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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal.

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Die neuen Briefe Robert Schumanns.

etwas leisten, weis Ihnen rechten Gewinn brächte!" Die drei Streichquartette,
welche Schumann anch deshalb lieb waren, weil sie "Mendelssohn Freude ge¬
macht hatten und von ihm als sein bestes früheres Werk augesehen wurden,"
hatte Schumann der Verlagshandlung für ein billiges Honorar überlassen, weil
er die Herausgabe einer Partitur zur Bedingung machte. Aber die Partitur
erschien erst nach vielem Bitten und Drau gen des Komponisten, der sie sich
schließlich als ein Geburtstagsgeschenk erbat und anch 1848 erhielt. Die ge¬
sammelten Schriften Schumanns in Verlag zu nehmen und einen Katalog seiner
Werke drucken zu lassen, konnten sich Härtels nicht entschließen. Jene wurden
von G. Wigand für 300 Mark übernommen und sind erst in neuerer Zeit in
Härtels Verlag übergegangen.

Zum Schluß noch einiges aus dem äußern Leben Schumanns. Obwohl
er seiner Braut einmal feierlich versichert hatte, eine Kapellmeistersfrau würde
sie nie werden, hatte er sich doch schon, ehe er nach Düsseldorf ging, um Dirigenten¬
stellen beworben. Im Jahre 1849 hieß es, I. Nietz würde nach Berlin berufen
werden, und Schumann fragte deshalb vertraulich an, ob mau wohl seine Be¬
werbung um die Leitung der Gewandhauskonzerte annehmen würde. Ferner wollten
seine Dresdner Freunde ihm dazu verhelfen, zweiter Kapellmeister am Theater zu
werden. Ihre Bemühungen waren erfolglos. Auch an eine Anstellung am
Konservatorium in Wien hat er gedacht und zog deswegen (1847) Erkundigungen
bei Nottebohm ein. Nach Wien zog es ihn immer wieder; "die kleinstädtische,,
Verhältnisse in Düsseldorf sagte,, ihm und Klara nicht mehr zu. Da wollten
sie sich denn frei machen und auf eine Zeit lang in Wien bleiben." An, wohlsten
aber hat sich Schumann immer in Leipzig gefühlt (das erste Studentensemester
ausgenommen). Er mochte die Stadt nicht verlassen, "wo alles blüht und im
Schwunge geht" >1836^. Der Aufenthalt in Wien bringt ihn zu dem Urteil:
"Leipzig ist gar kein so kleiner Ort, wie ich gedacht." Von einer Gewandhaus¬
konzertfahrt wieder nach Dresden zurückgekehrt, schreibt er j1846^: "An der
Erinnerung der letzten in Leipzig verlebten Tage zehren wir noch sehr. So
tot ist es hier dagegen." Von derselben Reise gab er an F. Hiller einen Bericht,
der mit den Worten schließt: "Leben und Menschen in Leipzig unter uns doch
wieder sehr an. Früher oder später glaube ich doch, daß wir uns hier wieder
ansiedeln."

Nur nach wenigen Richtungen habe ich Jcmsens Sammlung durchschreiten
und Mitteilungen daraus geben können. Der Stoff ist von überreicher Fülle.
Möchte aus diesen Urkunden und andern, die sich hoffentlich anschließen werden,
baldigst eine Biographie geschaffen werden, erfüllt von all der Pietät und
Begeisterung, welche die Schumannfreunde dem edeln Tondichter weihen.


H. Budy.


Die neuen Briefe Robert Schumanns.

etwas leisten, weis Ihnen rechten Gewinn brächte!" Die drei Streichquartette,
welche Schumann anch deshalb lieb waren, weil sie „Mendelssohn Freude ge¬
macht hatten und von ihm als sein bestes früheres Werk augesehen wurden,"
hatte Schumann der Verlagshandlung für ein billiges Honorar überlassen, weil
er die Herausgabe einer Partitur zur Bedingung machte. Aber die Partitur
erschien erst nach vielem Bitten und Drau gen des Komponisten, der sie sich
schließlich als ein Geburtstagsgeschenk erbat und anch 1848 erhielt. Die ge¬
sammelten Schriften Schumanns in Verlag zu nehmen und einen Katalog seiner
Werke drucken zu lassen, konnten sich Härtels nicht entschließen. Jene wurden
von G. Wigand für 300 Mark übernommen und sind erst in neuerer Zeit in
Härtels Verlag übergegangen.

Zum Schluß noch einiges aus dem äußern Leben Schumanns. Obwohl
er seiner Braut einmal feierlich versichert hatte, eine Kapellmeistersfrau würde
sie nie werden, hatte er sich doch schon, ehe er nach Düsseldorf ging, um Dirigenten¬
stellen beworben. Im Jahre 1849 hieß es, I. Nietz würde nach Berlin berufen
werden, und Schumann fragte deshalb vertraulich an, ob mau wohl seine Be¬
werbung um die Leitung der Gewandhauskonzerte annehmen würde. Ferner wollten
seine Dresdner Freunde ihm dazu verhelfen, zweiter Kapellmeister am Theater zu
werden. Ihre Bemühungen waren erfolglos. Auch an eine Anstellung am
Konservatorium in Wien hat er gedacht und zog deswegen (1847) Erkundigungen
bei Nottebohm ein. Nach Wien zog es ihn immer wieder; „die kleinstädtische,,
Verhältnisse in Düsseldorf sagte,, ihm und Klara nicht mehr zu. Da wollten
sie sich denn frei machen und auf eine Zeit lang in Wien bleiben." An, wohlsten
aber hat sich Schumann immer in Leipzig gefühlt (das erste Studentensemester
ausgenommen). Er mochte die Stadt nicht verlassen, „wo alles blüht und im
Schwunge geht" >1836^. Der Aufenthalt in Wien bringt ihn zu dem Urteil:
„Leipzig ist gar kein so kleiner Ort, wie ich gedacht." Von einer Gewandhaus¬
konzertfahrt wieder nach Dresden zurückgekehrt, schreibt er j1846^: „An der
Erinnerung der letzten in Leipzig verlebten Tage zehren wir noch sehr. So
tot ist es hier dagegen." Von derselben Reise gab er an F. Hiller einen Bericht,
der mit den Worten schließt: „Leben und Menschen in Leipzig unter uns doch
wieder sehr an. Früher oder später glaube ich doch, daß wir uns hier wieder
ansiedeln."

Nur nach wenigen Richtungen habe ich Jcmsens Sammlung durchschreiten
und Mitteilungen daraus geben können. Der Stoff ist von überreicher Fülle.
Möchte aus diesen Urkunden und andern, die sich hoffentlich anschließen werden,
baldigst eine Biographie geschaffen werden, erfüllt von all der Pietät und
Begeisterung, welche die Schumannfreunde dem edeln Tondichter weihen.


H. Budy.


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[0444] Die neuen Briefe Robert Schumanns. etwas leisten, weis Ihnen rechten Gewinn brächte!" Die drei Streichquartette, welche Schumann anch deshalb lieb waren, weil sie „Mendelssohn Freude ge¬ macht hatten und von ihm als sein bestes früheres Werk augesehen wurden," hatte Schumann der Verlagshandlung für ein billiges Honorar überlassen, weil er die Herausgabe einer Partitur zur Bedingung machte. Aber die Partitur erschien erst nach vielem Bitten und Drau gen des Komponisten, der sie sich schließlich als ein Geburtstagsgeschenk erbat und anch 1848 erhielt. Die ge¬ sammelten Schriften Schumanns in Verlag zu nehmen und einen Katalog seiner Werke drucken zu lassen, konnten sich Härtels nicht entschließen. Jene wurden von G. Wigand für 300 Mark übernommen und sind erst in neuerer Zeit in Härtels Verlag übergegangen. Zum Schluß noch einiges aus dem äußern Leben Schumanns. Obwohl er seiner Braut einmal feierlich versichert hatte, eine Kapellmeistersfrau würde sie nie werden, hatte er sich doch schon, ehe er nach Düsseldorf ging, um Dirigenten¬ stellen beworben. Im Jahre 1849 hieß es, I. Nietz würde nach Berlin berufen werden, und Schumann fragte deshalb vertraulich an, ob mau wohl seine Be¬ werbung um die Leitung der Gewandhauskonzerte annehmen würde. Ferner wollten seine Dresdner Freunde ihm dazu verhelfen, zweiter Kapellmeister am Theater zu werden. Ihre Bemühungen waren erfolglos. Auch an eine Anstellung am Konservatorium in Wien hat er gedacht und zog deswegen (1847) Erkundigungen bei Nottebohm ein. Nach Wien zog es ihn immer wieder; „die kleinstädtische,, Verhältnisse in Düsseldorf sagte,, ihm und Klara nicht mehr zu. Da wollten sie sich denn frei machen und auf eine Zeit lang in Wien bleiben." An, wohlsten aber hat sich Schumann immer in Leipzig gefühlt (das erste Studentensemester ausgenommen). Er mochte die Stadt nicht verlassen, „wo alles blüht und im Schwunge geht" >1836^. Der Aufenthalt in Wien bringt ihn zu dem Urteil: „Leipzig ist gar kein so kleiner Ort, wie ich gedacht." Von einer Gewandhaus¬ konzertfahrt wieder nach Dresden zurückgekehrt, schreibt er j1846^: „An der Erinnerung der letzten in Leipzig verlebten Tage zehren wir noch sehr. So tot ist es hier dagegen." Von derselben Reise gab er an F. Hiller einen Bericht, der mit den Worten schließt: „Leben und Menschen in Leipzig unter uns doch wieder sehr an. Früher oder später glaube ich doch, daß wir uns hier wieder ansiedeln." Nur nach wenigen Richtungen habe ich Jcmsens Sammlung durchschreiten und Mitteilungen daraus geben können. Der Stoff ist von überreicher Fülle. Möchte aus diesen Urkunden und andern, die sich hoffentlich anschließen werden, baldigst eine Biographie geschaffen werden, erfüllt von all der Pietät und Begeisterung, welche die Schumannfreunde dem edeln Tondichter weihen. H. Budy.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Viertes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_199353/444>, abgerufen am 27.09.2024.