Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.Die Arbeitorschutzgesetzgobung in Belgien. Obwohl über die anerkannten Gesellschaften eine Statistik vorliegt, so fehlt doch Mau sieht aus den Elementen, ans welchen sich diese Gesellschaften Überblicken wir diese kurz skizzirten Ergebnisse der belgischen Arbeitsschutz¬ Die Arbeitorschutzgesetzgobung in Belgien. Obwohl über die anerkannten Gesellschaften eine Statistik vorliegt, so fehlt doch Mau sieht aus den Elementen, ans welchen sich diese Gesellschaften Überblicken wir diese kurz skizzirten Ergebnisse der belgischen Arbeitsschutz¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0012" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/198732"/> <fw type="header" place="top"> Die Arbeitorschutzgesetzgobung in Belgien.</fw><lb/> <p xml:id="ID_10" prev="#ID_9"> Obwohl über die anerkannten Gesellschaften eine Statistik vorliegt, so fehlt doch<lb/> eine solche für die nicht anerkannten, und man kann daher nur willkürlich an¬<lb/> nehmen, daß sich beide Arten ungefähr das Gleichgewicht halten. Die aner¬<lb/> kannten sind bis 1881 auf 195 gestiegen, gegenwärtig sollen deren 212 sein.<lb/> Im Jahre 1882 zählte man Mitglieder dieser Art 29687 und Mitglieder der<lb/> andern 23 006, auf eine Bevölkerung von fast fünf Millionen also im ganzen<lb/> kaum mehr als 50 000 Mitglieder, wobei zu beachten ist, daß letztere keineswegs<lb/> ausschließlich dem Arbeiterstande angehören, sondern daß überwiegend kleine<lb/> Handwerker, frühere Soldaten (8o<zistö8 clss sx-sous-oklloisrs in Lüttich, Charleroi),<lb/> Künstler geringern Grades (^utvvrpsus nwinkals KrinA, -u-tistss wnsioiev8<lb/> zu Gent), Landleute (sooi6t6s xoru,- los oas as wort vu ä'aooiäont xm-mi 1s<lb/> I)6t,iZ.it), Lehrer, Dckvrirte (sosistv MlMÄrroMus vos äsoorvs as 1'orärs as<lb/> I^eoxolcl zu Brüssel) und ähnliche Klassen des kleinern Mittelstandes zu solchen<lb/> Vereinen zusammentreten. Die Regierung hat später auf den Unterschied<lb/> zwischen anerkannten und nicht anerkannten Gesellschaften kein so großes Gewicht<lb/> gelegt und bei den Auszeichnungen, die den bestgeleiteten »osistss innerhalb<lb/> eines dreijährigen Konkurses verliehen werden, beide Arten gleich bedacht.</p><lb/> <p xml:id="ID_11"> Mau sieht aus den Elementen, ans welchen sich diese Gesellschaften<lb/> bilden, daß sie für den Arbeiterstand als solchen wenig Bedeutung haben.<lb/> Anders steht es mit den <;g.i.88S8 as xr^vo^-inss su lÄvvur (to8 cmvrisi'8<lb/> mwsnrs. Der gefährliche Beruf der Bergwerksarbeiter hat bekanntlich schon<lb/> in frühern Jahrhunderten in allen Ländern zu Unterstützungsvercineu im Falle<lb/> von Verletzungen und Tod geführt, und die deutschen Knappschaftskassen, die<lb/> sich namentlich in Preußen in der erfreulichsten Weise entwickelt haben, geben<lb/> ein lebendiges Zeugnis davon. In Belgien ist diese Entwicklung jedoch sehr<lb/> zurückgeblieben, obwohl auch hier das Gesetz vom 28. März 1868 den Kassen<lb/> ähnliche Vorteile wie den eben genannten Unterstützungsgesellschaften sichert.<lb/> Diese Kasten sind lediglich aus Humanitären Beweggründen gebildete Vereini¬<lb/> gungen, bei denen sich Arbeitgeber und Arbeiter freiwillig zusammenthun, ohne<lb/> daß irgendwie ein festeres soziales Band zwischen beiden geknüpft würde. Die<lb/> Beiträge werden teils von dem Lohne der Arbeiter abgezogen, teils durch Zu¬<lb/> wendungen der Bergwerksbesitzer, teils durch außerordentliche Unterstützungen der<lb/> Kommunalverbände oder des Staates zusammengebracht, und auch die Unter¬<lb/> stützung ist von der mannichfachsten Art; bald werden nur Pensionen im Falle<lb/> der Verunglückung und des Todes gezahlt, bald auch solche im Falle der durch<lb/> hohes Alter eingetretenen Invalidität. Es fehlt allen diesen Kassen und den<lb/> Gesellschaften ein wesentliches Moment, nämlich das des Zwanges. Daß nur<lb/> vermöge eines solchen ein ersprießliches Resultat erreicht werden kann, ist eben¬<lb/> falls wieder durch die neue deutsche sozialpolitische Gesetzgebung bewiesen worden.</p><lb/> <p xml:id="ID_12" next="#ID_13"> Überblicken wir diese kurz skizzirten Ergebnisse der belgischen Arbeitsschutz¬<lb/> gesetzgebung, so müssen wir zugestehen, daß dieselbe eine völlig unzureichende ist.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0012]
Die Arbeitorschutzgesetzgobung in Belgien.
Obwohl über die anerkannten Gesellschaften eine Statistik vorliegt, so fehlt doch
eine solche für die nicht anerkannten, und man kann daher nur willkürlich an¬
nehmen, daß sich beide Arten ungefähr das Gleichgewicht halten. Die aner¬
kannten sind bis 1881 auf 195 gestiegen, gegenwärtig sollen deren 212 sein.
Im Jahre 1882 zählte man Mitglieder dieser Art 29687 und Mitglieder der
andern 23 006, auf eine Bevölkerung von fast fünf Millionen also im ganzen
kaum mehr als 50 000 Mitglieder, wobei zu beachten ist, daß letztere keineswegs
ausschließlich dem Arbeiterstande angehören, sondern daß überwiegend kleine
Handwerker, frühere Soldaten (8o<zistö8 clss sx-sous-oklloisrs in Lüttich, Charleroi),
Künstler geringern Grades (^utvvrpsus nwinkals KrinA, -u-tistss wnsioiev8
zu Gent), Landleute (sooi6t6s xoru,- los oas as wort vu ä'aooiäont xm-mi 1s
I)6t,iZ.it), Lehrer, Dckvrirte (sosistv MlMÄrroMus vos äsoorvs as 1'orärs as
I^eoxolcl zu Brüssel) und ähnliche Klassen des kleinern Mittelstandes zu solchen
Vereinen zusammentreten. Die Regierung hat später auf den Unterschied
zwischen anerkannten und nicht anerkannten Gesellschaften kein so großes Gewicht
gelegt und bei den Auszeichnungen, die den bestgeleiteten »osistss innerhalb
eines dreijährigen Konkurses verliehen werden, beide Arten gleich bedacht.
Mau sieht aus den Elementen, ans welchen sich diese Gesellschaften
bilden, daß sie für den Arbeiterstand als solchen wenig Bedeutung haben.
Anders steht es mit den <;g.i.88S8 as xr^vo^-inss su lÄvvur (to8 cmvrisi'8
mwsnrs. Der gefährliche Beruf der Bergwerksarbeiter hat bekanntlich schon
in frühern Jahrhunderten in allen Ländern zu Unterstützungsvercineu im Falle
von Verletzungen und Tod geführt, und die deutschen Knappschaftskassen, die
sich namentlich in Preußen in der erfreulichsten Weise entwickelt haben, geben
ein lebendiges Zeugnis davon. In Belgien ist diese Entwicklung jedoch sehr
zurückgeblieben, obwohl auch hier das Gesetz vom 28. März 1868 den Kassen
ähnliche Vorteile wie den eben genannten Unterstützungsgesellschaften sichert.
Diese Kasten sind lediglich aus Humanitären Beweggründen gebildete Vereini¬
gungen, bei denen sich Arbeitgeber und Arbeiter freiwillig zusammenthun, ohne
daß irgendwie ein festeres soziales Band zwischen beiden geknüpft würde. Die
Beiträge werden teils von dem Lohne der Arbeiter abgezogen, teils durch Zu¬
wendungen der Bergwerksbesitzer, teils durch außerordentliche Unterstützungen der
Kommunalverbände oder des Staates zusammengebracht, und auch die Unter¬
stützung ist von der mannichfachsten Art; bald werden nur Pensionen im Falle
der Verunglückung und des Todes gezahlt, bald auch solche im Falle der durch
hohes Alter eingetretenen Invalidität. Es fehlt allen diesen Kassen und den
Gesellschaften ein wesentliches Moment, nämlich das des Zwanges. Daß nur
vermöge eines solchen ein ersprießliches Resultat erreicht werden kann, ist eben¬
falls wieder durch die neue deutsche sozialpolitische Gesetzgebung bewiesen worden.
Überblicken wir diese kurz skizzirten Ergebnisse der belgischen Arbeitsschutz¬
gesetzgebung, so müssen wir zugestehen, daß dieselbe eine völlig unzureichende ist.
Informationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Staats- und Universitätsbibliothek (SuUB) Bremen: Bereitstellung der Texttranskription.
Kay-Michael Würzner: Bearbeitung der digitalen Edition.
Weitere Informationen:Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur. Bogensignaturen: gekennzeichnet;Druckfehler: ignoriert;fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet;Geminations-/Abkürzungsstriche: wie Vorlage;Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet;i/j in Fraktur: wie Vorlage;I/J in Fraktur: wie Vorlage;Kolumnentitel: gekennzeichnet;Kustoden: gekennzeichnet;langes s (ſ): als s transkribiert;Normalisierungen: stillschweigend;rundes r (ꝛ): als r/et transkribiert;Seitenumbrüche markiert: ja;Silbentrennung: wie Vorlage;u/v bzw. U/V: wie Vorlage;Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert;Vollständigkeit: vollständig erfasst;Zeichensetzung: wie Vorlage;Zeilenumbrüche markiert: ja; Nachkorrektur erfolgte automatisch.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |