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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.

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Spiel und Wette.

Das Gegenspiel giebt allmählich mehr und mehr die Bethätigung der Ein¬
bildungskraft auf und erstrebt vorzugsweise die Bethätigung des Interesses und
damit des Willens. Immer aber bleibt als Grundbedingung die durch die
Einbildungskraft ermöglichte, einem Gegenstände dnrch sie nach bestimmten Vor¬
aussetzungen zucrteiltc, ihm jedoch an und für sich nicht zukommende Bedeutung,
mit deren Wegfall das Spiel aufhört. Hierher gehört auch die Lotterie.

Es giebt endlich ein Gegenspiel, bei welchem die Einbildungskraft sich nur
noch in der Erklärung äußert, daß ein Gegenstand dieses, der andre jenes
Subjekt vertreten soll. Das Ziel des Gewinnes soll aber durch die den Ob¬
jekten als solchen innewohnenden Eigentümlichkeiten und Kräfte entschieden
werden. Die Einbildungskraft bewirkt also weder eine objektiv sum Objekte)
noch eine subjektiv (im Subjekte) sich vollziehende Umgestaltung, sondern nur
die Zuteilung eines Gegenstandes als des Trägers einer Annahme an eine
bestimmte Person. Die Entscheidung des Kampfes ist also nicht die
Folge einer nach subjektiv giltigen Voraussetzungen auf den Gegenstand über¬
tragenen Annahme, sondern der objektiv und thatsächlich dem Gegenstände
innewohnenden Kräfte und Bedingungen, die sich unabhängig von dem Subjekte
und seiner Annahme vollziehen. Die Willkür der Einbildungskraft knüpft also
nur Objekt an Subjekt, hat aber an dem Objekte selbst keinerlei umgestaltende
Thätigkeit ausgeübt. Dieses Gegenspiel ist die Wette, die man insofern ein
Spiel nennen kaun, als auch bei ihr eine Bethätigung der Einbildungskraft
in jener Zuteilung sich noch äußert. Der Weseusuntcrschied von dem im
engern Sinne so zu nennenden Spiele wird dadurch nicht aufgehoben; von einer
das Objekt irgendwie betreffenden Umgestaltung ist keine Rede.

Für die juristische Betrachtung kommen nur die Spiele in Betracht, bei
denen durch den Ausgang eine Verinögensänderung bewirkt wird. Allein
auch diese Spiele lasse" sich ihrem Wesen nach nur im Zusammenhange mit
dem Wesen des Spieles überhaupt erkennen, welches allein eine scharfe Unter-
scheidung von der Wette ermöglicht. Es ließe sich hiernach für Spiel und
Wette, soweit es sich um Vermögensgewinn und -verlnst handelt, etwa folgende
Erklärung aufstellen.

Das Spiel ist ein Vertrag, welcher festsetzt, daß die den Vertrag schließenden
sich den Folgen einer bestimmten Gegenständen beigelegten willkürlichen Be¬
deutung und der durch diese veranlaßten Bedingungen in Bezug ans die gemachten
Vermögenseiuscitze unterwerfen.

Die Wette ist ein Vertrag, welcher festsetzt, daß die den Vertrag schließenden
dem Ergebnis der den Gegenständen, welche als Träger der Behauptungen
und Annahme" eines jevcn Beteiligten gewählt worden sind, thatsächlich inne¬
wohnenden Kräfte und Bedingungen, sowie den ans diesen sich ergebenden Folgen
in Bezug auf die gemachten Vermögenseinsätze sich unterwerfen.

Einige Beispiele werden diese Unterscheidung erläutern.


Spiel und Wette.

Das Gegenspiel giebt allmählich mehr und mehr die Bethätigung der Ein¬
bildungskraft auf und erstrebt vorzugsweise die Bethätigung des Interesses und
damit des Willens. Immer aber bleibt als Grundbedingung die durch die
Einbildungskraft ermöglichte, einem Gegenstände dnrch sie nach bestimmten Vor¬
aussetzungen zucrteiltc, ihm jedoch an und für sich nicht zukommende Bedeutung,
mit deren Wegfall das Spiel aufhört. Hierher gehört auch die Lotterie.

Es giebt endlich ein Gegenspiel, bei welchem die Einbildungskraft sich nur
noch in der Erklärung äußert, daß ein Gegenstand dieses, der andre jenes
Subjekt vertreten soll. Das Ziel des Gewinnes soll aber durch die den Ob¬
jekten als solchen innewohnenden Eigentümlichkeiten und Kräfte entschieden
werden. Die Einbildungskraft bewirkt also weder eine objektiv sum Objekte)
noch eine subjektiv (im Subjekte) sich vollziehende Umgestaltung, sondern nur
die Zuteilung eines Gegenstandes als des Trägers einer Annahme an eine
bestimmte Person. Die Entscheidung des Kampfes ist also nicht die
Folge einer nach subjektiv giltigen Voraussetzungen auf den Gegenstand über¬
tragenen Annahme, sondern der objektiv und thatsächlich dem Gegenstände
innewohnenden Kräfte und Bedingungen, die sich unabhängig von dem Subjekte
und seiner Annahme vollziehen. Die Willkür der Einbildungskraft knüpft also
nur Objekt an Subjekt, hat aber an dem Objekte selbst keinerlei umgestaltende
Thätigkeit ausgeübt. Dieses Gegenspiel ist die Wette, die man insofern ein
Spiel nennen kaun, als auch bei ihr eine Bethätigung der Einbildungskraft
in jener Zuteilung sich noch äußert. Der Weseusuntcrschied von dem im
engern Sinne so zu nennenden Spiele wird dadurch nicht aufgehoben; von einer
das Objekt irgendwie betreffenden Umgestaltung ist keine Rede.

Für die juristische Betrachtung kommen nur die Spiele in Betracht, bei
denen durch den Ausgang eine Verinögensänderung bewirkt wird. Allein
auch diese Spiele lasse» sich ihrem Wesen nach nur im Zusammenhange mit
dem Wesen des Spieles überhaupt erkennen, welches allein eine scharfe Unter-
scheidung von der Wette ermöglicht. Es ließe sich hiernach für Spiel und
Wette, soweit es sich um Vermögensgewinn und -verlnst handelt, etwa folgende
Erklärung aufstellen.

Das Spiel ist ein Vertrag, welcher festsetzt, daß die den Vertrag schließenden
sich den Folgen einer bestimmten Gegenständen beigelegten willkürlichen Be¬
deutung und der durch diese veranlaßten Bedingungen in Bezug ans die gemachten
Vermögenseiuscitze unterwerfen.

Die Wette ist ein Vertrag, welcher festsetzt, daß die den Vertrag schließenden
dem Ergebnis der den Gegenständen, welche als Träger der Behauptungen
und Annahme» eines jevcn Beteiligten gewählt worden sind, thatsächlich inne¬
wohnenden Kräfte und Bedingungen, sowie den ans diesen sich ergebenden Folgen
in Bezug auf die gemachten Vermögenseinsätze sich unterwerfen.

Einige Beispiele werden diese Unterscheidung erläutern.


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[0037] Spiel und Wette. Das Gegenspiel giebt allmählich mehr und mehr die Bethätigung der Ein¬ bildungskraft auf und erstrebt vorzugsweise die Bethätigung des Interesses und damit des Willens. Immer aber bleibt als Grundbedingung die durch die Einbildungskraft ermöglichte, einem Gegenstände dnrch sie nach bestimmten Vor¬ aussetzungen zucrteiltc, ihm jedoch an und für sich nicht zukommende Bedeutung, mit deren Wegfall das Spiel aufhört. Hierher gehört auch die Lotterie. Es giebt endlich ein Gegenspiel, bei welchem die Einbildungskraft sich nur noch in der Erklärung äußert, daß ein Gegenstand dieses, der andre jenes Subjekt vertreten soll. Das Ziel des Gewinnes soll aber durch die den Ob¬ jekten als solchen innewohnenden Eigentümlichkeiten und Kräfte entschieden werden. Die Einbildungskraft bewirkt also weder eine objektiv sum Objekte) noch eine subjektiv (im Subjekte) sich vollziehende Umgestaltung, sondern nur die Zuteilung eines Gegenstandes als des Trägers einer Annahme an eine bestimmte Person. Die Entscheidung des Kampfes ist also nicht die Folge einer nach subjektiv giltigen Voraussetzungen auf den Gegenstand über¬ tragenen Annahme, sondern der objektiv und thatsächlich dem Gegenstände innewohnenden Kräfte und Bedingungen, die sich unabhängig von dem Subjekte und seiner Annahme vollziehen. Die Willkür der Einbildungskraft knüpft also nur Objekt an Subjekt, hat aber an dem Objekte selbst keinerlei umgestaltende Thätigkeit ausgeübt. Dieses Gegenspiel ist die Wette, die man insofern ein Spiel nennen kaun, als auch bei ihr eine Bethätigung der Einbildungskraft in jener Zuteilung sich noch äußert. Der Weseusuntcrschied von dem im engern Sinne so zu nennenden Spiele wird dadurch nicht aufgehoben; von einer das Objekt irgendwie betreffenden Umgestaltung ist keine Rede. Für die juristische Betrachtung kommen nur die Spiele in Betracht, bei denen durch den Ausgang eine Verinögensänderung bewirkt wird. Allein auch diese Spiele lasse» sich ihrem Wesen nach nur im Zusammenhange mit dem Wesen des Spieles überhaupt erkennen, welches allein eine scharfe Unter- scheidung von der Wette ermöglicht. Es ließe sich hiernach für Spiel und Wette, soweit es sich um Vermögensgewinn und -verlnst handelt, etwa folgende Erklärung aufstellen. Das Spiel ist ein Vertrag, welcher festsetzt, daß die den Vertrag schließenden sich den Folgen einer bestimmten Gegenständen beigelegten willkürlichen Be¬ deutung und der durch diese veranlaßten Bedingungen in Bezug ans die gemachten Vermögenseiuscitze unterwerfen. Die Wette ist ein Vertrag, welcher festsetzt, daß die den Vertrag schließenden dem Ergebnis der den Gegenständen, welche als Träger der Behauptungen und Annahme» eines jevcn Beteiligten gewählt worden sind, thatsächlich inne¬ wohnenden Kräfte und Bedingungen, sowie den ans diesen sich ergebenden Folgen in Bezug auf die gemachten Vermögenseinsätze sich unterwerfen. Einige Beispiele werden diese Unterscheidung erläutern.

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198065/37>, abgerufen am 24.07.2024.