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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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ist das Wasser von großer Tiefe, aus dem sich die Ufer größtenteils schroff er^
heben- Dieselben sind mit dichter Vegetation bedeckt- Kokosnußpalmen, Kasua¬
rinen, andre Waldbäume und Farren, zwischen denen prächtige Blumen in Menge
blühen, bilde" ti.> Flora dieses Archipels- Dagegen scheint derselbe keine andern
einheimischen Säugetiere als Ratten zu besitzen, und die Vogelwelt ist hier weit
weniger mannichfaltig als auf deu Sälomonsinseln und auf Neukaledonien. Die
menschlichen Bewohner der Neuhebriden sind von Insel zu Insel wesentlich ver¬
schieden von einander und tragen alle Merkmale einer Mischung von zwei oder
mehr Rassen an sich. Man hört hier wenigstens zwanzig verschiedne Sprachen,
nicht bloße Dialekte, und ans der Insel Tanna allein giebt es deren sechs-
Diese Insulaner haben auch eine" verschiednen Charakter. Ans Annitrnm zeigten
sie sich sauft und gelehrig, sodaß es gelang, sie zum Christeutume zu bekehre"
und ihnen einige Gesittung beizubringen. Auf den meisten andern Inseln da¬
gegen soll das Volk sehr reizbar und treulos sein, doch ist dabei zu bemerken,
daß die Leute von den europäischen und australischen Sandelhvlzsammlern und
Arbeiterfängern oft schlecht behandelt worden sind. Fast auf allen Inseln herrscht
Menschenfresserei, offen und insgeheim. Die Wilden bedienen sich in ihren
Fehden jetzt zum Teil schon der Feuerwaffe", gewöhnlich aber der Keine und
des Speeres; Bogen und Pfeile sind gleichfalls im Gebrauche.

Die Ereignisse, welche die Neuhebriden vor kurzem in Enropa ans die
Tagesordnung beachten, wäre" folgende. In der ersten Woche des Juni gelangte
die Nachricht nach London, französische Truppen hätten ans einer dieser Inseln
die Flagge Frankreichs aufgehißt, und mau faßte das so auf, als sei damit
vonseiten des letztern von den Neuhebriden Besitz genommen worden, während
doch zwischen ihm und England ein diplomatisches Übereinkommen bestehe,
welches die Unabhängigkeit jener Inseln verbürgen solle. Die öffentliche Meinung
in England geriet darüber in begreifliche Unruhe, und "och mehr Aufregung
hatte, wie der Telegraph meldete, die Krmde vom Vorgehen der Franzosen
unter den Bewohnern Australiens hervorgerufen. Dies führte zu einer Jnter¬
pellation im Unterhause, die vom Unterstaatssekretür für die auswärtigen An¬
gelegenheiten dahin beantwortet wurde, daß die erste amtliche Nachricht über
den Vorfall, welche der Regierung bisher zugegangen sei, in einem Telegramme
des britischen Konsuls in Neukaledonien an deu Gouverneur von Neusüdwales
bestehe, in welchem jeuer mitteile, er habe Grund zu glauben, daß die französische
Flagge auf den Neuhebriden aufgezogen worden sei, und er habe beim Gouverneur
von Neukaledonien Einspruch dagegen erhoben. Die Befehlshaber der beiden
in deu Gewässern jeuer Insel" stationirten englischen Kriegsschiffe hätten die
Weisung erhalten, ohne Verzug Bericht zu erstatte". Zugleich Hütte der britische
Botschafter i" Paris den Auftrag erhalten, Herrn von Freycinet um Auskunft
zu ersuchen; dies sei am 10. Juni geschehen, und der französische Preniicr Hütte
folgende Erklürnng abgegeben. Eine französische Gesellschaft beschäftige a"f


ist das Wasser von großer Tiefe, aus dem sich die Ufer größtenteils schroff er^
heben- Dieselben sind mit dichter Vegetation bedeckt- Kokosnußpalmen, Kasua¬
rinen, andre Waldbäume und Farren, zwischen denen prächtige Blumen in Menge
blühen, bilde» ti.> Flora dieses Archipels- Dagegen scheint derselbe keine andern
einheimischen Säugetiere als Ratten zu besitzen, und die Vogelwelt ist hier weit
weniger mannichfaltig als auf deu Sälomonsinseln und auf Neukaledonien. Die
menschlichen Bewohner der Neuhebriden sind von Insel zu Insel wesentlich ver¬
schieden von einander und tragen alle Merkmale einer Mischung von zwei oder
mehr Rassen an sich. Man hört hier wenigstens zwanzig verschiedne Sprachen,
nicht bloße Dialekte, und ans der Insel Tanna allein giebt es deren sechs-
Diese Insulaner haben auch eine» verschiednen Charakter. Ans Annitrnm zeigten
sie sich sauft und gelehrig, sodaß es gelang, sie zum Christeutume zu bekehre»
und ihnen einige Gesittung beizubringen. Auf den meisten andern Inseln da¬
gegen soll das Volk sehr reizbar und treulos sein, doch ist dabei zu bemerken,
daß die Leute von den europäischen und australischen Sandelhvlzsammlern und
Arbeiterfängern oft schlecht behandelt worden sind. Fast auf allen Inseln herrscht
Menschenfresserei, offen und insgeheim. Die Wilden bedienen sich in ihren
Fehden jetzt zum Teil schon der Feuerwaffe», gewöhnlich aber der Keine und
des Speeres; Bogen und Pfeile sind gleichfalls im Gebrauche.

Die Ereignisse, welche die Neuhebriden vor kurzem in Enropa ans die
Tagesordnung beachten, wäre» folgende. In der ersten Woche des Juni gelangte
die Nachricht nach London, französische Truppen hätten ans einer dieser Inseln
die Flagge Frankreichs aufgehißt, und mau faßte das so auf, als sei damit
vonseiten des letztern von den Neuhebriden Besitz genommen worden, während
doch zwischen ihm und England ein diplomatisches Übereinkommen bestehe,
welches die Unabhängigkeit jener Inseln verbürgen solle. Die öffentliche Meinung
in England geriet darüber in begreifliche Unruhe, und »och mehr Aufregung
hatte, wie der Telegraph meldete, die Krmde vom Vorgehen der Franzosen
unter den Bewohnern Australiens hervorgerufen. Dies führte zu einer Jnter¬
pellation im Unterhause, die vom Unterstaatssekretür für die auswärtigen An¬
gelegenheiten dahin beantwortet wurde, daß die erste amtliche Nachricht über
den Vorfall, welche der Regierung bisher zugegangen sei, in einem Telegramme
des britischen Konsuls in Neukaledonien an deu Gouverneur von Neusüdwales
bestehe, in welchem jeuer mitteile, er habe Grund zu glauben, daß die französische
Flagge auf den Neuhebriden aufgezogen worden sei, und er habe beim Gouverneur
von Neukaledonien Einspruch dagegen erhoben. Die Befehlshaber der beiden
in deu Gewässern jeuer Insel» stationirten englischen Kriegsschiffe hätten die
Weisung erhalten, ohne Verzug Bericht zu erstatte». Zugleich Hütte der britische
Botschafter i» Paris den Auftrag erhalten, Herrn von Freycinet um Auskunft
zu ersuchen; dies sei am 10. Juni geschehen, und der französische Preniicr Hütte
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[0038] ist das Wasser von großer Tiefe, aus dem sich die Ufer größtenteils schroff er^ heben- Dieselben sind mit dichter Vegetation bedeckt- Kokosnußpalmen, Kasua¬ rinen, andre Waldbäume und Farren, zwischen denen prächtige Blumen in Menge blühen, bilde» ti.> Flora dieses Archipels- Dagegen scheint derselbe keine andern einheimischen Säugetiere als Ratten zu besitzen, und die Vogelwelt ist hier weit weniger mannichfaltig als auf deu Sälomonsinseln und auf Neukaledonien. Die menschlichen Bewohner der Neuhebriden sind von Insel zu Insel wesentlich ver¬ schieden von einander und tragen alle Merkmale einer Mischung von zwei oder mehr Rassen an sich. Man hört hier wenigstens zwanzig verschiedne Sprachen, nicht bloße Dialekte, und ans der Insel Tanna allein giebt es deren sechs- Diese Insulaner haben auch eine» verschiednen Charakter. Ans Annitrnm zeigten sie sich sauft und gelehrig, sodaß es gelang, sie zum Christeutume zu bekehre» und ihnen einige Gesittung beizubringen. Auf den meisten andern Inseln da¬ gegen soll das Volk sehr reizbar und treulos sein, doch ist dabei zu bemerken, daß die Leute von den europäischen und australischen Sandelhvlzsammlern und Arbeiterfängern oft schlecht behandelt worden sind. Fast auf allen Inseln herrscht Menschenfresserei, offen und insgeheim. Die Wilden bedienen sich in ihren Fehden jetzt zum Teil schon der Feuerwaffe», gewöhnlich aber der Keine und des Speeres; Bogen und Pfeile sind gleichfalls im Gebrauche. Die Ereignisse, welche die Neuhebriden vor kurzem in Enropa ans die Tagesordnung beachten, wäre» folgende. In der ersten Woche des Juni gelangte die Nachricht nach London, französische Truppen hätten ans einer dieser Inseln die Flagge Frankreichs aufgehißt, und mau faßte das so auf, als sei damit vonseiten des letztern von den Neuhebriden Besitz genommen worden, während doch zwischen ihm und England ein diplomatisches Übereinkommen bestehe, welches die Unabhängigkeit jener Inseln verbürgen solle. Die öffentliche Meinung in England geriet darüber in begreifliche Unruhe, und »och mehr Aufregung hatte, wie der Telegraph meldete, die Krmde vom Vorgehen der Franzosen unter den Bewohnern Australiens hervorgerufen. Dies führte zu einer Jnter¬ pellation im Unterhause, die vom Unterstaatssekretür für die auswärtigen An¬ gelegenheiten dahin beantwortet wurde, daß die erste amtliche Nachricht über den Vorfall, welche der Regierung bisher zugegangen sei, in einem Telegramme des britischen Konsuls in Neukaledonien an deu Gouverneur von Neusüdwales bestehe, in welchem jeuer mitteile, er habe Grund zu glauben, daß die französische Flagge auf den Neuhebriden aufgezogen worden sei, und er habe beim Gouverneur von Neukaledonien Einspruch dagegen erhoben. Die Befehlshaber der beiden in deu Gewässern jeuer Insel» stationirten englischen Kriegsschiffe hätten die Weisung erhalten, ohne Verzug Bericht zu erstatte». Zugleich Hütte der britische Botschafter i» Paris den Auftrag erhalten, Herrn von Freycinet um Auskunft zu ersuchen; dies sei am 10. Juni geschehen, und der französische Preniicr Hütte folgende Erklürnng abgegeben. Eine französische Gesellschaft beschäftige a»f

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/38>, abgerufen am 22.07.2024.