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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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Auswüchsen des Monopols gesteuert, daß der Druck der Grundrente auf die
Wirtschaft beseitigt werden, daß die großen Güter in Bauerustellen umgewandelt
werden müßten; aber daraus folgt noch nicht ohne weiteres die Notwendigkeit,
das Privateigentum an Grund und Boden aufzuheben. Es ließe sich denken,
daß die Kvnftituirung eines staatlichen Obereigentums genügen könnte, den ver¬
derblichen Wirkungen des quiritischen Eigentums zu begegnen, daß den Eigen¬
tümern eine Reihe gesetzlicher Verpflichtungen auferlegt würden, welche die Be¬
stimmung ihrer Güter zur allgemeinen Volksernährung sicherten. Vielleicht
könnte auch ein allgemeines Vorkaufsrecht des Staates sehr nützliche Dienste
leisten, und andres mehr. Dies alles scheint einer umso ernstlicheren Erörterung
zu bedürfen, als zur Zeit die großen Grundbesitzer einen sehr entschiednen Einfluß
auf unsre innere Politik haben, und in dein mittleren und kleinen Besitz kein Ge¬
gengewicht besteht, da diese Eigentümer mit den großen Grundherren wenigstens
teilweise gleichartige Interessen haben oder zu haben vermeinen.

Diskussion also, nicht Agitation möge sich die Liga vorerst zur Aufgabe
stellen. Auf diesem Boden werden wir ihr gern begegnen. Dagegen wird sie
uns nicht zumuten, uns mit ihres Ehrenpräsidenten Nebelbildcrn von Seucheu-
veruichtung, von Svracheuciuheit, von soldpriesterfreier, doginenlvscr Menschheits¬
religion der Selbstversittlichung und Allwvhlspslege nebst obligatem Wohlfahrts-
buude der Nationen mehr zu beschäftigen, als jeder Einzelne von uns in müßigen
Stunden Lust hat, Träumereien nachzuhängen.^)




Die Poetik der Renaissance.

le mau auch über die Alten als Vorbilder einer lebendigen Literatur
denken mag, über ihre Bedeutung für die Kritik werden alle
Wissenden einig sein. Will dieselbe, was doch sicher in ihrem
Begriffe liegt, auf allgemeine Autorität Anspruch erhebe"?, so wird
sie einer Norm nicht entbehren können. Diese aber kann ihr weder
ein willkürlich konstruirtes Ideal, noch eine tote Formelästhetik geben, sondern



Um diese Studie nicht allzuweit auszudehnen, habe ich es unterlassen, mich von den
städtischen Grundstücken zu reden. Es ist augenscheinlich, daß hier der Druck der Bodenrenke
ebenso, wenn nicht stärker, mis uns dem platten Lande wirkt, indem eine weit lebhaftere Nach¬
frage, sowie eine ausgedehnte Spekulation der Besitzer auf Znknnftspreise mit gleicher Kraft
die Preise steigern nud zur äußersten Ausnutzung des Monopols Anlaß geben. Das Ver¬
halten der städtische" Grundstücke ist aber in so vielen Beziehungen eigentümlich, daß sie einer
besondern Behandlung vorbehalten bleiben müsse".

Auswüchsen des Monopols gesteuert, daß der Druck der Grundrente auf die
Wirtschaft beseitigt werden, daß die großen Güter in Bauerustellen umgewandelt
werden müßten; aber daraus folgt noch nicht ohne weiteres die Notwendigkeit,
das Privateigentum an Grund und Boden aufzuheben. Es ließe sich denken,
daß die Kvnftituirung eines staatlichen Obereigentums genügen könnte, den ver¬
derblichen Wirkungen des quiritischen Eigentums zu begegnen, daß den Eigen¬
tümern eine Reihe gesetzlicher Verpflichtungen auferlegt würden, welche die Be¬
stimmung ihrer Güter zur allgemeinen Volksernährung sicherten. Vielleicht
könnte auch ein allgemeines Vorkaufsrecht des Staates sehr nützliche Dienste
leisten, und andres mehr. Dies alles scheint einer umso ernstlicheren Erörterung
zu bedürfen, als zur Zeit die großen Grundbesitzer einen sehr entschiednen Einfluß
auf unsre innere Politik haben, und in dein mittleren und kleinen Besitz kein Ge¬
gengewicht besteht, da diese Eigentümer mit den großen Grundherren wenigstens
teilweise gleichartige Interessen haben oder zu haben vermeinen.

Diskussion also, nicht Agitation möge sich die Liga vorerst zur Aufgabe
stellen. Auf diesem Boden werden wir ihr gern begegnen. Dagegen wird sie
uns nicht zumuten, uns mit ihres Ehrenpräsidenten Nebelbildcrn von Seucheu-
veruichtung, von Svracheuciuheit, von soldpriesterfreier, doginenlvscr Menschheits¬
religion der Selbstversittlichung und Allwvhlspslege nebst obligatem Wohlfahrts-
buude der Nationen mehr zu beschäftigen, als jeder Einzelne von uns in müßigen
Stunden Lust hat, Träumereien nachzuhängen.^)




Die Poetik der Renaissance.

le mau auch über die Alten als Vorbilder einer lebendigen Literatur
denken mag, über ihre Bedeutung für die Kritik werden alle
Wissenden einig sein. Will dieselbe, was doch sicher in ihrem
Begriffe liegt, auf allgemeine Autorität Anspruch erhebe»?, so wird
sie einer Norm nicht entbehren können. Diese aber kann ihr weder
ein willkürlich konstruirtes Ideal, noch eine tote Formelästhetik geben, sondern



Um diese Studie nicht allzuweit auszudehnen, habe ich es unterlassen, mich von den
städtischen Grundstücken zu reden. Es ist augenscheinlich, daß hier der Druck der Bodenrenke
ebenso, wenn nicht stärker, mis uns dem platten Lande wirkt, indem eine weit lebhaftere Nach¬
frage, sowie eine ausgedehnte Spekulation der Besitzer auf Znknnftspreise mit gleicher Kraft
die Preise steigern nud zur äußersten Ausnutzung des Monopols Anlaß geben. Das Ver¬
halten der städtische» Grundstücke ist aber in so vielen Beziehungen eigentümlich, daß sie einer
besondern Behandlung vorbehalten bleiben müsse».
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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/556>, abgerufen am 22.07.2024.