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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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Einfamilienhäuser und großstädtische Villen.

Haus darauf gebaut werden können; ja diese Summe ist etwas zu hoch, da doch
auch Grundsteuer, Untcrhaltungs- und Reparaturkosten, streng genommen auch
die für den Familienvater und unter Umständen auch für die Kinder erforderlich
werdenden Fahrkosten in Anrechnung gebracht werden müssen -- noch mehr, mög¬
licherweise muß auch uoch auf schwierigere und teurere Beschaffung mancher
Viktualien Rücksicht genommen werden. In Fällen, wo die letzterwähnten
Punkte eine irgend erhebliche Rolle spielen, geht die Sache offenbar nicht, es
sei denn, daß die Familie in der Lage ist, ein Opfer bringen, beziehungsweise eine
Mehrausgabe oder eine Eingewöhnung in ungünstigere Verhältnisse ans sich
nehmen zu können und zu wollen. Es giebt ja Arbeiterfamilien, die über Er¬
sparnisse oder über ein kleines Erbschaftskapital verfügen, und die vielleicht
geneigt sind, hierüber in dieser Weise zu verfügen, und dann läßt es sich ja
machen; sonst aber offenbar nur dann, wenn Fnhrkvstcn nicht erwachsen und
wenn die bisher gezahlte Miete sich mindestens schon auf 180 Mark stellt.
Denn für 3000 Mark läßt sich zwar nach unsrer Kenntnis die Sache machen,
-- zumal, wenn sie einigermaßen im großen in die Hand genommen wird, --
dies ist aber auch, wenn etwas einigermaßen Ordentliches geleistet werden soll,
so ziemlich die äußerste Grenze. Auch wird es in diesem Falle unvermeidlich
bleiben, daß ein erheblicher täglicher Gang hin und zurück in den Kauf ge¬
nommen wird, was aber auch unsers Erachtens gar kein Unglück ist. Gewiß
stimmen wir bei, daß die stundenweiter täglichen Wanderungen hin und zurück,
zu denen die Arbeiter in manchen Industriebezirken gezwungen sind, eine schwere
Schädigung der vorhandnen Arbeitskraft und damit auf die Dauer des ge¬
samten Gesundheitszustandes in sich schließen, aber eine halbe bis dreiviertel
Stunde leidlichen Weges kaun ein Mann und ebenso ein Knabe oder Mädchen
täglich zweimal ohne Nachteil zurücklegen, und innerhalb dieses Umkreises wird
sich sehr häufig ein geeignetes Terrain finden lassen.

Sehr viel leichter ist es natürlich, ein unsern bessern Mittclwohnungen ent¬
sprechendes Hans für einen harmonirenden Preis herzustellen. Hier ist freilich
(vielleicht noch mehr wie bei den Arbeitern) von vornherein darau festzuhalten,
daß für die hier in Betracht kommende Klasse von Leuten die üblichen Miet¬
wohnungen im allgemeinen als durchaus ungenügend bezeichnet werden müssen,
das eigne Haus also, um einen Zweck zu haben, Besseres leisten muß. Wir be¬
haupten nun, daß es heute noch fast überall möglich ist, ein befriedigendes Häuschen
mit 4--5 Zimmern und Zubehör für 10 000 Mark herzustellen, und das geeignete
Terrain dazu selbst in der Nähe unsrer Großstädte für 2--3000 Mark zu beschaffen.
Da nun halbwegs befriedigende Wohnungen fast immer mehr als 000 Mark
kostenwerden, so ist die Sache rechnungsmäßig möglich. Sobald man aber nur
um ein Geringes in die Höhe geht, so vollzieht sie sich bedeutend leichter. Noch im
Jahre 1882 konnten zu Frieden"" bei Berlin reizende Miniaturvilleu mit Veranda,
Balkon, 5--6 Zimmern, alles schon trefflich gedielt und tapeziert, reichlicher


Einfamilienhäuser und großstädtische Villen.

Haus darauf gebaut werden können; ja diese Summe ist etwas zu hoch, da doch
auch Grundsteuer, Untcrhaltungs- und Reparaturkosten, streng genommen auch
die für den Familienvater und unter Umständen auch für die Kinder erforderlich
werdenden Fahrkosten in Anrechnung gebracht werden müssen — noch mehr, mög¬
licherweise muß auch uoch auf schwierigere und teurere Beschaffung mancher
Viktualien Rücksicht genommen werden. In Fällen, wo die letzterwähnten
Punkte eine irgend erhebliche Rolle spielen, geht die Sache offenbar nicht, es
sei denn, daß die Familie in der Lage ist, ein Opfer bringen, beziehungsweise eine
Mehrausgabe oder eine Eingewöhnung in ungünstigere Verhältnisse ans sich
nehmen zu können und zu wollen. Es giebt ja Arbeiterfamilien, die über Er¬
sparnisse oder über ein kleines Erbschaftskapital verfügen, und die vielleicht
geneigt sind, hierüber in dieser Weise zu verfügen, und dann läßt es sich ja
machen; sonst aber offenbar nur dann, wenn Fnhrkvstcn nicht erwachsen und
wenn die bisher gezahlte Miete sich mindestens schon auf 180 Mark stellt.
Denn für 3000 Mark läßt sich zwar nach unsrer Kenntnis die Sache machen,
— zumal, wenn sie einigermaßen im großen in die Hand genommen wird, —
dies ist aber auch, wenn etwas einigermaßen Ordentliches geleistet werden soll,
so ziemlich die äußerste Grenze. Auch wird es in diesem Falle unvermeidlich
bleiben, daß ein erheblicher täglicher Gang hin und zurück in den Kauf ge¬
nommen wird, was aber auch unsers Erachtens gar kein Unglück ist. Gewiß
stimmen wir bei, daß die stundenweiter täglichen Wanderungen hin und zurück,
zu denen die Arbeiter in manchen Industriebezirken gezwungen sind, eine schwere
Schädigung der vorhandnen Arbeitskraft und damit auf die Dauer des ge¬
samten Gesundheitszustandes in sich schließen, aber eine halbe bis dreiviertel
Stunde leidlichen Weges kaun ein Mann und ebenso ein Knabe oder Mädchen
täglich zweimal ohne Nachteil zurücklegen, und innerhalb dieses Umkreises wird
sich sehr häufig ein geeignetes Terrain finden lassen.

Sehr viel leichter ist es natürlich, ein unsern bessern Mittclwohnungen ent¬
sprechendes Hans für einen harmonirenden Preis herzustellen. Hier ist freilich
(vielleicht noch mehr wie bei den Arbeitern) von vornherein darau festzuhalten,
daß für die hier in Betracht kommende Klasse von Leuten die üblichen Miet¬
wohnungen im allgemeinen als durchaus ungenügend bezeichnet werden müssen,
das eigne Haus also, um einen Zweck zu haben, Besseres leisten muß. Wir be¬
haupten nun, daß es heute noch fast überall möglich ist, ein befriedigendes Häuschen
mit 4—5 Zimmern und Zubehör für 10 000 Mark herzustellen, und das geeignete
Terrain dazu selbst in der Nähe unsrer Großstädte für 2—3000 Mark zu beschaffen.
Da nun halbwegs befriedigende Wohnungen fast immer mehr als 000 Mark
kostenwerden, so ist die Sache rechnungsmäßig möglich. Sobald man aber nur
um ein Geringes in die Höhe geht, so vollzieht sie sich bedeutend leichter. Noch im
Jahre 1882 konnten zu Frieden«» bei Berlin reizende Miniaturvilleu mit Veranda,
Balkon, 5—6 Zimmern, alles schon trefflich gedielt und tapeziert, reichlicher


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[0122] Einfamilienhäuser und großstädtische Villen. Haus darauf gebaut werden können; ja diese Summe ist etwas zu hoch, da doch auch Grundsteuer, Untcrhaltungs- und Reparaturkosten, streng genommen auch die für den Familienvater und unter Umständen auch für die Kinder erforderlich werdenden Fahrkosten in Anrechnung gebracht werden müssen — noch mehr, mög¬ licherweise muß auch uoch auf schwierigere und teurere Beschaffung mancher Viktualien Rücksicht genommen werden. In Fällen, wo die letzterwähnten Punkte eine irgend erhebliche Rolle spielen, geht die Sache offenbar nicht, es sei denn, daß die Familie in der Lage ist, ein Opfer bringen, beziehungsweise eine Mehrausgabe oder eine Eingewöhnung in ungünstigere Verhältnisse ans sich nehmen zu können und zu wollen. Es giebt ja Arbeiterfamilien, die über Er¬ sparnisse oder über ein kleines Erbschaftskapital verfügen, und die vielleicht geneigt sind, hierüber in dieser Weise zu verfügen, und dann läßt es sich ja machen; sonst aber offenbar nur dann, wenn Fnhrkvstcn nicht erwachsen und wenn die bisher gezahlte Miete sich mindestens schon auf 180 Mark stellt. Denn für 3000 Mark läßt sich zwar nach unsrer Kenntnis die Sache machen, — zumal, wenn sie einigermaßen im großen in die Hand genommen wird, — dies ist aber auch, wenn etwas einigermaßen Ordentliches geleistet werden soll, so ziemlich die äußerste Grenze. Auch wird es in diesem Falle unvermeidlich bleiben, daß ein erheblicher täglicher Gang hin und zurück in den Kauf ge¬ nommen wird, was aber auch unsers Erachtens gar kein Unglück ist. Gewiß stimmen wir bei, daß die stundenweiter täglichen Wanderungen hin und zurück, zu denen die Arbeiter in manchen Industriebezirken gezwungen sind, eine schwere Schädigung der vorhandnen Arbeitskraft und damit auf die Dauer des ge¬ samten Gesundheitszustandes in sich schließen, aber eine halbe bis dreiviertel Stunde leidlichen Weges kaun ein Mann und ebenso ein Knabe oder Mädchen täglich zweimal ohne Nachteil zurücklegen, und innerhalb dieses Umkreises wird sich sehr häufig ein geeignetes Terrain finden lassen. Sehr viel leichter ist es natürlich, ein unsern bessern Mittclwohnungen ent¬ sprechendes Hans für einen harmonirenden Preis herzustellen. Hier ist freilich (vielleicht noch mehr wie bei den Arbeitern) von vornherein darau festzuhalten, daß für die hier in Betracht kommende Klasse von Leuten die üblichen Miet¬ wohnungen im allgemeinen als durchaus ungenügend bezeichnet werden müssen, das eigne Haus also, um einen Zweck zu haben, Besseres leisten muß. Wir be¬ haupten nun, daß es heute noch fast überall möglich ist, ein befriedigendes Häuschen mit 4—5 Zimmern und Zubehör für 10 000 Mark herzustellen, und das geeignete Terrain dazu selbst in der Nähe unsrer Großstädte für 2—3000 Mark zu beschaffen. Da nun halbwegs befriedigende Wohnungen fast immer mehr als 000 Mark kostenwerden, so ist die Sache rechnungsmäßig möglich. Sobald man aber nur um ein Geringes in die Höhe geht, so vollzieht sie sich bedeutend leichter. Noch im Jahre 1882 konnten zu Frieden«» bei Berlin reizende Miniaturvilleu mit Veranda, Balkon, 5—6 Zimmern, alles schon trefflich gedielt und tapeziert, reichlicher

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/122>, abgerufen am 22.07.2024.