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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.

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Die russische Raiserfamilie in Palermo. (^3^5--^6.)

Marie, ihrer Hofdame Fräulein v, Meyerink und dem General v. Hopfgarten,
ihrem Hofmarschall. Dann folgten andre Wagen mit dem Gefolge und der
Dienerschaft, zusammen etwa fünfzig Personen; zuletzt ein Zug von Gepäck¬
wagen ohne Ende.

Der Herzog Serra ti Falco präsentirte sich Ihrer Majestät als dienst¬
thuender Kavalier, gemäß dem Befehl seines Königs Ferdinand II. Seine neben
der Villa Vutera gelegne herrliche Villa bezog die Schwester der Kaiserin mit
ihrer Tochter und der Bruder der Kaiserin. Eine Pforte stellte jedoch die Ver¬
bindung zwischen den Gärten der beiden nachbarlichen Villen her.

Am nächsten Nachmittage besuchte ich den Prinzen Albrecht, der mich sehr
freundlich empfing und über Palermo und dessen Umgebungen befragte. Als
ich fortgehen wollte, sagte der Prinz: Bleiben Sie doch, ich werde Sie gleich
der Kaiserin vorstellen! Nach einigen Minuten gingen wir zu Ihrer Majestät,
welche mich ebenfalls sehr gnädig empfing und mein Skizzenbuch in Augenschein
nahm. Neben den Landschaften schienen ihr namentlich einige Abbildungen von
Frauen vom Piano dei Greei sehr gut zu gefallen. Auch der Kaiser war
zugegen, ferner Seine Exzellenz Herr von Meyendvrf, der Stnatskanzler Fürst
Nesselrode und der Graf Orlow. Alle Damen befanden sich in halber Gala,
da der König Ferdinand von Neapel erwartet wurde. Der Kaiser in seiner
roten Kvsakennniform erschien mir als der schönste Mann der Welt.

Jetzt wurde demselben gemeldet, das königliche Dampfboot wäre in Sicht,
und sogleich begab er sich mit dem Grafen Orlow in das königliche Schloß,
und zwar in die Camera ti Nogerv, von welcher aus man die ganze Stadt
und den Hafen überschaut. Als der König gelandet und dem Schlosse nahe
war, stieg der Kaiser hinab und empfing ihn in dessen eignem Schlosse.

Die Palermitaner nahmen es König Ferdinand übel, daß er nicht schon
bei der Ankunft der kaiserlichen Herrschaften zum Empfange derselben anwesend
war. Doch ist zu seiner Entschuldigung zu bemerken, daß die kaiserliche Flotte
sechs Tage später ankam, als sie angemeldet war.

Der Kaiser kehrte um zur Kaiserin zurück, worauf uach einer halben Stunde
auch der König im Salon der Kaiserin erschien, um Ihre Majestät auf sizilia-
nischen Boden zu bewillkommnen.

Ich vollendete in dieser Zeit einige Skizzen von der Ankunft und dem Em¬
pfange der kaiserlichen Herrschaften und schickte sie in einem Couvert für des
Königs Majestät uach Berlin.

Der General von Rauch, unser Militärbevvllmächtigter in Se. Petersburg,
befand sich ebenfalls in der Begleitung der Kaiserin. Es dauerte nicht lange,
so erschien sein Sohn, damals Leutnant in der Garde, vom Könige gesandt mit
Depeschen für die Kaiserin und den General, seinen Meer. War es doch die
Art des Königs, womöglich einen jeden zu erfreuen: den Vater durch die
Ankunft des Sohnes, diesen durch die "cuc, belohnende Reise. Auch ich war


Die russische Raiserfamilie in Palermo. (^3^5—^6.)

Marie, ihrer Hofdame Fräulein v, Meyerink und dem General v. Hopfgarten,
ihrem Hofmarschall. Dann folgten andre Wagen mit dem Gefolge und der
Dienerschaft, zusammen etwa fünfzig Personen; zuletzt ein Zug von Gepäck¬
wagen ohne Ende.

Der Herzog Serra ti Falco präsentirte sich Ihrer Majestät als dienst¬
thuender Kavalier, gemäß dem Befehl seines Königs Ferdinand II. Seine neben
der Villa Vutera gelegne herrliche Villa bezog die Schwester der Kaiserin mit
ihrer Tochter und der Bruder der Kaiserin. Eine Pforte stellte jedoch die Ver¬
bindung zwischen den Gärten der beiden nachbarlichen Villen her.

Am nächsten Nachmittage besuchte ich den Prinzen Albrecht, der mich sehr
freundlich empfing und über Palermo und dessen Umgebungen befragte. Als
ich fortgehen wollte, sagte der Prinz: Bleiben Sie doch, ich werde Sie gleich
der Kaiserin vorstellen! Nach einigen Minuten gingen wir zu Ihrer Majestät,
welche mich ebenfalls sehr gnädig empfing und mein Skizzenbuch in Augenschein
nahm. Neben den Landschaften schienen ihr namentlich einige Abbildungen von
Frauen vom Piano dei Greei sehr gut zu gefallen. Auch der Kaiser war
zugegen, ferner Seine Exzellenz Herr von Meyendvrf, der Stnatskanzler Fürst
Nesselrode und der Graf Orlow. Alle Damen befanden sich in halber Gala,
da der König Ferdinand von Neapel erwartet wurde. Der Kaiser in seiner
roten Kvsakennniform erschien mir als der schönste Mann der Welt.

Jetzt wurde demselben gemeldet, das königliche Dampfboot wäre in Sicht,
und sogleich begab er sich mit dem Grafen Orlow in das königliche Schloß,
und zwar in die Camera ti Nogerv, von welcher aus man die ganze Stadt
und den Hafen überschaut. Als der König gelandet und dem Schlosse nahe
war, stieg der Kaiser hinab und empfing ihn in dessen eignem Schlosse.

Die Palermitaner nahmen es König Ferdinand übel, daß er nicht schon
bei der Ankunft der kaiserlichen Herrschaften zum Empfange derselben anwesend
war. Doch ist zu seiner Entschuldigung zu bemerken, daß die kaiserliche Flotte
sechs Tage später ankam, als sie angemeldet war.

Der Kaiser kehrte um zur Kaiserin zurück, worauf uach einer halben Stunde
auch der König im Salon der Kaiserin erschien, um Ihre Majestät auf sizilia-
nischen Boden zu bewillkommnen.

Ich vollendete in dieser Zeit einige Skizzen von der Ankunft und dem Em¬
pfange der kaiserlichen Herrschaften und schickte sie in einem Couvert für des
Königs Majestät uach Berlin.

Der General von Rauch, unser Militärbevvllmächtigter in Se. Petersburg,
befand sich ebenfalls in der Begleitung der Kaiserin. Es dauerte nicht lange,
so erschien sein Sohn, damals Leutnant in der Garde, vom Könige gesandt mit
Depeschen für die Kaiserin und den General, seinen Meer. War es doch die
Art des Königs, womöglich einen jeden zu erfreuen: den Vater durch die
Ankunft des Sohnes, diesen durch die »cuc, belohnende Reise. Auch ich war


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[0229] Die russische Raiserfamilie in Palermo. (^3^5—^6.) Marie, ihrer Hofdame Fräulein v, Meyerink und dem General v. Hopfgarten, ihrem Hofmarschall. Dann folgten andre Wagen mit dem Gefolge und der Dienerschaft, zusammen etwa fünfzig Personen; zuletzt ein Zug von Gepäck¬ wagen ohne Ende. Der Herzog Serra ti Falco präsentirte sich Ihrer Majestät als dienst¬ thuender Kavalier, gemäß dem Befehl seines Königs Ferdinand II. Seine neben der Villa Vutera gelegne herrliche Villa bezog die Schwester der Kaiserin mit ihrer Tochter und der Bruder der Kaiserin. Eine Pforte stellte jedoch die Ver¬ bindung zwischen den Gärten der beiden nachbarlichen Villen her. Am nächsten Nachmittage besuchte ich den Prinzen Albrecht, der mich sehr freundlich empfing und über Palermo und dessen Umgebungen befragte. Als ich fortgehen wollte, sagte der Prinz: Bleiben Sie doch, ich werde Sie gleich der Kaiserin vorstellen! Nach einigen Minuten gingen wir zu Ihrer Majestät, welche mich ebenfalls sehr gnädig empfing und mein Skizzenbuch in Augenschein nahm. Neben den Landschaften schienen ihr namentlich einige Abbildungen von Frauen vom Piano dei Greei sehr gut zu gefallen. Auch der Kaiser war zugegen, ferner Seine Exzellenz Herr von Meyendvrf, der Stnatskanzler Fürst Nesselrode und der Graf Orlow. Alle Damen befanden sich in halber Gala, da der König Ferdinand von Neapel erwartet wurde. Der Kaiser in seiner roten Kvsakennniform erschien mir als der schönste Mann der Welt. Jetzt wurde demselben gemeldet, das königliche Dampfboot wäre in Sicht, und sogleich begab er sich mit dem Grafen Orlow in das königliche Schloß, und zwar in die Camera ti Nogerv, von welcher aus man die ganze Stadt und den Hafen überschaut. Als der König gelandet und dem Schlosse nahe war, stieg der Kaiser hinab und empfing ihn in dessen eignem Schlosse. Die Palermitaner nahmen es König Ferdinand übel, daß er nicht schon bei der Ankunft der kaiserlichen Herrschaften zum Empfange derselben anwesend war. Doch ist zu seiner Entschuldigung zu bemerken, daß die kaiserliche Flotte sechs Tage später ankam, als sie angemeldet war. Der Kaiser kehrte um zur Kaiserin zurück, worauf uach einer halben Stunde auch der König im Salon der Kaiserin erschien, um Ihre Majestät auf sizilia- nischen Boden zu bewillkommnen. Ich vollendete in dieser Zeit einige Skizzen von der Ankunft und dem Em¬ pfange der kaiserlichen Herrschaften und schickte sie in einem Couvert für des Königs Majestät uach Berlin. Der General von Rauch, unser Militärbevvllmächtigter in Se. Petersburg, befand sich ebenfalls in der Begleitung der Kaiserin. Es dauerte nicht lange, so erschien sein Sohn, damals Leutnant in der Garde, vom Könige gesandt mit Depeschen für die Kaiserin und den General, seinen Meer. War es doch die Art des Königs, womöglich einen jeden zu erfreuen: den Vater durch die Ankunft des Sohnes, diesen durch die »cuc, belohnende Reise. Auch ich war

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_198065/229>, abgerufen am 23.07.2024.