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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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Mallenftems erstes Genercilat.

ihn auch zum Gencralwachtmeister; "im Fall einige Offizier bei dieser (der
kaiserlichen) Armada vorhanden -- schrieb er darauf an Maximilian --, so sich
in dcroselben Dienste zu begeben Willens und darin befördert werden wollten,"
würde er sie auch nicht daran hindern.

Die Armee, durch deren Bildung Wallenstein in erster Linie seine persön¬
liche Macht begründet hat und durch die er mit einem Schlage der mächtigste
Mann Österreichs, binnen wenigen Jahren ganz Deutschlands wurde, betrachtete
er als seiner alleinigen Herrschaft unterworfen, ohne daß hierfür die bei seiner
Anstellung erlassene "Instruktion" irgendwelchen Anhalt bot. Auf seinen und
seiner Obersten Namen war das Heer geworben, für dessen Unterhalt gewährte
er angeblich immer neue Vorschüsse, der Kaiser wurde von Tag zu Tage mehr
sein Schuldner. Jedermann am kaiserlichen Hofe wußte, daß der Herzog das
Heer nicht aus seinem eignen Vermögen besoldete, sondern aus den erhobenen
Kontributionen, aber da er allein fähig erschien, dem Kaiser, ohne eine regel¬
mäßige Unterstützung zu empfangen, eine Armee zu erhalten, wagte man nicht
dieser Übervorteilung ein Ende zu machen. "Ich kann dem Wunsche des Herrn
von Tilly nicht nachkommen, das Heer gehört mir (<zuo8to o88öroiw ö nrio)
und wie ich es allein zustande gebracht habe, so will ich auch nach meinem
Belieben darüber verfügen" -- mit diesen Worten lehnte Wallenstein 1626 eine
von dem ligistischen General erbetene Hilfeleistung ab. Graf Harrach, Wallen-
steins Schwiegervater, sagte eines Tages dem Kaiser ins Gesicht: "Wenn Seine
Majestät das Heer des Herzogs als sein eigenes betrachten wolle, so müsse er
seine Forderungen befriedigen" (obo so volövs, L. N. eus esvroito äst One"
tusLö suo, eus 6ra, Q"ze,<ZWg,rin> ob" A'ki ässsv LaciZiLlÄttiemL). "Der Herzog von
Friedland ist -- so schreibt der spanische Gesandte nach Madrid -- der Gebieter über
das ganze kaiserliche Heer, er besetzt alle Chargen, er wirbt neue Regimenter,
macht neue Oberste und weist die Quartiere im Reiche den Einzelnen nach seinem
Belieben an. Dem Kaiser bleibt keine andre Befugnis, als den Herzog um das
zu ersuchen, was er eben will, und dabei findet er nicht immer Gehör." Und
wieder: "Der Herzog ist jetzt der alleinige Gebieter und läßt dem Kaiser kaum
etwas andres als den Titel. Er erklärt sich -- fährt der Gesandte bezeichnend
fort -- zwar stets als den treuesten Diener der kaiserlichen Familie und ist es
thatsächlich, aber doch nur, wenn man ihn die absolute Gewalt, wie er sie jetzt
inne hat, noch weiter handhaben läßt. Bei dem geringsten Widerspruch gegen
seine Pläne giebt es keine Sicherheit wider ihn, denn seine Naturanlage ist ebenso
furchtbar wie unbeständig, da er nicht einmal sich selbst zu beherrschen weiß."

In Bingen wurde nnter anderm über Wallensteins gefährliche Anschlüge
beraten, welche soweit gediehen seien, daß es "nunmehr fast das Ansehen hat,
als seien Ihre Kaiserliche Majestät derselben nicht mehr mächtig"; ja die kur¬
fürstlichen Gesandten sollten dem Kaiser in der Audienz erklären, "die Kurfürsten
müßten wahrnehmen, daß Kaiserliche Majestät ihres Feldhauptmcums zum Ge-


Mallenftems erstes Genercilat.

ihn auch zum Gencralwachtmeister; „im Fall einige Offizier bei dieser (der
kaiserlichen) Armada vorhanden — schrieb er darauf an Maximilian —, so sich
in dcroselben Dienste zu begeben Willens und darin befördert werden wollten,"
würde er sie auch nicht daran hindern.

Die Armee, durch deren Bildung Wallenstein in erster Linie seine persön¬
liche Macht begründet hat und durch die er mit einem Schlage der mächtigste
Mann Österreichs, binnen wenigen Jahren ganz Deutschlands wurde, betrachtete
er als seiner alleinigen Herrschaft unterworfen, ohne daß hierfür die bei seiner
Anstellung erlassene „Instruktion" irgendwelchen Anhalt bot. Auf seinen und
seiner Obersten Namen war das Heer geworben, für dessen Unterhalt gewährte
er angeblich immer neue Vorschüsse, der Kaiser wurde von Tag zu Tage mehr
sein Schuldner. Jedermann am kaiserlichen Hofe wußte, daß der Herzog das
Heer nicht aus seinem eignen Vermögen besoldete, sondern aus den erhobenen
Kontributionen, aber da er allein fähig erschien, dem Kaiser, ohne eine regel¬
mäßige Unterstützung zu empfangen, eine Armee zu erhalten, wagte man nicht
dieser Übervorteilung ein Ende zu machen. „Ich kann dem Wunsche des Herrn
von Tilly nicht nachkommen, das Heer gehört mir (<zuo8to o88öroiw ö nrio)
und wie ich es allein zustande gebracht habe, so will ich auch nach meinem
Belieben darüber verfügen" — mit diesen Worten lehnte Wallenstein 1626 eine
von dem ligistischen General erbetene Hilfeleistung ab. Graf Harrach, Wallen-
steins Schwiegervater, sagte eines Tages dem Kaiser ins Gesicht: „Wenn Seine
Majestät das Heer des Herzogs als sein eigenes betrachten wolle, so müsse er
seine Forderungen befriedigen" (obo so volövs, L. N. eus esvroito äst One»
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Friedland ist — so schreibt der spanische Gesandte nach Madrid — der Gebieter über
das ganze kaiserliche Heer, er besetzt alle Chargen, er wirbt neue Regimenter,
macht neue Oberste und weist die Quartiere im Reiche den Einzelnen nach seinem
Belieben an. Dem Kaiser bleibt keine andre Befugnis, als den Herzog um das
zu ersuchen, was er eben will, und dabei findet er nicht immer Gehör." Und
wieder: „Der Herzog ist jetzt der alleinige Gebieter und läßt dem Kaiser kaum
etwas andres als den Titel. Er erklärt sich — fährt der Gesandte bezeichnend
fort — zwar stets als den treuesten Diener der kaiserlichen Familie und ist es
thatsächlich, aber doch nur, wenn man ihn die absolute Gewalt, wie er sie jetzt
inne hat, noch weiter handhaben läßt. Bei dem geringsten Widerspruch gegen
seine Pläne giebt es keine Sicherheit wider ihn, denn seine Naturanlage ist ebenso
furchtbar wie unbeständig, da er nicht einmal sich selbst zu beherrschen weiß."

In Bingen wurde nnter anderm über Wallensteins gefährliche Anschlüge
beraten, welche soweit gediehen seien, daß es „nunmehr fast das Ansehen hat,
als seien Ihre Kaiserliche Majestät derselben nicht mehr mächtig"; ja die kur¬
fürstlichen Gesandten sollten dem Kaiser in der Audienz erklären, „die Kurfürsten
müßten wahrnehmen, daß Kaiserliche Majestät ihres Feldhauptmcums zum Ge-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/470>, abgerufen am 23.07.2024.