Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Zweites Quartal.Die Sonntagsarbeit, und andern Kreisen herrscht, zum Ausdruck gelaugte. Diesen Inhalt des Die Sonntagsarbeit, und andern Kreisen herrscht, zum Ausdruck gelaugte. Diesen Inhalt des <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0119" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/198185"/> <fw type="header" place="top"> Die Sonntagsarbeit,</fw><lb/> <p xml:id="ID_331" prev="#ID_330"> und andern Kreisen herrscht, zum Ausdruck gelaugte. Diesen Inhalt des<lb/> Sonntags kann die Gesetzgebung nicht schaffen, sie kann nur durch Vermeidung<lb/> extremer Maßregeln verhindern, daß der Sonntag noch leerer werde, als er<lb/> vielen schon jetzt ist. Der puritanisch durchgeführte Sounwgw urbe allerdings<lb/> den Arbeiter zum Trunk und zu sonstigen Lastern führen. Aber hier ist ein Feld,<lb/> ans dem sich andre Kräfte geltend machen können. Sache der Geistlichkeit wird<lb/> es sein, die leider vielfach der Kirche entfremdete Bevölkerung dem Kirchenbesuch<lb/> zurückzugewinnen, Vereine mögen für geistig und sittlich fördernde Zerstreuung<lb/> namentlich der ledigen Arbeiter sorgen, nicht mit Theater und modernem Luxus<lb/> oder mit Vortragen, welche die Masse des garnicht oder schlimmer noch des falsch<lb/> verstandnen Wissens vermehre», sondern in zwangloser nud doch anregender<lb/> Unterhaltung auf Ausflügen oder in Vereinslokalen; ähnliche Vereine können<lb/> die Arbeiterinnen, die Mägde sammeln und ihnen dabei noch Gelegenheit zur<lb/> Erlernung von nützlichen Handarbeiten bieten, für Lehrlinge und jüngere Ge-<lb/> werbsgehilfen mögen Sonntagsschulen (natürlich außerhalb der Kirchzell) ge<lb/> schaffen inertem. Vor allem aber muß das Fnmiliculebcu gefördert werden,<lb/> namentlich durch die Arbeitgeber selbst, indem sie ihre Gehilfen wie früher in<lb/> das Haus aufnehme» oder ihnen daselbst Zutritt gestatten, und wo dies, wie<lb/> i» größer» Geschäfte», nicht angeht, dnrch Anregung und Beispiel, bei dem<lb/> verheirateten Arbeiter durch Sorge für gute Familienwohnungen u. s. w.; hier<lb/> können wir alle dnrch Pflege des Familiensinnes im eignen Hause mitwirken.<lb/> Wen» der Familienvater seine Hauptfreude im Verkehr mit seinen Familien¬<lb/> mitgliedern sucht, dann hat er sür deu arbeitsfreien Sonntag genug Zeitvertreib,<lb/> daun freut er sich auf diesen Ruhetag, der ihm Gelegenheit geben soll, diesen<lb/> in der Woche gestörten, wenn nicht unmöglichen Verkehr zu genießen; jedes<lb/> Volk aber ist gesund, wo die Grundlage des Volkslebens und Familienlebens<lb/> gesund ist. Mehr als Andeutungen können über die letzten Anregungen hier<lb/> nicht gegeben werden, aber man darf überzeugt sein, daß, sofern die Gesetzgebung<lb/> nur durch Beseitigung der Sonntagsarbeit den Boden schafft, unsre jetzige rege<lb/> gemeinnützige Thätigkeit für das übrige schon sorgen wird.</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0119]
Die Sonntagsarbeit,
und andern Kreisen herrscht, zum Ausdruck gelaugte. Diesen Inhalt des
Sonntags kann die Gesetzgebung nicht schaffen, sie kann nur durch Vermeidung
extremer Maßregeln verhindern, daß der Sonntag noch leerer werde, als er
vielen schon jetzt ist. Der puritanisch durchgeführte Sounwgw urbe allerdings
den Arbeiter zum Trunk und zu sonstigen Lastern führen. Aber hier ist ein Feld,
ans dem sich andre Kräfte geltend machen können. Sache der Geistlichkeit wird
es sein, die leider vielfach der Kirche entfremdete Bevölkerung dem Kirchenbesuch
zurückzugewinnen, Vereine mögen für geistig und sittlich fördernde Zerstreuung
namentlich der ledigen Arbeiter sorgen, nicht mit Theater und modernem Luxus
oder mit Vortragen, welche die Masse des garnicht oder schlimmer noch des falsch
verstandnen Wissens vermehre», sondern in zwangloser nud doch anregender
Unterhaltung auf Ausflügen oder in Vereinslokalen; ähnliche Vereine können
die Arbeiterinnen, die Mägde sammeln und ihnen dabei noch Gelegenheit zur
Erlernung von nützlichen Handarbeiten bieten, für Lehrlinge und jüngere Ge-
werbsgehilfen mögen Sonntagsschulen (natürlich außerhalb der Kirchzell) ge
schaffen inertem. Vor allem aber muß das Fnmiliculebcu gefördert werden,
namentlich durch die Arbeitgeber selbst, indem sie ihre Gehilfen wie früher in
das Haus aufnehme» oder ihnen daselbst Zutritt gestatten, und wo dies, wie
i» größer» Geschäfte», nicht angeht, dnrch Anregung und Beispiel, bei dem
verheirateten Arbeiter durch Sorge für gute Familienwohnungen u. s. w.; hier
können wir alle dnrch Pflege des Familiensinnes im eignen Hause mitwirken.
Wen» der Familienvater seine Hauptfreude im Verkehr mit seinen Familien¬
mitgliedern sucht, dann hat er sür deu arbeitsfreien Sonntag genug Zeitvertreib,
daun freut er sich auf diesen Ruhetag, der ihm Gelegenheit geben soll, diesen
in der Woche gestörten, wenn nicht unmöglichen Verkehr zu genießen; jedes
Volk aber ist gesund, wo die Grundlage des Volkslebens und Familienlebens
gesund ist. Mehr als Andeutungen können über die letzten Anregungen hier
nicht gegeben werden, aber man darf überzeugt sein, daß, sofern die Gesetzgebung
nur durch Beseitigung der Sonntagsarbeit den Boden schafft, unsre jetzige rege
gemeinnützige Thätigkeit für das übrige schon sorgen wird.
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