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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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Literatur.

Prasselte, und Therese wurde angestellt, das Rösten der Semmelscheibchen zu
überwachen, während Fräulein Karoline sich flink und geräuschlos hin und her
bewegte. Die Damen kamen bald in ein eifriges Gespräch. Zuerst war die
Rede vou den "lieben Kleinen," dann folgten die weitern Hausgenossen, die
Fräulein Dusele von A bis Z gründlich zu kennen schien. Die junge Frau hatte
sich noch niemals so vertraulich ausgesprochen.

Und was sagen Sie zu unserm guten Baron Georg? fragte Karoline.

Ich -- ach wie sollte ich. Therese schien beunruhigt. Ich dürfte mir doch
niemals erlauben, über ihn zu urteilen. Er ist so --

So? -- Lassen Sie nur die Semmel nicht anbrennen!

Nun ja; anders ist er als andre Menschen.

Und woran liegt das?

Ich weiß es nicht.

Er ist klug.

O, das ist es nicht, was ich meine. Das möchte er sein, ohne daß ich
es gewahr würde; aber ich glaube, er ist so gut wie wenig andre.

Karoline sah nachdenklich zu Therese hinüber. Diese senkte den Kopf, und
die laugen, braunen Wimpern warfen feine Schatten auf das zartdurchsichtige
Gesicht.

Würden Sie immer seinem Rate folgen? forschte Fräulein Dusele.

Ja, war die Antwort, und sie klang wie ein Eidschwur,

Wenn er nun aber nicht so gut wäre, wie Sie denken?

Therese sah erstaunt auf, lächelte aber gleich darauf und sagte nur: Sie
scherzen.

Aber als die Gäste später wieder fortfuhren, schaute Fräulein Karoline
ihnen kopfschüttelnd nach. Jeremias, sagte sie zu ihrem Bruder, diese Sache
scheint mir doch nicht im rechten Gange. So wie ich die Niffelshciusen kenne,
kann das einen Sturm geben. (Fortsetzung folgt.)




Literatur.
Schloss Hohenburg imJscirthal von Natalie Freiin von Stackelberg. Heidelberg,
C, Winter, 1886.

Die Feierlichkeiten bei der Vermählung der nassauischen Prinzessin Hilda mit dem
Ervgroßhcrzog von Baden, welche im Herbste vorigen Jahres (20. September 1885)
auf dein schön gelegenen Schlosse Hohenburg stattfanden, gaben der bekannten Ver¬
fasserin den Anlaß, diese historische Skizze des bemerkenswerten Schlosses zu ent¬
werfen, welche weitern Kreisen interessant sein wird. Es war ihr dabei durch die
Erlaubnis des Herzogs von Nassau ermöglicht, eine "mit staunenswertem Sammel¬
eifer nach beglaubigten Urkunde" zusammengestellte" Chronik der Hofmark Hohen¬
burg im Jsarthal zu benutzen, welche Stephan Glvnner, Benefizinmsverweser von


Literatur.

Prasselte, und Therese wurde angestellt, das Rösten der Semmelscheibchen zu
überwachen, während Fräulein Karoline sich flink und geräuschlos hin und her
bewegte. Die Damen kamen bald in ein eifriges Gespräch. Zuerst war die
Rede vou den „lieben Kleinen," dann folgten die weitern Hausgenossen, die
Fräulein Dusele von A bis Z gründlich zu kennen schien. Die junge Frau hatte
sich noch niemals so vertraulich ausgesprochen.

Und was sagen Sie zu unserm guten Baron Georg? fragte Karoline.

Ich — ach wie sollte ich. Therese schien beunruhigt. Ich dürfte mir doch
niemals erlauben, über ihn zu urteilen. Er ist so —

So? — Lassen Sie nur die Semmel nicht anbrennen!

Nun ja; anders ist er als andre Menschen.

Und woran liegt das?

Ich weiß es nicht.

Er ist klug.

O, das ist es nicht, was ich meine. Das möchte er sein, ohne daß ich
es gewahr würde; aber ich glaube, er ist so gut wie wenig andre.

Karoline sah nachdenklich zu Therese hinüber. Diese senkte den Kopf, und
die laugen, braunen Wimpern warfen feine Schatten auf das zartdurchsichtige
Gesicht.

Würden Sie immer seinem Rate folgen? forschte Fräulein Dusele.

Ja, war die Antwort, und sie klang wie ein Eidschwur,

Wenn er nun aber nicht so gut wäre, wie Sie denken?

Therese sah erstaunt auf, lächelte aber gleich darauf und sagte nur: Sie
scherzen.

Aber als die Gäste später wieder fortfuhren, schaute Fräulein Karoline
ihnen kopfschüttelnd nach. Jeremias, sagte sie zu ihrem Bruder, diese Sache
scheint mir doch nicht im rechten Gange. So wie ich die Niffelshciusen kenne,
kann das einen Sturm geben. (Fortsetzung folgt.)




Literatur.
Schloss Hohenburg imJscirthal von Natalie Freiin von Stackelberg. Heidelberg,
C, Winter, 1886.

Die Feierlichkeiten bei der Vermählung der nassauischen Prinzessin Hilda mit dem
Ervgroßhcrzog von Baden, welche im Herbste vorigen Jahres (20. September 1885)
auf dein schön gelegenen Schlosse Hohenburg stattfanden, gaben der bekannten Ver¬
fasserin den Anlaß, diese historische Skizze des bemerkenswerten Schlosses zu ent¬
werfen, welche weitern Kreisen interessant sein wird. Es war ihr dabei durch die
Erlaubnis des Herzogs von Nassau ermöglicht, eine „mit staunenswertem Sammel¬
eifer nach beglaubigten Urkunde» zusammengestellte" Chronik der Hofmark Hohen¬
burg im Jsarthal zu benutzen, welche Stephan Glvnner, Benefizinmsverweser von


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[0437] Literatur. Prasselte, und Therese wurde angestellt, das Rösten der Semmelscheibchen zu überwachen, während Fräulein Karoline sich flink und geräuschlos hin und her bewegte. Die Damen kamen bald in ein eifriges Gespräch. Zuerst war die Rede vou den „lieben Kleinen," dann folgten die weitern Hausgenossen, die Fräulein Dusele von A bis Z gründlich zu kennen schien. Die junge Frau hatte sich noch niemals so vertraulich ausgesprochen. Und was sagen Sie zu unserm guten Baron Georg? fragte Karoline. Ich — ach wie sollte ich. Therese schien beunruhigt. Ich dürfte mir doch niemals erlauben, über ihn zu urteilen. Er ist so — So? — Lassen Sie nur die Semmel nicht anbrennen! Nun ja; anders ist er als andre Menschen. Und woran liegt das? Ich weiß es nicht. Er ist klug. O, das ist es nicht, was ich meine. Das möchte er sein, ohne daß ich es gewahr würde; aber ich glaube, er ist so gut wie wenig andre. Karoline sah nachdenklich zu Therese hinüber. Diese senkte den Kopf, und die laugen, braunen Wimpern warfen feine Schatten auf das zartdurchsichtige Gesicht. Würden Sie immer seinem Rate folgen? forschte Fräulein Dusele. Ja, war die Antwort, und sie klang wie ein Eidschwur, Wenn er nun aber nicht so gut wäre, wie Sie denken? Therese sah erstaunt auf, lächelte aber gleich darauf und sagte nur: Sie scherzen. Aber als die Gäste später wieder fortfuhren, schaute Fräulein Karoline ihnen kopfschüttelnd nach. Jeremias, sagte sie zu ihrem Bruder, diese Sache scheint mir doch nicht im rechten Gange. So wie ich die Niffelshciusen kenne, kann das einen Sturm geben. (Fortsetzung folgt.) Literatur. Schloss Hohenburg imJscirthal von Natalie Freiin von Stackelberg. Heidelberg, C, Winter, 1886. Die Feierlichkeiten bei der Vermählung der nassauischen Prinzessin Hilda mit dem Ervgroßhcrzog von Baden, welche im Herbste vorigen Jahres (20. September 1885) auf dein schön gelegenen Schlosse Hohenburg stattfanden, gaben der bekannten Ver¬ fasserin den Anlaß, diese historische Skizze des bemerkenswerten Schlosses zu ent¬ werfen, welche weitern Kreisen interessant sein wird. Es war ihr dabei durch die Erlaubnis des Herzogs von Nassau ermöglicht, eine „mit staunenswertem Sammel¬ eifer nach beglaubigten Urkunde» zusammengestellte" Chronik der Hofmark Hohen¬ burg im Jsarthal zu benutzen, welche Stephan Glvnner, Benefizinmsverweser von

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/437>, abgerufen am 03.07.2024.