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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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wallensteins erstes Generalat.

hat aus diesem schmutzigen Geschäft in den ersten zwei Monaten infolge deo
Betruges 262 249 Gulden mehr erhalten, als er rechtmäßigerweise beziehen
sollte; wie hoch sich sein Gewinn später belief. ist nicht mehr bestimmt nach¬
zuweisen.

^
Die Ergebnisse der folgenden Kapitel betreffen, um dies vorauszuschicken,
namentlich die Zustände im Heere, dann Wallensteins Verhältnis zu den nord¬
deutschen Fürsten und zur Liga. Einige Mitteilungen mögen zeigen, welche
reichen Aufschlüsse das Werk über Persönlichkeiten und Verhältnisse bringt. Der
Kaiser hatte in Wallensteins "Instruktion" bestimmt, daß die Städte und Land¬
schaften, welche sich Dänemark angeschlossen hätten, zu eiuer Kontribution an¬
gehalten werden sollten, doch sollte darüber "die kaiserliche Resolution erwartet"
werden. In eroberten Städten sei es dem Feldhauptmcmne ohne weiteres ge¬
stattet, "zur Erhaltung der Soldateska leidenliche Contributiones und Anlagen
zu machen." doch sollte das "fleißig verzeichnet" und den Soldaten an der
Löhnung abgezogen werden, damit der Kaiser an "den Kriegskosten desto geringer
tragen und mit der Bezahlung folgen" könne. Trotz der ungeheuern Summen,
welche Wallenstein erhoben hat - die Grafschaft Schwarzburg-Sondershausen
und -Rudolstadt allem entrichtete vom Oktober 1625 bis zum September 1627
1271 999 Gulden Kontribution läßt sich doch nicht ein einzigesmal nach¬
weisen, daß er die kaiserliche Erlaubnis eingeholt oder über die erhobenen Gelder
Rechenschaft abgelegt habe. Es war kein Wunder. daß die Menschen .Haus und
Hof verließen, weil sie die aufgebürdeten Lieferungen nicht leisten konnten. In
der Stadt Halberstadt stände" nach einem Berichte des kursächsischen Gesandten
Lebzelter im Jahre 1629 bei 530 Häuser leer, in Stendal zählte man im Marz
1627 561 verlassene Häuser.

Welche Höhe Wallensteins Anforderungen hatten, erkennt man erst, wenn
wan die von Wallenstein in dieser Zeit erlassenen ., Verpflegungsordnungcn"
Erlasse, welche die Geldzahlungen und die Naturalicnlieferuugen feststellten -
mit den Tillyschen vergleicht. Die Ansätze für die Verpflegung des gemeinen
Mannes sind dieselben. 1^ bis, 2 Pfund Fleisch. 2 Pfund Brot und 2 Maß
Vier täglich, dagegen wurde für die höher" Offiziere des kaiserlichen Heeres
eine vier- bis fünfmal größere Verpflegn"gssnmme angesetzt als für die ligistischen.
Im Februar 1627 berichtet Tilly dem Kurfürsten von Baiern, daß täglich
Offiziere und gemeine Knechte der ligistischm Armee zu der friedländischeu
..sinnend zu laufen pflegen; denn da ein Rittmeister und Hauptmann nach meiner
aufgerichteten Vcrpflegnngsordonanz bei dieser Armee wöchentlich etwann auf
28 und 25 Thaler kommbt, so kanns einer bei der fricdländischen ans 200 Thaler
und darüber bringen." Einige Tage später schreibt er Maximilian in derselben
Angelegenheit: "Zu geschweigen. was uf seiue. des Herrn Herzogen Person in
v-irtieulMi gangen ist, so werden sich unter den kaiserl. Obristen auch ge¬
wißlich sehr wenig befinden, welche ihnen wöchentlich mit den Co"tributionen


wallensteins erstes Generalat.

hat aus diesem schmutzigen Geschäft in den ersten zwei Monaten infolge deo
Betruges 262 249 Gulden mehr erhalten, als er rechtmäßigerweise beziehen
sollte; wie hoch sich sein Gewinn später belief. ist nicht mehr bestimmt nach¬
zuweisen.

^
Die Ergebnisse der folgenden Kapitel betreffen, um dies vorauszuschicken,
namentlich die Zustände im Heere, dann Wallensteins Verhältnis zu den nord¬
deutschen Fürsten und zur Liga. Einige Mitteilungen mögen zeigen, welche
reichen Aufschlüsse das Werk über Persönlichkeiten und Verhältnisse bringt. Der
Kaiser hatte in Wallensteins „Instruktion" bestimmt, daß die Städte und Land¬
schaften, welche sich Dänemark angeschlossen hätten, zu eiuer Kontribution an¬
gehalten werden sollten, doch sollte darüber „die kaiserliche Resolution erwartet"
werden. In eroberten Städten sei es dem Feldhauptmcmne ohne weiteres ge¬
stattet, „zur Erhaltung der Soldateska leidenliche Contributiones und Anlagen
zu machen." doch sollte das „fleißig verzeichnet" und den Soldaten an der
Löhnung abgezogen werden, damit der Kaiser an „den Kriegskosten desto geringer
tragen und mit der Bezahlung folgen" könne. Trotz der ungeheuern Summen,
welche Wallenstein erhoben hat - die Grafschaft Schwarzburg-Sondershausen
und -Rudolstadt allem entrichtete vom Oktober 1625 bis zum September 1627
1271 999 Gulden Kontribution läßt sich doch nicht ein einzigesmal nach¬
weisen, daß er die kaiserliche Erlaubnis eingeholt oder über die erhobenen Gelder
Rechenschaft abgelegt habe. Es war kein Wunder. daß die Menschen .Haus und
Hof verließen, weil sie die aufgebürdeten Lieferungen nicht leisten konnten. In
der Stadt Halberstadt stände» nach einem Berichte des kursächsischen Gesandten
Lebzelter im Jahre 1629 bei 530 Häuser leer, in Stendal zählte man im Marz
1627 561 verlassene Häuser.

Welche Höhe Wallensteins Anforderungen hatten, erkennt man erst, wenn
wan die von Wallenstein in dieser Zeit erlassenen ., Verpflegungsordnungcn"
Erlasse, welche die Geldzahlungen und die Naturalicnlieferuugen feststellten -
mit den Tillyschen vergleicht. Die Ansätze für die Verpflegung des gemeinen
Mannes sind dieselben. 1^ bis, 2 Pfund Fleisch. 2 Pfund Brot und 2 Maß
Vier täglich, dagegen wurde für die höher« Offiziere des kaiserlichen Heeres
eine vier- bis fünfmal größere Verpflegn»gssnmme angesetzt als für die ligistischen.
Im Februar 1627 berichtet Tilly dem Kurfürsten von Baiern, daß täglich
Offiziere und gemeine Knechte der ligistischm Armee zu der friedländischeu
..sinnend zu laufen pflegen; denn da ein Rittmeister und Hauptmann nach meiner
aufgerichteten Vcrpflegnngsordonanz bei dieser Armee wöchentlich etwann auf
28 und 25 Thaler kommbt, so kanns einer bei der fricdländischen ans 200 Thaler
und darüber bringen." Einige Tage später schreibt er Maximilian in derselben
Angelegenheit: „Zu geschweigen. was uf seiue. des Herrn Herzogen Person in
v-irtieulMi gangen ist, so werden sich unter den kaiserl. Obristen auch ge¬
wißlich sehr wenig befinden, welche ihnen wöchentlich mit den Co»tributionen


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/467>, abgerufen am 03.07.2024.