millionen glaubte die Gesellschaft nicht
anders als durch Vermehrung des Obligativnenkapitals aufbringen zu können.
Nun waren aber von dem früher zugesagten Obligationenkapital die vierte
Serie im Betrage von 20 Millionen noch nicht eingezahlt; und das Konsortium
glaubte auch seiner Verpflichtung zur Einzahlung wegen Veränderung der Be¬
dingungen des Vertrages vom 10. Oktober 1871 bestreiten zu können. Nach
längeren Verhandlungen kam dann der Vertrag vom 12. Februar 1878 zwischen
der Gvtthardbahngcsellschaft und dem Konsortium zu stände, worin sich dieses
verpflichtete, die gedachte vierte Serie des früher zugesagten Kapitals einzu¬
zahlen gegen Bestellung einer ersten Hypothek an den zu erbauenden Bahnen
für das Obligativnenkapital im Umfange von 74 Millionen, welche zugleich
6 Millionen von den neu zu beschaffender 12 Millionen mitumfaßte. Durch
Vertrag vom 4. März 1879 verpflichteten sich die Diskontogescllschaft und
zwei andre Berliner Häuser, diese 6 Millionen fünfprozentige Obligationen
zum Minimalkurse von 00 Prozent und gegen eine eventuell vorbehaltene
weitere Vergütung zu übernehmen. Für die noch übrigen 6 Millionen unter¬
nahm die Direktion, fünfprozentige Obligationen mit zweiter Hypothek auszu¬
geben. Die Annahme dieser Obligationen zum Kurse von 75 Prozent wurde
durch Verträge mit den Bauunternehmern und Lieferanten der Gotthardbahn
gesichert.

Noch viel größere Schwierigkeiten machte es in der Schweiz, die diesem
Lande zugewiesene Subveutionssumme vou 8 Millionen aufzubringen. Man
wollte wohl das Unternehmen anfrecht halten, aber niemand wollte Opfer
bringen. Versuche, die an der frühern Subvention beteiligten Kantone auch
nur teilweise zu der neuen heranzuziehen, scheiterten; namentlich auch daran,
daß in Zürich das Referendum, vor welches die Sache gebracht wurde, die
Beteiligung ablehnte.") Nur die beiden Bahngesellschaften hatten unbedingt
1^/2 Millionen zugesagt. So war denn der Bund vor die Frage gestellt, ob
er selbst die noch fehlenden Millionen übernehmen wolle. Es fehlte nicht
an Stimmen, welche dafür waren, den Konkurs über die Gesellschaft ergehen
zu lassen. Damit wäre die Gotthardbahn unberechenbaren Geschicken über¬
antwortet gewesen. Schließlich aber siegte der nationale Sinn über den Svnder-
geist. Nach heißen Kämpfen beschloß der Nativnalrat (August 1878), daß die
Eidgenossenschaft den Kantonen der Gvtthardvereinigung eine Beisteuer von
42/2 Millionen bewillige, unter der Bedingung, daß diese Kantone die noch er¬
forderlichen 2 Millionen selbst aufbringen. Zugleich wurde dem Kanton Tessin



*) „Das Referendum hatte sich im Verlauf der Jahre erfahrungsgemäß als ein Hemm¬
schuh der meisten vernünftigen Fortschritte erwiesen," sagt unser Autor bei dieser Gelegenheit.
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[0578] Die Geschichte der Gotthardbahn. cmschlag hergestellt, der sich auf 225932900 Franken beließ Auf dieser Grund¬ lage wurde dann weiter vorgeschritten. Die von ihr zu beschaffender 12 Millionen glaubte die Gesellschaft nicht anders als durch Vermehrung des Obligativnenkapitals aufbringen zu können. Nun waren aber von dem früher zugesagten Obligationenkapital die vierte Serie im Betrage von 20 Millionen noch nicht eingezahlt; und das Konsortium glaubte auch seiner Verpflichtung zur Einzahlung wegen Veränderung der Be¬ dingungen des Vertrages vom 10. Oktober 1871 bestreiten zu können. Nach längeren Verhandlungen kam dann der Vertrag vom 12. Februar 1878 zwischen der Gvtthardbahngcsellschaft und dem Konsortium zu stände, worin sich dieses verpflichtete, die gedachte vierte Serie des früher zugesagten Kapitals einzu¬ zahlen gegen Bestellung einer ersten Hypothek an den zu erbauenden Bahnen für das Obligativnenkapital im Umfange von 74 Millionen, welche zugleich 6 Millionen von den neu zu beschaffender 12 Millionen mitumfaßte. Durch Vertrag vom 4. März 1879 verpflichteten sich die Diskontogescllschaft und zwei andre Berliner Häuser, diese 6 Millionen fünfprozentige Obligationen zum Minimalkurse von 00 Prozent und gegen eine eventuell vorbehaltene weitere Vergütung zu übernehmen. Für die noch übrigen 6 Millionen unter¬ nahm die Direktion, fünfprozentige Obligationen mit zweiter Hypothek auszu¬ geben. Die Annahme dieser Obligationen zum Kurse von 75 Prozent wurde durch Verträge mit den Bauunternehmern und Lieferanten der Gotthardbahn gesichert. Noch viel größere Schwierigkeiten machte es in der Schweiz, die diesem Lande zugewiesene Subveutionssumme vou 8 Millionen aufzubringen. Man wollte wohl das Unternehmen anfrecht halten, aber niemand wollte Opfer bringen. Versuche, die an der frühern Subvention beteiligten Kantone auch nur teilweise zu der neuen heranzuziehen, scheiterten; namentlich auch daran, daß in Zürich das Referendum, vor welches die Sache gebracht wurde, die Beteiligung ablehnte.") Nur die beiden Bahngesellschaften hatten unbedingt 1^/2 Millionen zugesagt. So war denn der Bund vor die Frage gestellt, ob er selbst die noch fehlenden Millionen übernehmen wolle. Es fehlte nicht an Stimmen, welche dafür waren, den Konkurs über die Gesellschaft ergehen zu lassen. Damit wäre die Gotthardbahn unberechenbaren Geschicken über¬ antwortet gewesen. Schließlich aber siegte der nationale Sinn über den Svnder- geist. Nach heißen Kämpfen beschloß der Nativnalrat (August 1878), daß die Eidgenossenschaft den Kantonen der Gvtthardvereinigung eine Beisteuer von 42/2 Millionen bewillige, unter der Bedingung, daß diese Kantone die noch er¬ forderlichen 2 Millionen selbst aufbringen. Zugleich wurde dem Kanton Tessin *) „Das Referendum hatte sich im Verlauf der Jahre erfahrungsgemäß als ein Hemm¬ schuh der meisten vernünftigen Fortschritte erwiesen," sagt unser Autor bei dieser Gelegenheit.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_199353/578>, abgerufen am 27.09.2024.