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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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Die Begründer der Fabrikation europäischen Zuckers,

Die vom Könige anbefohlenen ersten Versuche mit der Zuckergewinnung
nach Achards Angaben hatten im allgemeinen ein gutes Ergebnis geliefert, indes
waren sie in zu kleinem Maßstabe angestellt worden, um gewisse Fragen, die
wichtig erschienen, z. B. die nach dem Herstellungspreise und die nach der Naffi-
nirbarkeit des Rübenzuckers, mit hinlänglicher Sicherheit zu beantworten. Der
betreffende Bericht des Generaldirektvriums hebt zutreffend hervor, daß die
Sache noch in der Kindheit sei und nur durch die Privatindustrie zu voller
Reife gebracht werden könne, weshalb auf möglichste Ausdehnung des Runkel¬
rübenbaues und der Bereitung von Zucker und Syrup hingewirkt werden müsse.
Die königliche Entscheidung, die hierauf erging, stimmte diesem Urteile bei und
verfügte ferner, es solle in den Gebänden des Bergamtes zu Alvensleben eine
kleine Fabrik errichtet werden, um unter Achards Oberleitung größere Versuche
zur Erledigung der noch schwebenden Fragen vorzunehmen. Dieser Plan kam
aber nicht zur Ausführung. Die Alvenslebener.Fabrik hätte erst im Herbst 1800
ihre Arbeit beginnen können, während Achard daran lag, noch im Laufe des
Winters von 1799 auf 1800 einen zweiten und größeren Versuch in Berlin
ausführen zu dürfen. Diesem Wunsche wurde von der Regierung statt gegeben,
und der neue Versuch siel, ebenfalls amtlich überwacht, wesentlich besser aus
als der frühere. In dem darüber erstatteten Berichte vom 1. April 1801 heißt
es: daß die noch vorhandenen Unvollkommenheiten der Fabrikation sich durch
Fleiß sachkundiger Männer heben, die Kosten sich verringern, die Produkte an
Güte sich verbessern lassen würden, sei keinem Zweifel unterworfen.

Hiermit schließen die in Berlin vorgenommenen Vorversuche. Im folgenden
Jahre finden wir Achard auf seinem Gute Cunern im Wohlauschen Kreise der
Provinz Schlesien, das er mit Hilfe eines ihm vom Könige gewährten Vor¬
schusses von 30 000 Thalern gekauft hatte, um hier, gestützt auf die in Berlin
gesammelten Erfahrungen, eine Nübenzuckcrfabrik größeren Maßstabes einzurichten,
die dann im März 1802 in Betrieb kam. Die Achardschen Arbeiten erregten
bald auch im Auslande lebhaftes Interesse. Zuerst erhielt Frankreich davon
Kunde, und zwar durch einen Brief, den van Mons in den ^.nrmlös as LZIimriv
im Jahre VIII. der Republik erscheinen ließ und der dann von allen Zeitungen
abgedruckt wurde und großes Auffehen erregte. Das französische Institut er¬
wählte eine Kommission von Chemikern, die seiner mathematisch-physikalischen
Klasse angehörten, zur Wiederholung der Versuche Achards. Der Bericht der¬
selben, von Deyeux am 30. Messidor des Jahres VIII. erstattet, bestätigte im
allgemeinen die Angaben des deutschen Gelehrten, berechnete jedoch den Her¬
stellungspreis des Zuckers höher, als die Berliner Kommission ihn aus jenen
Versuchen abgeleitet hatte. Nachdem dann noch zwei Fabriken ans Grund der
Achardschen Methode angelegt und in Betrieb gesetzt worden waren (eine zu
Samt Ouen und eine in der alten Abtei von Chelles), aber nicht reussirt hatten,
war von dieser Industrie in Frankreich bis 1811 nur noch im Tone leicht-


Die Begründer der Fabrikation europäischen Zuckers,

Die vom Könige anbefohlenen ersten Versuche mit der Zuckergewinnung
nach Achards Angaben hatten im allgemeinen ein gutes Ergebnis geliefert, indes
waren sie in zu kleinem Maßstabe angestellt worden, um gewisse Fragen, die
wichtig erschienen, z. B. die nach dem Herstellungspreise und die nach der Naffi-
nirbarkeit des Rübenzuckers, mit hinlänglicher Sicherheit zu beantworten. Der
betreffende Bericht des Generaldirektvriums hebt zutreffend hervor, daß die
Sache noch in der Kindheit sei und nur durch die Privatindustrie zu voller
Reife gebracht werden könne, weshalb auf möglichste Ausdehnung des Runkel¬
rübenbaues und der Bereitung von Zucker und Syrup hingewirkt werden müsse.
Die königliche Entscheidung, die hierauf erging, stimmte diesem Urteile bei und
verfügte ferner, es solle in den Gebänden des Bergamtes zu Alvensleben eine
kleine Fabrik errichtet werden, um unter Achards Oberleitung größere Versuche
zur Erledigung der noch schwebenden Fragen vorzunehmen. Dieser Plan kam
aber nicht zur Ausführung. Die Alvenslebener.Fabrik hätte erst im Herbst 1800
ihre Arbeit beginnen können, während Achard daran lag, noch im Laufe des
Winters von 1799 auf 1800 einen zweiten und größeren Versuch in Berlin
ausführen zu dürfen. Diesem Wunsche wurde von der Regierung statt gegeben,
und der neue Versuch siel, ebenfalls amtlich überwacht, wesentlich besser aus
als der frühere. In dem darüber erstatteten Berichte vom 1. April 1801 heißt
es: daß die noch vorhandenen Unvollkommenheiten der Fabrikation sich durch
Fleiß sachkundiger Männer heben, die Kosten sich verringern, die Produkte an
Güte sich verbessern lassen würden, sei keinem Zweifel unterworfen.

Hiermit schließen die in Berlin vorgenommenen Vorversuche. Im folgenden
Jahre finden wir Achard auf seinem Gute Cunern im Wohlauschen Kreise der
Provinz Schlesien, das er mit Hilfe eines ihm vom Könige gewährten Vor¬
schusses von 30 000 Thalern gekauft hatte, um hier, gestützt auf die in Berlin
gesammelten Erfahrungen, eine Nübenzuckcrfabrik größeren Maßstabes einzurichten,
die dann im März 1802 in Betrieb kam. Die Achardschen Arbeiten erregten
bald auch im Auslande lebhaftes Interesse. Zuerst erhielt Frankreich davon
Kunde, und zwar durch einen Brief, den van Mons in den ^.nrmlös as LZIimriv
im Jahre VIII. der Republik erscheinen ließ und der dann von allen Zeitungen
abgedruckt wurde und großes Auffehen erregte. Das französische Institut er¬
wählte eine Kommission von Chemikern, die seiner mathematisch-physikalischen
Klasse angehörten, zur Wiederholung der Versuche Achards. Der Bericht der¬
selben, von Deyeux am 30. Messidor des Jahres VIII. erstattet, bestätigte im
allgemeinen die Angaben des deutschen Gelehrten, berechnete jedoch den Her¬
stellungspreis des Zuckers höher, als die Berliner Kommission ihn aus jenen
Versuchen abgeleitet hatte. Nachdem dann noch zwei Fabriken ans Grund der
Achardschen Methode angelegt und in Betrieb gesetzt worden waren (eine zu
Samt Ouen und eine in der alten Abtei von Chelles), aber nicht reussirt hatten,
war von dieser Industrie in Frankreich bis 1811 nur noch im Tone leicht-


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/235>, abgerufen am 22.07.2024.