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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal.

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Deutsche Literatur in Frankreich.

kXMtion. Von Diderot erzählt Helferich Peter Sturz, der 1768 in Paris
war, er habe sich die Dichtung mühsam verdolmetschen lassen und so "durch
das trübe Medium die stille Erhabenheit des Dichters entdeckt," Übersetzt
wurde der "Messias" vor der Revolution nur einmal: 1764 bis 1769 von
d'Autelmy, Lehrer an der ^e,ol0 roMg nuliwirv, der sich bereits durch eine
Übersetzung von Lessings Fabeln bekannt gemacht hatte. Diese Übersetzung er¬
lebte 1772 eine neue Auflage, Der "Tod Adams" wurde bereits 1762 über¬
setzt und fand in Frankreich sogar größern Beifall als bei uns. Das -lourrml
vti'Mg'Lr begrüßte dieses Trauerspiel als den Vertreter einer neuen Gattung
"Tausendfach unglücklich sind die trägen oder durch den Schöngeist verdorbenen
Seelen -- heißt es in der betreffenden Anzeige --, welche das Klopstvcksche
Trauerspiel ohne Erschütterung, ohne Rührung, ohne Thränen lesen," Auch
die "Hermannsschlacht" sowie mehrere Oden Klopstocks erlebten in Frankreich
bald Übersetzungen und Nachbildungen, Die glühendsten Verehrer aber fand
Klopstock in dem Kreise der Emigranten, der sich in den Jahren 1795 bis 1799
in Hamburg versammelte, Rivarol stand ihm freilich kühl gegenüber und ließ
sich bei dem greisen Dichter garnicht einführen, umsomehr bewunderte ihn senac
de Meilhan, der geistreiche Verfasser der 0on8iÄvrg.lion8 sur I'Dsxrit se los
Nwurs; er war es, der seine Elegie über den Krieg von 1793 übersetzte und
dieselbe mit einem sehr schmeichelhaften Briefe an den Dichter sandte, worin er
sich äußerst verständig über die relative Bcschrüuktheit der französischen Sprache
des achtzehnten Jahrhunderts, über ihre Unfähigkeit, große seelische Bewegungen
auszudrücken und die Schönheiten fremder Poesie wiederzugeben, ausspricht.
Andre Verehrer Klopstocks in Hamburg waren Ch. de Villers, der Marquis
de la Tresne, besonders aber der junge Chimedolle, welcher zu Klopstocks Preise
eine schwungvolle Ode verfaßte. Die herrlichsten Epen -- sagt er darin --,
selbst die des erhabnen Homer, würden einst in den Abgrund der Vergessenheit
versinken, nur der "Messias" nicht. -


Wus lo-Lowzm, -S.AopstovK, srir-los xaxvs Mvinw-,
U'osor" üüxlv/or. son drss Ä6v"8tatsur.
V"QS vo äoruior' ^our Illölllo on 1s lllvackö 0K ratlos
Vorm Mnvr sur lui 1'lMAv' oxtorillin^tour,
Urim, für sog alios clöroos
Volt, vors 1o" voiltos g-iitiroos
?ortsr los vors, mois g,u trüxos.vuvivux;
1,^ vull-Mos ä"n8 1o soiir <1os suorss öcillivos
11s tM'eine oirooro los äölioos
Dos (ilicours innourdrAblog clos Oioux,

Mit Recht sagt Süpsle, daß in ähnlicherweise weder Klopstock je in

Deutschland, uoch ein französischer Dichter in seinem eignen Lande gefeiert
worden sei.


Grenzboten IV. 1886. 60
Deutsche Literatur in Frankreich.

kXMtion. Von Diderot erzählt Helferich Peter Sturz, der 1768 in Paris
war, er habe sich die Dichtung mühsam verdolmetschen lassen und so „durch
das trübe Medium die stille Erhabenheit des Dichters entdeckt," Übersetzt
wurde der „Messias" vor der Revolution nur einmal: 1764 bis 1769 von
d'Autelmy, Lehrer an der ^e,ol0 roMg nuliwirv, der sich bereits durch eine
Übersetzung von Lessings Fabeln bekannt gemacht hatte. Diese Übersetzung er¬
lebte 1772 eine neue Auflage, Der „Tod Adams" wurde bereits 1762 über¬
setzt und fand in Frankreich sogar größern Beifall als bei uns. Das -lourrml
vti'Mg'Lr begrüßte dieses Trauerspiel als den Vertreter einer neuen Gattung
„Tausendfach unglücklich sind die trägen oder durch den Schöngeist verdorbenen
Seelen — heißt es in der betreffenden Anzeige —, welche das Klopstvcksche
Trauerspiel ohne Erschütterung, ohne Rührung, ohne Thränen lesen," Auch
die „Hermannsschlacht" sowie mehrere Oden Klopstocks erlebten in Frankreich
bald Übersetzungen und Nachbildungen, Die glühendsten Verehrer aber fand
Klopstock in dem Kreise der Emigranten, der sich in den Jahren 1795 bis 1799
in Hamburg versammelte, Rivarol stand ihm freilich kühl gegenüber und ließ
sich bei dem greisen Dichter garnicht einführen, umsomehr bewunderte ihn senac
de Meilhan, der geistreiche Verfasser der 0on8iÄvrg.lion8 sur I'Dsxrit se los
Nwurs; er war es, der seine Elegie über den Krieg von 1793 übersetzte und
dieselbe mit einem sehr schmeichelhaften Briefe an den Dichter sandte, worin er
sich äußerst verständig über die relative Bcschrüuktheit der französischen Sprache
des achtzehnten Jahrhunderts, über ihre Unfähigkeit, große seelische Bewegungen
auszudrücken und die Schönheiten fremder Poesie wiederzugeben, ausspricht.
Andre Verehrer Klopstocks in Hamburg waren Ch. de Villers, der Marquis
de la Tresne, besonders aber der junge Chimedolle, welcher zu Klopstocks Preise
eine schwungvolle Ode verfaßte. Die herrlichsten Epen — sagt er darin —,
selbst die des erhabnen Homer, würden einst in den Abgrund der Vergessenheit
versinken, nur der „Messias" nicht. -


Wus lo-Lowzm, -S.AopstovK, srir-los xaxvs Mvinw-,
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1,^ vull-Mos ä»n8 1o soiir <1os suorss öcillivos
11s tM'eine oirooro los äölioos
Dos (ilicours innourdrAblog clos Oioux,

Mit Recht sagt Süpsle, daß in ähnlicherweise weder Klopstock je in

Deutschland, uoch ein französischer Dichter in seinem eignen Lande gefeiert
worden sei.


Grenzboten IV. 1886. 60
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[0481] Deutsche Literatur in Frankreich. kXMtion. Von Diderot erzählt Helferich Peter Sturz, der 1768 in Paris war, er habe sich die Dichtung mühsam verdolmetschen lassen und so „durch das trübe Medium die stille Erhabenheit des Dichters entdeckt," Übersetzt wurde der „Messias" vor der Revolution nur einmal: 1764 bis 1769 von d'Autelmy, Lehrer an der ^e,ol0 roMg nuliwirv, der sich bereits durch eine Übersetzung von Lessings Fabeln bekannt gemacht hatte. Diese Übersetzung er¬ lebte 1772 eine neue Auflage, Der „Tod Adams" wurde bereits 1762 über¬ setzt und fand in Frankreich sogar größern Beifall als bei uns. Das -lourrml vti'Mg'Lr begrüßte dieses Trauerspiel als den Vertreter einer neuen Gattung „Tausendfach unglücklich sind die trägen oder durch den Schöngeist verdorbenen Seelen — heißt es in der betreffenden Anzeige —, welche das Klopstvcksche Trauerspiel ohne Erschütterung, ohne Rührung, ohne Thränen lesen," Auch die „Hermannsschlacht" sowie mehrere Oden Klopstocks erlebten in Frankreich bald Übersetzungen und Nachbildungen, Die glühendsten Verehrer aber fand Klopstock in dem Kreise der Emigranten, der sich in den Jahren 1795 bis 1799 in Hamburg versammelte, Rivarol stand ihm freilich kühl gegenüber und ließ sich bei dem greisen Dichter garnicht einführen, umsomehr bewunderte ihn senac de Meilhan, der geistreiche Verfasser der 0on8iÄvrg.lion8 sur I'Dsxrit se los Nwurs; er war es, der seine Elegie über den Krieg von 1793 übersetzte und dieselbe mit einem sehr schmeichelhaften Briefe an den Dichter sandte, worin er sich äußerst verständig über die relative Bcschrüuktheit der französischen Sprache des achtzehnten Jahrhunderts, über ihre Unfähigkeit, große seelische Bewegungen auszudrücken und die Schönheiten fremder Poesie wiederzugeben, ausspricht. Andre Verehrer Klopstocks in Hamburg waren Ch. de Villers, der Marquis de la Tresne, besonders aber der junge Chimedolle, welcher zu Klopstocks Preise eine schwungvolle Ode verfaßte. Die herrlichsten Epen — sagt er darin —, selbst die des erhabnen Homer, würden einst in den Abgrund der Vergessenheit versinken, nur der „Messias" nicht. - Wus lo-Lowzm, -S.AopstovK, srir-los xaxvs Mvinw-, U'osor» üüxlv/or. son drss Ä6v»8tatsur. V»QS vo äoruior' ^our Illölllo on 1s lllvackö 0K ratlos Vorm Mnvr sur lui 1'lMAv' oxtorillin^tour, Urim, für sog alios clöroos Volt, vors 1o« voiltos g-iitiroos ?ortsr los vors, mois g,u trüxos.vuvivux; 1,^ vull-Mos ä»n8 1o soiir <1os suorss öcillivos 11s tM'eine oirooro los äölioos Dos (ilicours innourdrAblog clos Oioux, Mit Recht sagt Süpsle, daß in ähnlicherweise weder Klopstock je in Deutschland, uoch ein französischer Dichter in seinem eignen Lande gefeiert worden sei. Grenzboten IV. 1886. 60

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_199353/481>, abgerufen am 15.01.2025.