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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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Porträt, Genre und Landschaft auf der Berliner Jubila'uns-llnnstausstellung.

arzneischule" mit Naturgrößen Figuren nicht sagen, in welche alles zusammen¬
strömt, was kranke Pferde, Jagdhunde und Möpse hat. In dem Kampfe mit
der Illustration, welche alle Ereignisse des modernen Lebens mit fabrikmäßiger
Schnelligkeit vorwegnimmt, sind die "Kunstmaler" gezwungen, oft zu den äußersten
Mitteln zu greifen, um mit Illustratoren und Photographen wetteifern zu
können.

Die deutsche Landschaftsmalerei ist derjenige Zweig der Kunst, welcher un¬
aufhörlich die erfreulichsten und gesündesten Triebe zeitigt. Sie ist so universell
wie keine zweite und umfaßt alle Stilrichtungen von der historisch-stilistischen
und romantischen bis zu dem sich mit dunkeln Andentungen begnügenden
Stimmungsbilde. Doch artet auch letzteres nicht bis zu der rohen Skizzen-
haftigkeit der Franzosen aus. Selbst der zu den größten Ausschreitungen des
Pinsels geneigte Deutsche respektirt immer noch die Zeichnung, welche gleichsam
das Gerüst für die Gymnastik der auf- und abschwebenden Töne bildet. Da
es uns hier nur darum zu thun ist, aus einem großen Ausstellungspauorama
die charakteristischen Züge, die neuen Momente hervorzuheben, brauchen wir uns
mit einer Wiederholung des illustren Künstlerlexikons von Andreas Ueberhand
bis Albert Zimmermann nicht auszuhalten. Der Ruhm, der alle diese edeln
Häupter umschwebt, kaun durch die Beredsamkeit der Journalistik kaum noch
vergrößert werden. Wir wollen nur noch einige junge Landschafts-, Marine-
und Städtemaler in den Vordergrund stellen, welche mit starker Betonung des
Stimmungsclements eine Individualität verbinden, die sich mit der Zeit noch
schärfer ausbilden wird. Es sind in erster Linie Hans Herrmann in Berlin,
ein Schüler Oswald Achenbachs, welcher mit scharfer Beobachtungsgabe das
Leben auf und neben den Kanälen von Amsterdam, auf den Märkten und in den
Fischhallen, im Hafen u. f. w. in seiner ganzen malerischen Vielseitigkeit und mit
flüssigem Kolorit schildert, Karl Rathjeu in Berlin und Erich Kubierschty in
Leipzig, denen sich dann noch Oskar Frenzel in Berlin, H. Liescgang in Düsseldorf
und Karl Önicke in Berlin anreihen. Diese jungen Künstler geben uns die tröst¬
liche Zuversicht, daß die deutsche Landschaftsmalerei bis auf weiteres sicher ist,
nicht in gedankenloser Manier zu verdorren.




Porträt, Genre und Landschaft auf der Berliner Jubila'uns-llnnstausstellung.

arzneischule" mit Naturgrößen Figuren nicht sagen, in welche alles zusammen¬
strömt, was kranke Pferde, Jagdhunde und Möpse hat. In dem Kampfe mit
der Illustration, welche alle Ereignisse des modernen Lebens mit fabrikmäßiger
Schnelligkeit vorwegnimmt, sind die „Kunstmaler" gezwungen, oft zu den äußersten
Mitteln zu greifen, um mit Illustratoren und Photographen wetteifern zu
können.

Die deutsche Landschaftsmalerei ist derjenige Zweig der Kunst, welcher un¬
aufhörlich die erfreulichsten und gesündesten Triebe zeitigt. Sie ist so universell
wie keine zweite und umfaßt alle Stilrichtungen von der historisch-stilistischen
und romantischen bis zu dem sich mit dunkeln Andentungen begnügenden
Stimmungsbilde. Doch artet auch letzteres nicht bis zu der rohen Skizzen-
haftigkeit der Franzosen aus. Selbst der zu den größten Ausschreitungen des
Pinsels geneigte Deutsche respektirt immer noch die Zeichnung, welche gleichsam
das Gerüst für die Gymnastik der auf- und abschwebenden Töne bildet. Da
es uns hier nur darum zu thun ist, aus einem großen Ausstellungspauorama
die charakteristischen Züge, die neuen Momente hervorzuheben, brauchen wir uns
mit einer Wiederholung des illustren Künstlerlexikons von Andreas Ueberhand
bis Albert Zimmermann nicht auszuhalten. Der Ruhm, der alle diese edeln
Häupter umschwebt, kaun durch die Beredsamkeit der Journalistik kaum noch
vergrößert werden. Wir wollen nur noch einige junge Landschafts-, Marine-
und Städtemaler in den Vordergrund stellen, welche mit starker Betonung des
Stimmungsclements eine Individualität verbinden, die sich mit der Zeit noch
schärfer ausbilden wird. Es sind in erster Linie Hans Herrmann in Berlin,
ein Schüler Oswald Achenbachs, welcher mit scharfer Beobachtungsgabe das
Leben auf und neben den Kanälen von Amsterdam, auf den Märkten und in den
Fischhallen, im Hafen u. f. w. in seiner ganzen malerischen Vielseitigkeit und mit
flüssigem Kolorit schildert, Karl Rathjeu in Berlin und Erich Kubierschty in
Leipzig, denen sich dann noch Oskar Frenzel in Berlin, H. Liescgang in Düsseldorf
und Karl Önicke in Berlin anreihen. Diese jungen Künstler geben uns die tröst¬
liche Zuversicht, daß die deutsche Landschaftsmalerei bis auf weiteres sicher ist,
nicht in gedankenloser Manier zu verdorren.




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[0572] Porträt, Genre und Landschaft auf der Berliner Jubila'uns-llnnstausstellung. arzneischule" mit Naturgrößen Figuren nicht sagen, in welche alles zusammen¬ strömt, was kranke Pferde, Jagdhunde und Möpse hat. In dem Kampfe mit der Illustration, welche alle Ereignisse des modernen Lebens mit fabrikmäßiger Schnelligkeit vorwegnimmt, sind die „Kunstmaler" gezwungen, oft zu den äußersten Mitteln zu greifen, um mit Illustratoren und Photographen wetteifern zu können. Die deutsche Landschaftsmalerei ist derjenige Zweig der Kunst, welcher un¬ aufhörlich die erfreulichsten und gesündesten Triebe zeitigt. Sie ist so universell wie keine zweite und umfaßt alle Stilrichtungen von der historisch-stilistischen und romantischen bis zu dem sich mit dunkeln Andentungen begnügenden Stimmungsbilde. Doch artet auch letzteres nicht bis zu der rohen Skizzen- haftigkeit der Franzosen aus. Selbst der zu den größten Ausschreitungen des Pinsels geneigte Deutsche respektirt immer noch die Zeichnung, welche gleichsam das Gerüst für die Gymnastik der auf- und abschwebenden Töne bildet. Da es uns hier nur darum zu thun ist, aus einem großen Ausstellungspauorama die charakteristischen Züge, die neuen Momente hervorzuheben, brauchen wir uns mit einer Wiederholung des illustren Künstlerlexikons von Andreas Ueberhand bis Albert Zimmermann nicht auszuhalten. Der Ruhm, der alle diese edeln Häupter umschwebt, kaun durch die Beredsamkeit der Journalistik kaum noch vergrößert werden. Wir wollen nur noch einige junge Landschafts-, Marine- und Städtemaler in den Vordergrund stellen, welche mit starker Betonung des Stimmungsclements eine Individualität verbinden, die sich mit der Zeit noch schärfer ausbilden wird. Es sind in erster Linie Hans Herrmann in Berlin, ein Schüler Oswald Achenbachs, welcher mit scharfer Beobachtungsgabe das Leben auf und neben den Kanälen von Amsterdam, auf den Märkten und in den Fischhallen, im Hafen u. f. w. in seiner ganzen malerischen Vielseitigkeit und mit flüssigem Kolorit schildert, Karl Rathjeu in Berlin und Erich Kubierschty in Leipzig, denen sich dann noch Oskar Frenzel in Berlin, H. Liescgang in Düsseldorf und Karl Önicke in Berlin anreihen. Diese jungen Künstler geben uns die tröst¬ liche Zuversicht, daß die deutsche Landschaftsmalerei bis auf weiteres sicher ist, nicht in gedankenloser Manier zu verdorren.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/572>, abgerufen am 15.01.2025.