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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.

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Line neue Riinstgcschichte des Mittelalters.

Versammlung war -- offenbar infolge dieses Programms -- besser besucht
als sonst. Da tritt Herr Professor Beyschlag, ehe noch die Hammcrsteinschen
Anträge auf die Tagesordnung gesetzt sind, mit Gcgcnthesen hervor. Es nimmt
uns billig Wunder, daß er die Initiative in dieser Angelegenheit, da er als
vom Staate ohne Mitwirkung der Kirche angestellter Professor doch Partei
war, nicht jemand anders überließ. War denn Gefahr im Verzug? Die schönen
Versicherungen der Friedfertigkeit haben keine lange Dauer gehabt. Es gefiel
dem Herrn Professor, die alte Kriegstrvmpcte zu blase", Reden zu halten und
Thesen zu formuliren. Eine Debatte wurde in geschickter Weise unterdrückt, die
Thesen zur Abstimmung gebracht und natürlich angenommen. Es stimmten
dreißig bis fünfzig dafür, zwei dagegen, während die anwesenden Hunderte sich
der Abstimmung enthielten. Man kann dies entweder so auslegen, daß nur
dreißig bis fünfzig Mitglieder der Partei anwesend waren, während die andern
als Gäste teilnahmen, oder man muß annehmen, daß die Menge der Anwesenden,
welche auf Grund eiuer den Frieden betonenden Einladung gekommen war, von
dem Streite Beyschlag-Hammerstein nichts wissen wollte. In beiden Füllen
reduzirt sich die Hallische Erklärung auf ein recht bescheidnes Gewicht.

Beides, der Antrag Hammerstein und die Abwehr aus Halle, sind charakte¬
ristische Zeichen von Bestrebungen innerhalb der evangelischen Kirche, die schwerlich
den Nutzen haben werden, den man sich von ihnen verspricht. Die Kirche hat keinen
Vorteil von kirchenpolitischen Feldzügen; was sie braucht, ist treue stille Arbeit
"vor Ort," das will sagen eines jeden in seinem Berufe und an seiner Stelle.
Die gemeinsamen kirchlichen Interessen zu vertreten, dazu ist doch die kirchliche
Vertretung da.




(Line neue Kunstgeschichte des Mittelalters.

eit Schnaases monumentalen! Werk, dessen letzter Band in zweiter
Auflage 1879 erschien, ist eine zusammenfassende Darstellung der
mittelalterlichen Kunstgeschichte nicht versucht worden. Man
empfand allgemein, daß die Arbeit Schnaases in gewissem Sinne
einen abschließenden Charakter trage und ein weiterer Ausbau
der mittelalterlichen Kunftfvrschuug zunächst nur auf den einzelnen Sondcr-
gebieten möglich und notwendig sei. Die Einzelforschung setzte daher ein, wo
das Material, das Schnaase vorgelegen hatte, Lücken zeigte, und der lebhafte
Aufschwung der kunstwissenschaftlicher Studien gab sich auch auf dem mittel¬
alterlichen Forschungsgebiete bald in einer stattlichen Anzahl monographischer


Line neue Riinstgcschichte des Mittelalters.

Versammlung war — offenbar infolge dieses Programms — besser besucht
als sonst. Da tritt Herr Professor Beyschlag, ehe noch die Hammcrsteinschen
Anträge auf die Tagesordnung gesetzt sind, mit Gcgcnthesen hervor. Es nimmt
uns billig Wunder, daß er die Initiative in dieser Angelegenheit, da er als
vom Staate ohne Mitwirkung der Kirche angestellter Professor doch Partei
war, nicht jemand anders überließ. War denn Gefahr im Verzug? Die schönen
Versicherungen der Friedfertigkeit haben keine lange Dauer gehabt. Es gefiel
dem Herrn Professor, die alte Kriegstrvmpcte zu blase», Reden zu halten und
Thesen zu formuliren. Eine Debatte wurde in geschickter Weise unterdrückt, die
Thesen zur Abstimmung gebracht und natürlich angenommen. Es stimmten
dreißig bis fünfzig dafür, zwei dagegen, während die anwesenden Hunderte sich
der Abstimmung enthielten. Man kann dies entweder so auslegen, daß nur
dreißig bis fünfzig Mitglieder der Partei anwesend waren, während die andern
als Gäste teilnahmen, oder man muß annehmen, daß die Menge der Anwesenden,
welche auf Grund eiuer den Frieden betonenden Einladung gekommen war, von
dem Streite Beyschlag-Hammerstein nichts wissen wollte. In beiden Füllen
reduzirt sich die Hallische Erklärung auf ein recht bescheidnes Gewicht.

Beides, der Antrag Hammerstein und die Abwehr aus Halle, sind charakte¬
ristische Zeichen von Bestrebungen innerhalb der evangelischen Kirche, die schwerlich
den Nutzen haben werden, den man sich von ihnen verspricht. Die Kirche hat keinen
Vorteil von kirchenpolitischen Feldzügen; was sie braucht, ist treue stille Arbeit
„vor Ort," das will sagen eines jeden in seinem Berufe und an seiner Stelle.
Die gemeinsamen kirchlichen Interessen zu vertreten, dazu ist doch die kirchliche
Vertretung da.




(Line neue Kunstgeschichte des Mittelalters.

eit Schnaases monumentalen! Werk, dessen letzter Band in zweiter
Auflage 1879 erschien, ist eine zusammenfassende Darstellung der
mittelalterlichen Kunstgeschichte nicht versucht worden. Man
empfand allgemein, daß die Arbeit Schnaases in gewissem Sinne
einen abschließenden Charakter trage und ein weiterer Ausbau
der mittelalterlichen Kunftfvrschuug zunächst nur auf den einzelnen Sondcr-
gebieten möglich und notwendig sei. Die Einzelforschung setzte daher ein, wo
das Material, das Schnaase vorgelegen hatte, Lücken zeigte, und der lebhafte
Aufschwung der kunstwissenschaftlicher Studien gab sich auch auf dem mittel¬
alterlichen Forschungsgebiete bald in einer stattlichen Anzahl monographischer


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198065/621>, abgerufen am 26.08.2024.