Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.Bulgarien und sein Fürst. beschleunigt. Mit dessen Zustimmung bildete sich am 6. August 1885 ein ge¬ Bulgarien und sein Fürst. beschleunigt. Mit dessen Zustimmung bildete sich am 6. August 1885 ein ge¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0589" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/199309"/> <fw type="header" place="top"> Bulgarien und sein Fürst.</fw><lb/> <p xml:id="ID_2038" prev="#ID_2037" next="#ID_2039"> beschleunigt. Mit dessen Zustimmung bildete sich am 6. August 1885 ein ge¬<lb/> heimes „Komitee zur Vereinigung beider Bulgarien," in welchem Stojanow<lb/> den Vorsitz führte und neben Strauski auch vier Majore, zwei Kapitäne und<lb/> ein Leutnant der Miliz, sowie der Befehlshaber der Gensdarmerie als Mitglieder<lb/> saßen. Der Ausbruch der Verschwörung war für die letzte Woche des Sep¬<lb/> tember bestimmt, in der Zwischenzeit sollten Agenten das Land bereisen und die<lb/> Revolution vorbereiten. Durch Zufall explodirte die Mine früher. Stojcmow<lb/> und Zografski waren am 14. zu einer Beratung mit andern Verschworenen nach<lb/> Sestrimo abgereist. Da wurden sie in Talar-Basardschik von einem Tele¬<lb/> graphisten mit der Nachricht überrascht: „Aufstand in Panagjurischte!" Dieselbe<lb/> stellte sich später als Folge einer Schülerspielcrei heraus. Die Verschworenen<lb/> aber hatten damals Entdeckung und rasche Unterdrückung ihres Planes zu<lb/> fürchten, und so beeilten sie sich mit dem Losschlagen. Am 16. September<lb/> wurde der Präfekt von Talar-Basardschik, der Stvjanow verhaften und nach<lb/> Sofia wegbringe» lassen wollte, durch Milizsoldaten mit gehobenem Revolver<lb/> gezwungen, davon abzustehen. Am 17. gingen Boten nach allen Richtungen<lb/> ab, um den Aufstand zu veranlassen. In Tschirpau proklamirte der Kapitän<lb/> Paniza die Vereinigung Ostrumeliens mit Bulgarien, in Komisch thaten der<lb/> Pope Angel und der Schullehrer Kristew desgleichen. In Staronowoselv ver¬<lb/> jagte Kostvw, in Golemo Kvuare Tschardafvn Veliky die Behörden. In der<lb/> Nacht auf den 18. stießen die aus den aufständischen Orten aufgebrochenen<lb/> Schaaren bei Philippopel zusammen und rückten auf den Könnet des Genernl-<lb/> gouverueurs zu. Es war hohe Zeit, wenn die Sache glücken sollte; denn die<lb/> Regierung hatte Wind von ihr bekommen und Vorsichtsmaßregeln angeordnet.<lb/> Es waren bereits einige Verhaftungen vorgenommen worden, und gerade in<lb/> dieser Nacht sollten auch Stojanow, Strauski, Kaltschow und andre besonders<lb/> Verdächtige ins Gefängnis gebracht werden. Stvjanow, der sich beim Kom¬<lb/> mandeur der Gendarmerie versteckt hielt, wollte schon verzweifeln, als um zwei<lb/> Uhr noch kein Aufständischer zu sehen war. Da endlich rückten um drei Uhr<lb/> von Kvnare siebenhundert Insurgenten heran, zersprengten durch eine Salve<lb/> einen ihnen entgegenkommenden Reitertrupp und drangen in die Stadt ein, wo<lb/> sie Truppen ans dem Lager vor dem Konak begegneten, aber nicht lange auf¬<lb/> gehalten wurden, da Leutnant Stefow den Milizgencral Drigalsli, der den<lb/> Befehl über die Mannschaft übernehmen wollte, mit einem Ncvvlvcrschusse be¬<lb/> grüßte und dann verhaftete. Ein Teil der Miliz ging dann zu den Auf¬<lb/> ständischen über, und bald stimmten auch die übrigen, die uoch schwankten, von<lb/> den Majorem Nikolajew, Filow und Mutkurvw aufgewiegelt, in den Ruf ein:<lb/> ..Es lebe Alexander, der Fürst von Bulgarien!" Nun stürmte alles in den<lb/> Könnet, wo der Generalgouvemeur verhaftet wurde. Die Revolution war ge¬<lb/> lungen und hatte fast gar kein Blut gekostet. Die Sieger setzten schon um<lb/> nächsten Morgen eine provisorische Regierung ein, in der Strauski, Stojanow,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0589]
Bulgarien und sein Fürst.
beschleunigt. Mit dessen Zustimmung bildete sich am 6. August 1885 ein ge¬
heimes „Komitee zur Vereinigung beider Bulgarien," in welchem Stojanow
den Vorsitz führte und neben Strauski auch vier Majore, zwei Kapitäne und
ein Leutnant der Miliz, sowie der Befehlshaber der Gensdarmerie als Mitglieder
saßen. Der Ausbruch der Verschwörung war für die letzte Woche des Sep¬
tember bestimmt, in der Zwischenzeit sollten Agenten das Land bereisen und die
Revolution vorbereiten. Durch Zufall explodirte die Mine früher. Stojcmow
und Zografski waren am 14. zu einer Beratung mit andern Verschworenen nach
Sestrimo abgereist. Da wurden sie in Talar-Basardschik von einem Tele¬
graphisten mit der Nachricht überrascht: „Aufstand in Panagjurischte!" Dieselbe
stellte sich später als Folge einer Schülerspielcrei heraus. Die Verschworenen
aber hatten damals Entdeckung und rasche Unterdrückung ihres Planes zu
fürchten, und so beeilten sie sich mit dem Losschlagen. Am 16. September
wurde der Präfekt von Talar-Basardschik, der Stvjanow verhaften und nach
Sofia wegbringe» lassen wollte, durch Milizsoldaten mit gehobenem Revolver
gezwungen, davon abzustehen. Am 17. gingen Boten nach allen Richtungen
ab, um den Aufstand zu veranlassen. In Tschirpau proklamirte der Kapitän
Paniza die Vereinigung Ostrumeliens mit Bulgarien, in Komisch thaten der
Pope Angel und der Schullehrer Kristew desgleichen. In Staronowoselv ver¬
jagte Kostvw, in Golemo Kvuare Tschardafvn Veliky die Behörden. In der
Nacht auf den 18. stießen die aus den aufständischen Orten aufgebrochenen
Schaaren bei Philippopel zusammen und rückten auf den Könnet des Genernl-
gouverueurs zu. Es war hohe Zeit, wenn die Sache glücken sollte; denn die
Regierung hatte Wind von ihr bekommen und Vorsichtsmaßregeln angeordnet.
Es waren bereits einige Verhaftungen vorgenommen worden, und gerade in
dieser Nacht sollten auch Stojanow, Strauski, Kaltschow und andre besonders
Verdächtige ins Gefängnis gebracht werden. Stvjanow, der sich beim Kom¬
mandeur der Gendarmerie versteckt hielt, wollte schon verzweifeln, als um zwei
Uhr noch kein Aufständischer zu sehen war. Da endlich rückten um drei Uhr
von Kvnare siebenhundert Insurgenten heran, zersprengten durch eine Salve
einen ihnen entgegenkommenden Reitertrupp und drangen in die Stadt ein, wo
sie Truppen ans dem Lager vor dem Konak begegneten, aber nicht lange auf¬
gehalten wurden, da Leutnant Stefow den Milizgencral Drigalsli, der den
Befehl über die Mannschaft übernehmen wollte, mit einem Ncvvlvcrschusse be¬
grüßte und dann verhaftete. Ein Teil der Miliz ging dann zu den Auf¬
ständischen über, und bald stimmten auch die übrigen, die uoch schwankten, von
den Majorem Nikolajew, Filow und Mutkurvw aufgewiegelt, in den Ruf ein:
..Es lebe Alexander, der Fürst von Bulgarien!" Nun stürmte alles in den
Könnet, wo der Generalgouvemeur verhaftet wurde. Die Revolution war ge¬
lungen und hatte fast gar kein Blut gekostet. Die Sieger setzten schon um
nächsten Morgen eine provisorische Regierung ein, in der Strauski, Stojanow,
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