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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.

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das rohe Erz, um ihnen schließlich wieder das gewonnene Metall abzukaufen."
Die Bergwerke liefern Blei und Zink. Ersteres enthält gewöhnlich eine ver¬
hältnismäßig geringe Menge Silber. Aber dies schmilzt man nicht ans, son¬
dern verpflichtet kontraktlich die Käufer, meistens Marseiller, für das bei dem
Scheidungsprozesse vorgefundene Silber die entsprechenden Summen nachzuzählen.
Wie wir sehen, hört nicht überall bei Geldsachen die Gemütlichkeit auf! Und
sogleich folgt ein Seitenstück. Das Zinkerz wird nur geröstet und so, also Zink
und Schlacke, nach Antwerpen Verfrachter, und dadurch selbstverständlich der
Transport ganz unnötigerweise und zum Schaden der Urprvduzcnten verteuert.
Das klingt doch alles, als ob nicht von der Gegenwart, sondern etwa vom
frühen Mittelalter, und dann von andern Ländern als von Spanien die Rede
wäre. DaS Salzthal von Cardona, über eine Viertelmeile lang und durchschnitt¬
lich einhundertundfünfzig bis zweihundert Schritte breit, besteht ganz aus Stein¬
salz, das nur an den Abhängen von dünnen Nasen bedeckt ist. "Es handelt
sich hier um einen Reichtum nicht von Millionen, sondern von Milliarden, der
offen unter Gottes freiem Himmel daliegt, in kaum nennenswertem Maße be¬
sitzt. Wieliczka ist daneben kaum des Erwähnens wert." Ein Bach, der nnr
bei Regen Wasser führt, wäscht das reinste Salz ans, sodaß es nur aufge¬
sammelt zu werden brauchte, aber niemand sammelt es, Gewitterregen schwemmen
es in den Fluß Cardvner, wo dann alle Fische krcpiren, wie ein Beamter stolz
berichtete. Eine englische Gesellschaft hat dem Besitzer einen Jahrespncht von
40 000 Duros für das Wegräumen des Salzes geboten, doch ein Herzog
von Medina-Sidonia überläßt meter Fremden daS Geschüft, noch macht er es
selbst. Dafür giebt eS dort ein "Salzmnseum," in welchem eine lebensgroße
Büste der zweiten Jsabella und ähnliche Herrlichkeiten mehr aus Steinsalz ge¬
zeigt werden.

Wie es um das spanische Heerwesen steht, ist ans der Geschichte der Revo¬
lutionen dieses Jahrhunderts so ziemlich bekannt. Nur die bezeichnende Thatsache
mag hier Platz finde", daß eine Parade der Garnison von Barcelona anstatt
um 0 Uhr abends, wie angesagt war, erst um 7^/.. Uhr begann, daher im
Dunkeln abgehalten wurde, und daß die Bevölkerung sich zu dem Schauspiele
eingefunden hatte in der sichern Erwartung, die Truppen würden einen neuen
König von Spanien proklamiren. Auch das wird von Bernhardt bestätigt, daß
die Marine, wenn auch ans kümmerlichen Resten bestehend, immerhin noch das
weitaus beste ist, was Spanien heute besitzt. "Es herrscht hier Ordnung,
Methode, Disziplin, das Streben, die wenigen vorhandnen Mittel auf das beste
zu verwerten."

Von den politischen Parteien mißt der Verfasser nnr den Karlisten und
den Republikanern Bedeutung bei, die wieder jede nicht mächtig genug seien,
die widerstrebenden Elemente endgiltig zu überwältigen; Jsabellinos, Alphvnsistos,
Moderaros, Liberales, Prvgrcssisten, Radikale mit ihren endlosen Zettelungen


das rohe Erz, um ihnen schließlich wieder das gewonnene Metall abzukaufen."
Die Bergwerke liefern Blei und Zink. Ersteres enthält gewöhnlich eine ver¬
hältnismäßig geringe Menge Silber. Aber dies schmilzt man nicht ans, son¬
dern verpflichtet kontraktlich die Käufer, meistens Marseiller, für das bei dem
Scheidungsprozesse vorgefundene Silber die entsprechenden Summen nachzuzählen.
Wie wir sehen, hört nicht überall bei Geldsachen die Gemütlichkeit auf! Und
sogleich folgt ein Seitenstück. Das Zinkerz wird nur geröstet und so, also Zink
und Schlacke, nach Antwerpen Verfrachter, und dadurch selbstverständlich der
Transport ganz unnötigerweise und zum Schaden der Urprvduzcnten verteuert.
Das klingt doch alles, als ob nicht von der Gegenwart, sondern etwa vom
frühen Mittelalter, und dann von andern Ländern als von Spanien die Rede
wäre. DaS Salzthal von Cardona, über eine Viertelmeile lang und durchschnitt¬
lich einhundertundfünfzig bis zweihundert Schritte breit, besteht ganz aus Stein¬
salz, das nur an den Abhängen von dünnen Nasen bedeckt ist. „Es handelt
sich hier um einen Reichtum nicht von Millionen, sondern von Milliarden, der
offen unter Gottes freiem Himmel daliegt, in kaum nennenswertem Maße be¬
sitzt. Wieliczka ist daneben kaum des Erwähnens wert." Ein Bach, der nnr
bei Regen Wasser führt, wäscht das reinste Salz ans, sodaß es nur aufge¬
sammelt zu werden brauchte, aber niemand sammelt es, Gewitterregen schwemmen
es in den Fluß Cardvner, wo dann alle Fische krcpiren, wie ein Beamter stolz
berichtete. Eine englische Gesellschaft hat dem Besitzer einen Jahrespncht von
40 000 Duros für das Wegräumen des Salzes geboten, doch ein Herzog
von Medina-Sidonia überläßt meter Fremden daS Geschüft, noch macht er es
selbst. Dafür giebt eS dort ein „Salzmnseum," in welchem eine lebensgroße
Büste der zweiten Jsabella und ähnliche Herrlichkeiten mehr aus Steinsalz ge¬
zeigt werden.

Wie es um das spanische Heerwesen steht, ist ans der Geschichte der Revo¬
lutionen dieses Jahrhunderts so ziemlich bekannt. Nur die bezeichnende Thatsache
mag hier Platz finde», daß eine Parade der Garnison von Barcelona anstatt
um 0 Uhr abends, wie angesagt war, erst um 7^/.. Uhr begann, daher im
Dunkeln abgehalten wurde, und daß die Bevölkerung sich zu dem Schauspiele
eingefunden hatte in der sichern Erwartung, die Truppen würden einen neuen
König von Spanien proklamiren. Auch das wird von Bernhardt bestätigt, daß
die Marine, wenn auch ans kümmerlichen Resten bestehend, immerhin noch das
weitaus beste ist, was Spanien heute besitzt. „Es herrscht hier Ordnung,
Methode, Disziplin, das Streben, die wenigen vorhandnen Mittel auf das beste
zu verwerten."

Von den politischen Parteien mißt der Verfasser nnr den Karlisten und
den Republikanern Bedeutung bei, die wieder jede nicht mächtig genug seien,
die widerstrebenden Elemente endgiltig zu überwältigen; Jsabellinos, Alphvnsistos,
Moderaros, Liberales, Prvgrcssisten, Radikale mit ihren endlosen Zettelungen


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[0531] das rohe Erz, um ihnen schließlich wieder das gewonnene Metall abzukaufen." Die Bergwerke liefern Blei und Zink. Ersteres enthält gewöhnlich eine ver¬ hältnismäßig geringe Menge Silber. Aber dies schmilzt man nicht ans, son¬ dern verpflichtet kontraktlich die Käufer, meistens Marseiller, für das bei dem Scheidungsprozesse vorgefundene Silber die entsprechenden Summen nachzuzählen. Wie wir sehen, hört nicht überall bei Geldsachen die Gemütlichkeit auf! Und sogleich folgt ein Seitenstück. Das Zinkerz wird nur geröstet und so, also Zink und Schlacke, nach Antwerpen Verfrachter, und dadurch selbstverständlich der Transport ganz unnötigerweise und zum Schaden der Urprvduzcnten verteuert. Das klingt doch alles, als ob nicht von der Gegenwart, sondern etwa vom frühen Mittelalter, und dann von andern Ländern als von Spanien die Rede wäre. DaS Salzthal von Cardona, über eine Viertelmeile lang und durchschnitt¬ lich einhundertundfünfzig bis zweihundert Schritte breit, besteht ganz aus Stein¬ salz, das nur an den Abhängen von dünnen Nasen bedeckt ist. „Es handelt sich hier um einen Reichtum nicht von Millionen, sondern von Milliarden, der offen unter Gottes freiem Himmel daliegt, in kaum nennenswertem Maße be¬ sitzt. Wieliczka ist daneben kaum des Erwähnens wert." Ein Bach, der nnr bei Regen Wasser führt, wäscht das reinste Salz ans, sodaß es nur aufge¬ sammelt zu werden brauchte, aber niemand sammelt es, Gewitterregen schwemmen es in den Fluß Cardvner, wo dann alle Fische krcpiren, wie ein Beamter stolz berichtete. Eine englische Gesellschaft hat dem Besitzer einen Jahrespncht von 40 000 Duros für das Wegräumen des Salzes geboten, doch ein Herzog von Medina-Sidonia überläßt meter Fremden daS Geschüft, noch macht er es selbst. Dafür giebt eS dort ein „Salzmnseum," in welchem eine lebensgroße Büste der zweiten Jsabella und ähnliche Herrlichkeiten mehr aus Steinsalz ge¬ zeigt werden. Wie es um das spanische Heerwesen steht, ist ans der Geschichte der Revo¬ lutionen dieses Jahrhunderts so ziemlich bekannt. Nur die bezeichnende Thatsache mag hier Platz finde», daß eine Parade der Garnison von Barcelona anstatt um 0 Uhr abends, wie angesagt war, erst um 7^/.. Uhr begann, daher im Dunkeln abgehalten wurde, und daß die Bevölkerung sich zu dem Schauspiele eingefunden hatte in der sichern Erwartung, die Truppen würden einen neuen König von Spanien proklamiren. Auch das wird von Bernhardt bestätigt, daß die Marine, wenn auch ans kümmerlichen Resten bestehend, immerhin noch das weitaus beste ist, was Spanien heute besitzt. „Es herrscht hier Ordnung, Methode, Disziplin, das Streben, die wenigen vorhandnen Mittel auf das beste zu verwerten." Von den politischen Parteien mißt der Verfasser nnr den Karlisten und den Republikanern Bedeutung bei, die wieder jede nicht mächtig genug seien, die widerstrebenden Elemente endgiltig zu überwältigen; Jsabellinos, Alphvnsistos, Moderaros, Liberales, Prvgrcssisten, Radikale mit ihren endlosen Zettelungen

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198065/531>, abgerufen am 26.07.2024.