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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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Die deutsche Landliga "ut ihre Bestrebungen,

Die Mitglieder des Koalitionsministeriums vertrugen sich nicht lange mit¬
einander, und als die Versuche der Konserdativen, Zankow zu stürzen, gescheitert
waren, weil der Fürst und die Mehrheit des Sobrcmje mit ihm gingen, nahmen
Stvilow und Natschvwitsch ihre Entlassung, und Grckvw trat ebenfalls ins
Privatleben zurück. Aber bald erwuchs dem Ministerpräsidenten in Karawclow,
der ans Philippopel zurückgekehrt war und die Radikalen um sich sammelte,
um Zcmkows gemäßigte Politik zu bekämpfen, ein neuer Gegner. Das So-
brcmje hatte beschlossen, die Volksvertretung solle in Zukunft aus zwei Kammern
bestehen, und war dann am 6. Januar 1884 geschlossen worden. Durch Mas
wurden die Neuwahlen für den 27. Mai ausgeschrieben, und Karawclow und
Slawejkow agitirten mit allen Mitteln für den Sieg ihrer Partei, indem sie
das Losungswort: "Die unbefleckte Verfassung von Tiruowo" ausgaben und
für den Fall, daß sie ans Nuder kämen, die Aufhebung aller Gesetze, welche
dieser zuwiderliefen, versprachen. Zu ihrem Agitationsapparat gehörte auch
der Prügel, lind es gab bei den Abstimmungen nicht wenig blutige Köpfe und
selbst Tote. Dennoch waren die Anhänger Zankows und Karawelvws, als
die Sitzung des Sobranje am 27. Juni zu Tirnowo eröffnet wurde, ungefähr
gleich stark in ihm vertreten, und erst als es gelang, den Demagogen Stcnn-
bnlow, der früher Nihilist, dann Zankowist gewesen war, mit seinem Anhang in
das Lager der Radikalen herüberzuziehen, erlangten diese die Majorität, und
Karawelow hatte, was er wollte. Der Fürst entließ Zankow und ernannte am
30. Juni den Führer der Radikalen zum Ministerpräsidenten. Mit Rußland
stand Alexander I. mich wie vor ans schlechtem Fuße. Vergebens erbot er sich,
nach Petersburg zu kommen und sich zu rechtfertige", die Antwort des Zaren
war Schweige". Der neue Kriegsminister Kantccknzen entfernte auch die letzte"
russischen Offiziere, die sich dem Fürsten zugewendet hatten, und dieser wagte
leinen Einspruch. Das einzige, womit man ihn erfreute, war die Ersetzung
Jonins durch den Staatsrat Kojander, der aber auch ein unbequemer Gast war.




T>le deutsche Landliga und ihre Bestrebungen-
(Schlich.)

cum auch die natürliche Bestimmung des Bodens eines Landes
die Ernährung seiner Bevölkerung ist, so vermochte England auf
diesen Zweck in ziemlich ausgedehntem Maße zu verzichten, zu
einer Zeit, in welcher -- nach dem Abfalle der Neu-England-
staciten -- es beinahe zur unbestrittenen Herrschaft im Welt¬
handel gelangt war. Seine arbeitenden Klassen fanden hinreichende und


Die deutsche Landliga »ut ihre Bestrebungen,

Die Mitglieder des Koalitionsministeriums vertrugen sich nicht lange mit¬
einander, und als die Versuche der Konserdativen, Zankow zu stürzen, gescheitert
waren, weil der Fürst und die Mehrheit des Sobrcmje mit ihm gingen, nahmen
Stvilow und Natschvwitsch ihre Entlassung, und Grckvw trat ebenfalls ins
Privatleben zurück. Aber bald erwuchs dem Ministerpräsidenten in Karawclow,
der ans Philippopel zurückgekehrt war und die Radikalen um sich sammelte,
um Zcmkows gemäßigte Politik zu bekämpfen, ein neuer Gegner. Das So-
brcmje hatte beschlossen, die Volksvertretung solle in Zukunft aus zwei Kammern
bestehen, und war dann am 6. Januar 1884 geschlossen worden. Durch Mas
wurden die Neuwahlen für den 27. Mai ausgeschrieben, und Karawclow und
Slawejkow agitirten mit allen Mitteln für den Sieg ihrer Partei, indem sie
das Losungswort: „Die unbefleckte Verfassung von Tiruowo" ausgaben und
für den Fall, daß sie ans Nuder kämen, die Aufhebung aller Gesetze, welche
dieser zuwiderliefen, versprachen. Zu ihrem Agitationsapparat gehörte auch
der Prügel, lind es gab bei den Abstimmungen nicht wenig blutige Köpfe und
selbst Tote. Dennoch waren die Anhänger Zankows und Karawelvws, als
die Sitzung des Sobranje am 27. Juni zu Tirnowo eröffnet wurde, ungefähr
gleich stark in ihm vertreten, und erst als es gelang, den Demagogen Stcnn-
bnlow, der früher Nihilist, dann Zankowist gewesen war, mit seinem Anhang in
das Lager der Radikalen herüberzuziehen, erlangten diese die Majorität, und
Karawelow hatte, was er wollte. Der Fürst entließ Zankow und ernannte am
30. Juni den Führer der Radikalen zum Ministerpräsidenten. Mit Rußland
stand Alexander I. mich wie vor ans schlechtem Fuße. Vergebens erbot er sich,
nach Petersburg zu kommen und sich zu rechtfertige», die Antwort des Zaren
war Schweige». Der neue Kriegsminister Kantccknzen entfernte auch die letzte»
russischen Offiziere, die sich dem Fürsten zugewendet hatten, und dieser wagte
leinen Einspruch. Das einzige, womit man ihn erfreute, war die Ersetzung
Jonins durch den Staatsrat Kojander, der aber auch ein unbequemer Gast war.




T>le deutsche Landliga und ihre Bestrebungen-
(Schlich.)

cum auch die natürliche Bestimmung des Bodens eines Landes
die Ernährung seiner Bevölkerung ist, so vermochte England auf
diesen Zweck in ziemlich ausgedehntem Maße zu verzichten, zu
einer Zeit, in welcher — nach dem Abfalle der Neu-England-
staciten — es beinahe zur unbestrittenen Herrschaft im Welt¬
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[0544] Die deutsche Landliga »ut ihre Bestrebungen, Die Mitglieder des Koalitionsministeriums vertrugen sich nicht lange mit¬ einander, und als die Versuche der Konserdativen, Zankow zu stürzen, gescheitert waren, weil der Fürst und die Mehrheit des Sobrcmje mit ihm gingen, nahmen Stvilow und Natschvwitsch ihre Entlassung, und Grckvw trat ebenfalls ins Privatleben zurück. Aber bald erwuchs dem Ministerpräsidenten in Karawclow, der ans Philippopel zurückgekehrt war und die Radikalen um sich sammelte, um Zcmkows gemäßigte Politik zu bekämpfen, ein neuer Gegner. Das So- brcmje hatte beschlossen, die Volksvertretung solle in Zukunft aus zwei Kammern bestehen, und war dann am 6. Januar 1884 geschlossen worden. Durch Mas wurden die Neuwahlen für den 27. Mai ausgeschrieben, und Karawclow und Slawejkow agitirten mit allen Mitteln für den Sieg ihrer Partei, indem sie das Losungswort: „Die unbefleckte Verfassung von Tiruowo" ausgaben und für den Fall, daß sie ans Nuder kämen, die Aufhebung aller Gesetze, welche dieser zuwiderliefen, versprachen. Zu ihrem Agitationsapparat gehörte auch der Prügel, lind es gab bei den Abstimmungen nicht wenig blutige Köpfe und selbst Tote. Dennoch waren die Anhänger Zankows und Karawelvws, als die Sitzung des Sobranje am 27. Juni zu Tirnowo eröffnet wurde, ungefähr gleich stark in ihm vertreten, und erst als es gelang, den Demagogen Stcnn- bnlow, der früher Nihilist, dann Zankowist gewesen war, mit seinem Anhang in das Lager der Radikalen herüberzuziehen, erlangten diese die Majorität, und Karawelow hatte, was er wollte. Der Fürst entließ Zankow und ernannte am 30. Juni den Führer der Radikalen zum Ministerpräsidenten. Mit Rußland stand Alexander I. mich wie vor ans schlechtem Fuße. Vergebens erbot er sich, nach Petersburg zu kommen und sich zu rechtfertige», die Antwort des Zaren war Schweige». Der neue Kriegsminister Kantccknzen entfernte auch die letzte» russischen Offiziere, die sich dem Fürsten zugewendet hatten, und dieser wagte leinen Einspruch. Das einzige, womit man ihn erfreute, war die Ersetzung Jonins durch den Staatsrat Kojander, der aber auch ein unbequemer Gast war. T>le deutsche Landliga und ihre Bestrebungen- (Schlich.) cum auch die natürliche Bestimmung des Bodens eines Landes die Ernährung seiner Bevölkerung ist, so vermochte England auf diesen Zweck in ziemlich ausgedehntem Maße zu verzichten, zu einer Zeit, in welcher — nach dem Abfalle der Neu-England- staciten — es beinahe zur unbestrittenen Herrschaft im Welt¬ handel gelangt war. Seine arbeitenden Klassen fanden hinreichende und

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/544>, abgerufen am 22.07.2024.