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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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Die deutsche Landliga und ihre Bestrebungen.
Fläche in Qu,-Kelvin,:
Einwohner:
auf dem Qn.-Kikar,:
Länder und Provinzen:
Preußen, Hannover....... 38 425 2 120 168 56
Westpreußen...... 25 503 1405 898 S5
Baiern, Niederbaiern....... 10 759 581 235 54
Preußen, Ostpreußen....... 36 978 1 933 936 52
Pommern....... 30 107 1 540034 51
Waldeck........... 1 121 56 565 50
Baiern, Schwaben ....... 9 812 491 496 50
Oberpfnlz........ 9 659 458 877 47
Mecklenburg-Schiverin...... 13 303 675 140 43
Streich....... 2 929 93 371 34
Baiern. Oberbaiern....... 16 726 655 670 30

Die Länder über hundert Einwohner auf dem Quadratkilometer sind diejenigen
des kleineren und mittleren, die mit weniger als hundert Einwohnern sind diejenigen
des vorzugsweise großen Güterbestandes.

386343,94 Quadratkilometer mit weniger als hundert Einwohnern zählen
22 353410 Einwohner, also durchschnittlich 57,8 auf dem Quadratkilometer.
Dagegen 152 692,90 Quadratkilometer mit mehr als hundert Einwohnern zählen
18 913622 Einwohner oder 123,8 auf dem Quadratkilometer. Der Durchschnitt
sür ganz Deutschland ergiebt 76,5 Einwohner für den Quadratkilometer. Sollte
sich, wie in den vergangenen fünfzig Jahren, die Bolkszahl Deutschlands auch
in dem nächsten halben Jahrhundert verdoppeln, so würden wir im Jahre 1939
achtzig Millionen Einwohner zählen. Der Durchschnitt auf dem Quadratkilo¬
meter würde 153 sein, also bereits die fünfte Stelle unser Tabelle (Rheinland)
übersteigen. Wo sollen diese neuen vierzig Millionen untergebracht, wie solle"?
sie ernährt werden, wenn ein beträchtlicher Teil unsers Landes bei einer Güter¬
verteilung verharrt, bei welcher nur eine verschwindend kleine Zahl von Menschen
kümmerlich Ernährung findet? Man sieht also, daß schon rein rechnerisch ge¬
nommen das System der Latifundien sich auf die Dauer als unmöglich erweist.
Der Dividend bleibt sich gleich, der Divisor wächst unaufhaltsam; das Angebot
vou Gütern bleibt unverändert, die Nachfrage steigt mit der Zunahme der Be¬
völkerung, und wenn das Monopol des Grundeigentums in seiner jetzigen Form
erhalten wird, so muß die Grundrente eine Höhe erreichen, welche unerträglich
wird und mit einem irgend gedeihlichen Zustande der Gesellschaft kaum noch
vereinbar ist.

Gewiß sind dem Großgrundbesitze einige Vorzüge nicht abzusprechen. Er
giebt der Intelligenz in der Bewirtschaftung einen größern Spielraum, kann
Verbesserungen leichter durchführen, kann das Inventar besser ausnutzen, Nebeu-
gewerbe treiben und den kleinern Landwirten zum fördernden Beispiele dienen.
Ob die großen Güter auch Krisen leichter überstehen als die kleinen, wie öfter
behauptet wird, steht dahin, da die Bauern in Kriegszeiten sich viel zäher er¬
wiesen haben als die Großbesitzer und sich nach den Kriegen ohne Staatshilfc
wieder emporzuarbeiten vermochten.


Die deutsche Landliga und ihre Bestrebungen.
Fläche in Qu,-Kelvin,:
Einwohner:
auf dem Qn.-Kikar,:
Länder und Provinzen:
Preußen, Hannover....... 38 425 2 120 168 56
Westpreußen...... 25 503 1405 898 S5
Baiern, Niederbaiern....... 10 759 581 235 54
Preußen, Ostpreußen....... 36 978 1 933 936 52
Pommern....... 30 107 1 540034 51
Waldeck........... 1 121 56 565 50
Baiern, Schwaben ....... 9 812 491 496 50
Oberpfnlz........ 9 659 458 877 47
Mecklenburg-Schiverin...... 13 303 675 140 43
Streich....... 2 929 93 371 34
Baiern. Oberbaiern....... 16 726 655 670 30

Die Länder über hundert Einwohner auf dem Quadratkilometer sind diejenigen
des kleineren und mittleren, die mit weniger als hundert Einwohnern sind diejenigen
des vorzugsweise großen Güterbestandes.

386343,94 Quadratkilometer mit weniger als hundert Einwohnern zählen
22 353410 Einwohner, also durchschnittlich 57,8 auf dem Quadratkilometer.
Dagegen 152 692,90 Quadratkilometer mit mehr als hundert Einwohnern zählen
18 913622 Einwohner oder 123,8 auf dem Quadratkilometer. Der Durchschnitt
sür ganz Deutschland ergiebt 76,5 Einwohner für den Quadratkilometer. Sollte
sich, wie in den vergangenen fünfzig Jahren, die Bolkszahl Deutschlands auch
in dem nächsten halben Jahrhundert verdoppeln, so würden wir im Jahre 1939
achtzig Millionen Einwohner zählen. Der Durchschnitt auf dem Quadratkilo¬
meter würde 153 sein, also bereits die fünfte Stelle unser Tabelle (Rheinland)
übersteigen. Wo sollen diese neuen vierzig Millionen untergebracht, wie solle«?
sie ernährt werden, wenn ein beträchtlicher Teil unsers Landes bei einer Güter¬
verteilung verharrt, bei welcher nur eine verschwindend kleine Zahl von Menschen
kümmerlich Ernährung findet? Man sieht also, daß schon rein rechnerisch ge¬
nommen das System der Latifundien sich auf die Dauer als unmöglich erweist.
Der Dividend bleibt sich gleich, der Divisor wächst unaufhaltsam; das Angebot
vou Gütern bleibt unverändert, die Nachfrage steigt mit der Zunahme der Be¬
völkerung, und wenn das Monopol des Grundeigentums in seiner jetzigen Form
erhalten wird, so muß die Grundrente eine Höhe erreichen, welche unerträglich
wird und mit einem irgend gedeihlichen Zustande der Gesellschaft kaum noch
vereinbar ist.

Gewiß sind dem Großgrundbesitze einige Vorzüge nicht abzusprechen. Er
giebt der Intelligenz in der Bewirtschaftung einen größern Spielraum, kann
Verbesserungen leichter durchführen, kann das Inventar besser ausnutzen, Nebeu-
gewerbe treiben und den kleinern Landwirten zum fördernden Beispiele dienen.
Ob die großen Güter auch Krisen leichter überstehen als die kleinen, wie öfter
behauptet wird, steht dahin, da die Bauern in Kriegszeiten sich viel zäher er¬
wiesen haben als die Großbesitzer und sich nach den Kriegen ohne Staatshilfc
wieder emporzuarbeiten vermochten.


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[0552] Die deutsche Landliga und ihre Bestrebungen. Fläche in Qu,-Kelvin,: Einwohner: auf dem Qn.-Kikar,: Länder und Provinzen: Preußen, Hannover....... 38 425 2 120 168 56 Westpreußen...... 25 503 1405 898 S5 Baiern, Niederbaiern....... 10 759 581 235 54 Preußen, Ostpreußen....... 36 978 1 933 936 52 Pommern....... 30 107 1 540034 51 Waldeck........... 1 121 56 565 50 Baiern, Schwaben ....... 9 812 491 496 50 Oberpfnlz........ 9 659 458 877 47 Mecklenburg-Schiverin...... 13 303 675 140 43 Streich....... 2 929 93 371 34 Baiern. Oberbaiern....... 16 726 655 670 30 Die Länder über hundert Einwohner auf dem Quadratkilometer sind diejenigen des kleineren und mittleren, die mit weniger als hundert Einwohnern sind diejenigen des vorzugsweise großen Güterbestandes. 386343,94 Quadratkilometer mit weniger als hundert Einwohnern zählen 22 353410 Einwohner, also durchschnittlich 57,8 auf dem Quadratkilometer. Dagegen 152 692,90 Quadratkilometer mit mehr als hundert Einwohnern zählen 18 913622 Einwohner oder 123,8 auf dem Quadratkilometer. Der Durchschnitt sür ganz Deutschland ergiebt 76,5 Einwohner für den Quadratkilometer. Sollte sich, wie in den vergangenen fünfzig Jahren, die Bolkszahl Deutschlands auch in dem nächsten halben Jahrhundert verdoppeln, so würden wir im Jahre 1939 achtzig Millionen Einwohner zählen. Der Durchschnitt auf dem Quadratkilo¬ meter würde 153 sein, also bereits die fünfte Stelle unser Tabelle (Rheinland) übersteigen. Wo sollen diese neuen vierzig Millionen untergebracht, wie solle«? sie ernährt werden, wenn ein beträchtlicher Teil unsers Landes bei einer Güter¬ verteilung verharrt, bei welcher nur eine verschwindend kleine Zahl von Menschen kümmerlich Ernährung findet? Man sieht also, daß schon rein rechnerisch ge¬ nommen das System der Latifundien sich auf die Dauer als unmöglich erweist. Der Dividend bleibt sich gleich, der Divisor wächst unaufhaltsam; das Angebot vou Gütern bleibt unverändert, die Nachfrage steigt mit der Zunahme der Be¬ völkerung, und wenn das Monopol des Grundeigentums in seiner jetzigen Form erhalten wird, so muß die Grundrente eine Höhe erreichen, welche unerträglich wird und mit einem irgend gedeihlichen Zustande der Gesellschaft kaum noch vereinbar ist. Gewiß sind dem Großgrundbesitze einige Vorzüge nicht abzusprechen. Er giebt der Intelligenz in der Bewirtschaftung einen größern Spielraum, kann Verbesserungen leichter durchführen, kann das Inventar besser ausnutzen, Nebeu- gewerbe treiben und den kleinern Landwirten zum fördernden Beispiele dienen. Ob die großen Güter auch Krisen leichter überstehen als die kleinen, wie öfter behauptet wird, steht dahin, da die Bauern in Kriegszeiten sich viel zäher er¬ wiesen haben als die Großbesitzer und sich nach den Kriegen ohne Staatshilfc wieder emporzuarbeiten vermochten.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/552>, abgerufen am 22.07.2024.