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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal.

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Literatur.

geschichtlicher Darstellung, deren Unzulänglichkeit für alle Kulturgelüete der Ver¬
fasser im Schlnßkapitel selbst zugesteht, streiten, so muß doch der geistvollen Be¬
handlung, die der Verfasser dem Stoff im einzelnen angedeihen läßt, volle
Anerkennung gezollt werden, Manche überraschende Auffassung mittelalterlicher
Kulturzustände wird freilich den Einwürfen der Spezialforschung kaum Stand
halten. Der Verfasser salvirt sich dem gegenüber in der Vorrede, indem er sagt:
"Dieser erste Teil enthält dasjenige, was ich für meinen Zweck über die Entwicklung
der Niederlande bis zum siebzehnten Jahrhundert zu sagen hatte, nicht dasjenige,
was darüber von Männern gesagt werden könnte, welche ihr Leben der Erforschung
der vaterländischen Geschichte zu weihen imstande sind."

Sollte jemand im Hinblick auf den Titel des Werkes glauben, daß dieser
besondre Zweck etwa eine vorwiegend kunstgeschichtliche Schilderung der nieder¬
ländischen Zustände sei, so würde er, wie schon aus der oben angeführten Inhalts¬
übersicht hervorgeht, stark enttäuscht werden. Speziell mit einem künstlerischen
Thema beschäftigt sich nur das fünfte Kapitel, das nus in der Person Lukas' von
Leiden die holländische Kunst des sechzehnten Jahrhunderts vergegenwärtigen soll.
Nach einem ziemlich zusammenhangslosen Abriß der Baugeschichte, einem Ueberblicke
über die Entwicklung des Kunstgewerbes, der Skulptur und Miniaturmalerei Hol¬
lands schildert der Verfasser in fesselnden Zügen die sozialen Verhältnisse des
Lukas von Leiden und seiner künstlerischen Zeitgenossen Antonio Mor, Coreus von
Haarlem und Hendrik Goltzius, nicht ohne auch ihrer kunstgeschichtlichen Stellung
gerecht zu werden.

Sicherlich finden sich, wie in diesem Kapitel, so durch das ganze Werk hin
verstreut geistvolle Bemerkungen und Beobachtungen, die nach den verschiedensten
Seiten anregend wirken, indes fehlt es doch den einzelnen Kulturbildern an Ge¬
schlossenheit und plastischer Schärfe, wie sie etwa die in der Behandlung ihnen
verwandten Schilderungen eines Burckhardt auszeichnet. Wie so oft, wird man
auch hier an das geflügelte Wort des Terenz erinnert: Duo eum lasen tkeiunt-, üoe
lioot impemo lÄLörö unio, nu nein lieot.




Auf Veranlassung des Herrn Geheimrat Bock teilen wir unsern Lesern mit, daß
diese Behauptung den Thatsachen nicht entspricht, und daß Herr Pastor Jmmisch
wegen der darin, liegenden Beleidigung auf eine Klage des Herrn Regierungspräsi¬
denten zu Liegnitz hin vom Landgericht zu Leipzig verurteilt worden ist.


Die Redaktion der Grenzboten.


Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunvw in Leipzig.
Verlag von Fr. Will). Grunow in Leipzig. -- Druck von CarlMarquart in Leipzig.
Literatur.

geschichtlicher Darstellung, deren Unzulänglichkeit für alle Kulturgelüete der Ver¬
fasser im Schlnßkapitel selbst zugesteht, streiten, so muß doch der geistvollen Be¬
handlung, die der Verfasser dem Stoff im einzelnen angedeihen läßt, volle
Anerkennung gezollt werden, Manche überraschende Auffassung mittelalterlicher
Kulturzustände wird freilich den Einwürfen der Spezialforschung kaum Stand
halten. Der Verfasser salvirt sich dem gegenüber in der Vorrede, indem er sagt:
„Dieser erste Teil enthält dasjenige, was ich für meinen Zweck über die Entwicklung
der Niederlande bis zum siebzehnten Jahrhundert zu sagen hatte, nicht dasjenige,
was darüber von Männern gesagt werden könnte, welche ihr Leben der Erforschung
der vaterländischen Geschichte zu weihen imstande sind."

Sollte jemand im Hinblick auf den Titel des Werkes glauben, daß dieser
besondre Zweck etwa eine vorwiegend kunstgeschichtliche Schilderung der nieder¬
ländischen Zustände sei, so würde er, wie schon aus der oben angeführten Inhalts¬
übersicht hervorgeht, stark enttäuscht werden. Speziell mit einem künstlerischen
Thema beschäftigt sich nur das fünfte Kapitel, das nus in der Person Lukas' von
Leiden die holländische Kunst des sechzehnten Jahrhunderts vergegenwärtigen soll.
Nach einem ziemlich zusammenhangslosen Abriß der Baugeschichte, einem Ueberblicke
über die Entwicklung des Kunstgewerbes, der Skulptur und Miniaturmalerei Hol¬
lands schildert der Verfasser in fesselnden Zügen die sozialen Verhältnisse des
Lukas von Leiden und seiner künstlerischen Zeitgenossen Antonio Mor, Coreus von
Haarlem und Hendrik Goltzius, nicht ohne auch ihrer kunstgeschichtlichen Stellung
gerecht zu werden.

Sicherlich finden sich, wie in diesem Kapitel, so durch das ganze Werk hin
verstreut geistvolle Bemerkungen und Beobachtungen, die nach den verschiedensten
Seiten anregend wirken, indes fehlt es doch den einzelnen Kulturbildern an Ge¬
schlossenheit und plastischer Schärfe, wie sie etwa die in der Behandlung ihnen
verwandten Schilderungen eines Burckhardt auszeichnet. Wie so oft, wird man
auch hier an das geflügelte Wort des Terenz erinnert: Duo eum lasen tkeiunt-, üoe
lioot impemo lÄLörö unio, nu nein lieot.




Auf Veranlassung des Herrn Geheimrat Bock teilen wir unsern Lesern mit, daß
diese Behauptung den Thatsachen nicht entspricht, und daß Herr Pastor Jmmisch
wegen der darin, liegenden Beleidigung auf eine Klage des Herrn Regierungspräsi¬
denten zu Liegnitz hin vom Landgericht zu Leipzig verurteilt worden ist.


Die Redaktion der Grenzboten.


Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunvw in Leipzig.
Verlag von Fr. Will). Grunow in Leipzig. — Druck von CarlMarquart in Leipzig.
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[0104] Literatur. geschichtlicher Darstellung, deren Unzulänglichkeit für alle Kulturgelüete der Ver¬ fasser im Schlnßkapitel selbst zugesteht, streiten, so muß doch der geistvollen Be¬ handlung, die der Verfasser dem Stoff im einzelnen angedeihen läßt, volle Anerkennung gezollt werden, Manche überraschende Auffassung mittelalterlicher Kulturzustände wird freilich den Einwürfen der Spezialforschung kaum Stand halten. Der Verfasser salvirt sich dem gegenüber in der Vorrede, indem er sagt: „Dieser erste Teil enthält dasjenige, was ich für meinen Zweck über die Entwicklung der Niederlande bis zum siebzehnten Jahrhundert zu sagen hatte, nicht dasjenige, was darüber von Männern gesagt werden könnte, welche ihr Leben der Erforschung der vaterländischen Geschichte zu weihen imstande sind." Sollte jemand im Hinblick auf den Titel des Werkes glauben, daß dieser besondre Zweck etwa eine vorwiegend kunstgeschichtliche Schilderung der nieder¬ ländischen Zustände sei, so würde er, wie schon aus der oben angeführten Inhalts¬ übersicht hervorgeht, stark enttäuscht werden. Speziell mit einem künstlerischen Thema beschäftigt sich nur das fünfte Kapitel, das nus in der Person Lukas' von Leiden die holländische Kunst des sechzehnten Jahrhunderts vergegenwärtigen soll. Nach einem ziemlich zusammenhangslosen Abriß der Baugeschichte, einem Ueberblicke über die Entwicklung des Kunstgewerbes, der Skulptur und Miniaturmalerei Hol¬ lands schildert der Verfasser in fesselnden Zügen die sozialen Verhältnisse des Lukas von Leiden und seiner künstlerischen Zeitgenossen Antonio Mor, Coreus von Haarlem und Hendrik Goltzius, nicht ohne auch ihrer kunstgeschichtlichen Stellung gerecht zu werden. Sicherlich finden sich, wie in diesem Kapitel, so durch das ganze Werk hin verstreut geistvolle Bemerkungen und Beobachtungen, die nach den verschiedensten Seiten anregend wirken, indes fehlt es doch den einzelnen Kulturbildern an Ge¬ schlossenheit und plastischer Schärfe, wie sie etwa die in der Behandlung ihnen verwandten Schilderungen eines Burckhardt auszeichnet. Wie so oft, wird man auch hier an das geflügelte Wort des Terenz erinnert: Duo eum lasen tkeiunt-, üoe lioot impemo lÄLörö unio, nu nein lieot. Auf Veranlassung des Herrn Geheimrat Bock teilen wir unsern Lesern mit, daß diese Behauptung den Thatsachen nicht entspricht, und daß Herr Pastor Jmmisch wegen der darin, liegenden Beleidigung auf eine Klage des Herrn Regierungspräsi¬ denten zu Liegnitz hin vom Landgericht zu Leipzig verurteilt worden ist. Die Redaktion der Grenzboten. Für die Redaktion verantwortlich: Johannes Grunvw in Leipzig. Verlag von Fr. Will). Grunow in Leipzig. — Druck von CarlMarquart in Leipzig.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Drittes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198719/104>, abgerufen am 22.07.2024.