Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal.Julie warf einen schnellen Blick auf ihren Bruder. Der pfiff mit zusammen¬ Woher stammt das Bild? fragte er, ohne Einnahm anzusehen. Das Bild? I, das könnte ich ja auf manche Weise erlangt haben. Kennen Schefflingcn! Sie befinden sich in anständiger Gesellschaft, rief Valer wütend. Aber um alles! Fräulein Julie, habe ich Sie beleidigt? Nein. Erzählen Sie etwas mehr von der jungen Gräfin, sie interessirt mich. Ihr Wille ist mir immer Befehl. Da war ich neulich sozusagen zufällig Sparen Sie sich die Klauseln, sagte Julie, der die Lachthränen in den Scheffliugen verbeugte sich in Ermangelung eiuer passenden Antwort und Julie sah mit Schrecken an dem Gesicht ihres Bruders, daß es in ihm kochte. Schefslingen, was haben Sie für kostbare Handschuhe; ich mußte sie be¬ Einnahm blickte mit einigem Wohlgefallen auf seine Hand. Schade nur, fuhr Valer fort, daß Sie verdorben werden, wenn Sie mit Am Stricke ziehn? fragte Einnahm verwundert. Sie werden sich doch dem Triumphzug beigesellen, der Ihrer Dame die Sie Schäkern, erwiederte Einnahm, indem er auf den Wagen stieg, dies Genre Sie sind aber heute unerschöpflich an tiefsinnigen Bemerkungen, Schefflittgen! Mit Ihnen, Niffelshausen, ist heute nichts anzufangen, sagte Einnahm, Schämst du dich nicht? sagte Julie zu ihrem Bruder, als der Wagen davvn- Julie warf einen schnellen Blick auf ihren Bruder. Der pfiff mit zusammen¬ Woher stammt das Bild? fragte er, ohne Einnahm anzusehen. Das Bild? I, das könnte ich ja auf manche Weise erlangt haben. Kennen Schefflingcn! Sie befinden sich in anständiger Gesellschaft, rief Valer wütend. Aber um alles! Fräulein Julie, habe ich Sie beleidigt? Nein. Erzählen Sie etwas mehr von der jungen Gräfin, sie interessirt mich. Ihr Wille ist mir immer Befehl. Da war ich neulich sozusagen zufällig Sparen Sie sich die Klauseln, sagte Julie, der die Lachthränen in den Scheffliugen verbeugte sich in Ermangelung eiuer passenden Antwort und Julie sah mit Schrecken an dem Gesicht ihres Bruders, daß es in ihm kochte. Schefslingen, was haben Sie für kostbare Handschuhe; ich mußte sie be¬ Einnahm blickte mit einigem Wohlgefallen auf seine Hand. Schade nur, fuhr Valer fort, daß Sie verdorben werden, wenn Sie mit Am Stricke ziehn? fragte Einnahm verwundert. Sie werden sich doch dem Triumphzug beigesellen, der Ihrer Dame die Sie Schäkern, erwiederte Einnahm, indem er auf den Wagen stieg, dies Genre Sie sind aber heute unerschöpflich an tiefsinnigen Bemerkungen, Schefflittgen! Mit Ihnen, Niffelshausen, ist heute nichts anzufangen, sagte Einnahm, Schämst du dich nicht? sagte Julie zu ihrem Bruder, als der Wagen davvn- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0554" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/199908"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_2429"> Julie warf einen schnellen Blick auf ihren Bruder. Der pfiff mit zusammen¬<lb/> gekniffenen Augen eine lustige Melodie. Ihr schien es, als habe sein Gesicht<lb/> eine graugelbe Färbung angenommen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2430"> Woher stammt das Bild? fragte er, ohne Einnahm anzusehen.</p><lb/> <p xml:id="ID_2431"> Das Bild? I, das könnte ich ja auf manche Weise erlangt haben. Kennen<lb/> Sie die Darda, Riffelshausen? Ah! — er schmatzte mit den Lippen — ein<lb/> köstliches Mädchen!</p><lb/> <p xml:id="ID_2432"> Schefflingcn! Sie befinden sich in anständiger Gesellschaft, rief Valer wütend.</p><lb/> <p xml:id="ID_2433"> Aber um alles! Fräulein Julie, habe ich Sie beleidigt?</p><lb/> <p xml:id="ID_2434"> Nein. Erzählen Sie etwas mehr von der jungen Gräfin, sie interessirt mich.</p><lb/> <p xml:id="ID_2435"> Ihr Wille ist mir immer Befehl. Da war ich neulich sozusagen zufällig<lb/> in Moosdvrf, hatte mir schlau beim Pächter etwas zu thun gemacht. Wie ich<lb/> da die Gräfin-Mutter nebst Fräulein Monika über die Wiese wandern sehe,<lb/> beeile ich mich natürlich, den Damen nufzuwarteu. Obwohl sie nun zwar nicht<lb/> bei uns Besuch gemacht haben, waren sie äußerst entgegenkommend, und bei den<lb/> ewigen Göttern, etwas so wunderbar schönes, wie die kleine Monika, habe ich<lb/> (Fräulein Julie von Riffelshausen natürlich ansgcnvmme») noch nie gesehen!</p><lb/> <p xml:id="ID_2436"> Sparen Sie sich die Klauseln, sagte Julie, der die Lachthränen in den<lb/> Augen standen, ich kann es allenfalls ertragen, nicht die erste zu sein.</p><lb/> <p xml:id="ID_2437"> Scheffliugen verbeugte sich in Ermangelung eiuer passenden Antwort und<lb/> fuhr mit selbstgefälligen Lächeln fort: Man sagt, die Komtesse sei kalt wie<lb/> Marmor. Nun, ich kann mich darüber gerade nicht beklagen. Der einen gefällt<lb/> eben dieser, der ander« jener. Wählerisch kann die Monika wohl sein. Wenn<lb/> sie eine Tänzerin oder sonst so etwas wäre — ich versichere Ihnen, Kaiser und<lb/> Könige hätte sie in ihrem Gefolge.</p><lb/> <p xml:id="ID_2438"> Julie sah mit Schrecken an dem Gesicht ihres Bruders, daß es in ihm kochte.<lb/> Dennoch wandte er sich höflich an Einnahm.</p><lb/> <p xml:id="ID_2439"> Schefslingen, was haben Sie für kostbare Handschuhe; ich mußte sie be¬<lb/> wundern, als sie eben so graziös den Arm schlenkerten. Elegant und vornehm!<lb/> Das Vornehmste an Ihrer ganzen Persönlichkeit.</p><lb/> <p xml:id="ID_2440"> Einnahm blickte mit einigem Wohlgefallen auf seine Hand.</p><lb/> <p xml:id="ID_2441"> Schade nur, fuhr Valer fort, daß Sie verdorben werden, wenn Sie mit<lb/> am Stricke ziehn.</p><lb/> <p xml:id="ID_2442"> Am Stricke ziehn? fragte Einnahm verwundert.</p><lb/> <p xml:id="ID_2443"> Sie werden sich doch dem Triumphzug beigesellen, der Ihrer Dame die<lb/> Pferde ausspannt. Ich sehe schon, wie sie mi't ihrer kleinen Hand sie hat doch<lb/> eine kleine Hand? — die Gerte schwingt, ihre anbetenden Zugtiere zu treiben.</p><lb/> <p xml:id="ID_2444"> Sie Schäkern, erwiederte Einnahm, indem er auf den Wagen stieg, dies Genre<lb/> ist Ihnen einmal fremd. Er nickte schmunzelnd herunter: Die Trauben sind sauer!</p><lb/> <p xml:id="ID_2445"> Sie sind aber heute unerschöpflich an tiefsinnigen Bemerkungen, Schefflittgen!<lb/> Vorher bemerkten Sie sehr treffend: Der einen gefällt dies, der andern jenes.<lb/> Sie sind eine Art Don Juan. Einnahm! Stehen Sie vielleicht auch zu der Köchin<lb/> Ihrer Gräfin in Beziehung? Fragen Sie doch einmal an, ob die Herrin eine<lb/> besondre Liebhaberei für Kalbskopf hat?</p><lb/> <p xml:id="ID_2446"> Mit Ihnen, Niffelshausen, ist heute nichts anzufangen, sagte Einnahm,<lb/> indem er sich vom Wagen aus tief gegen Julie verbeugte; hoffentlich sind Sie<lb/> das nächstemal in gnädigerer Laune.</p><lb/> <p xml:id="ID_2447" next="#ID_2448"> Schämst du dich nicht? sagte Julie zu ihrem Bruder, als der Wagen davvn-<lb/> rollte, dn wirfst dem harmlosen Menschen eine Sottise nach der andern an</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0554]
Julie warf einen schnellen Blick auf ihren Bruder. Der pfiff mit zusammen¬
gekniffenen Augen eine lustige Melodie. Ihr schien es, als habe sein Gesicht
eine graugelbe Färbung angenommen.
Woher stammt das Bild? fragte er, ohne Einnahm anzusehen.
Das Bild? I, das könnte ich ja auf manche Weise erlangt haben. Kennen
Sie die Darda, Riffelshausen? Ah! — er schmatzte mit den Lippen — ein
köstliches Mädchen!
Schefflingcn! Sie befinden sich in anständiger Gesellschaft, rief Valer wütend.
Aber um alles! Fräulein Julie, habe ich Sie beleidigt?
Nein. Erzählen Sie etwas mehr von der jungen Gräfin, sie interessirt mich.
Ihr Wille ist mir immer Befehl. Da war ich neulich sozusagen zufällig
in Moosdvrf, hatte mir schlau beim Pächter etwas zu thun gemacht. Wie ich
da die Gräfin-Mutter nebst Fräulein Monika über die Wiese wandern sehe,
beeile ich mich natürlich, den Damen nufzuwarteu. Obwohl sie nun zwar nicht
bei uns Besuch gemacht haben, waren sie äußerst entgegenkommend, und bei den
ewigen Göttern, etwas so wunderbar schönes, wie die kleine Monika, habe ich
(Fräulein Julie von Riffelshausen natürlich ansgcnvmme») noch nie gesehen!
Sparen Sie sich die Klauseln, sagte Julie, der die Lachthränen in den
Augen standen, ich kann es allenfalls ertragen, nicht die erste zu sein.
Scheffliugen verbeugte sich in Ermangelung eiuer passenden Antwort und
fuhr mit selbstgefälligen Lächeln fort: Man sagt, die Komtesse sei kalt wie
Marmor. Nun, ich kann mich darüber gerade nicht beklagen. Der einen gefällt
eben dieser, der ander« jener. Wählerisch kann die Monika wohl sein. Wenn
sie eine Tänzerin oder sonst so etwas wäre — ich versichere Ihnen, Kaiser und
Könige hätte sie in ihrem Gefolge.
Julie sah mit Schrecken an dem Gesicht ihres Bruders, daß es in ihm kochte.
Dennoch wandte er sich höflich an Einnahm.
Schefslingen, was haben Sie für kostbare Handschuhe; ich mußte sie be¬
wundern, als sie eben so graziös den Arm schlenkerten. Elegant und vornehm!
Das Vornehmste an Ihrer ganzen Persönlichkeit.
Einnahm blickte mit einigem Wohlgefallen auf seine Hand.
Schade nur, fuhr Valer fort, daß Sie verdorben werden, wenn Sie mit
am Stricke ziehn.
Am Stricke ziehn? fragte Einnahm verwundert.
Sie werden sich doch dem Triumphzug beigesellen, der Ihrer Dame die
Pferde ausspannt. Ich sehe schon, wie sie mi't ihrer kleinen Hand sie hat doch
eine kleine Hand? — die Gerte schwingt, ihre anbetenden Zugtiere zu treiben.
Sie Schäkern, erwiederte Einnahm, indem er auf den Wagen stieg, dies Genre
ist Ihnen einmal fremd. Er nickte schmunzelnd herunter: Die Trauben sind sauer!
Sie sind aber heute unerschöpflich an tiefsinnigen Bemerkungen, Schefflittgen!
Vorher bemerkten Sie sehr treffend: Der einen gefällt dies, der andern jenes.
Sie sind eine Art Don Juan. Einnahm! Stehen Sie vielleicht auch zu der Köchin
Ihrer Gräfin in Beziehung? Fragen Sie doch einmal an, ob die Herrin eine
besondre Liebhaberei für Kalbskopf hat?
Mit Ihnen, Niffelshausen, ist heute nichts anzufangen, sagte Einnahm,
indem er sich vom Wagen aus tief gegen Julie verbeugte; hoffentlich sind Sie
das nächstemal in gnädigerer Laune.
Schämst du dich nicht? sagte Julie zu ihrem Bruder, als der Wagen davvn-
rollte, dn wirfst dem harmlosen Menschen eine Sottise nach der andern an
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |