Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.Zum Verständnis und zum Schutze dos ersten Faustmonologs. freilich nur ein Beispiel dieser Art, das neue Wirkenskraft (31). Dagegen Das Aufsuchen stilistischer Verschiedenheiten, die von dem verschiednen Tone Zum Verständnis und zum Schutze dos ersten Faustmonologs. freilich nur ein Beispiel dieser Art, das neue Wirkenskraft (31). Dagegen Das Aufsuchen stilistischer Verschiedenheiten, die von dem verschiednen Tone <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0624" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/198048"/> <fw type="header" place="top"> Zum Verständnis und zum Schutze dos ersten Faustmonologs.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1829" prev="#ID_1828"> freilich nur ein Beispiel dieser Art, das neue Wirkenskraft (31). Dagegen<lb/> zählt Scherer in den 41 Versen seiner zweiten Partie „etwa 15" Beispiele,<lb/> aber davon müssen zunächst die Zusammensetzungen ausgeschlossen werden, die<lb/> nicht mehr als solche empfunden werden, wie Mondenschein, Mitternacht,<lb/> Hausrat. In Tiergerippe, Tvtenbein, Lebensregung, Seelenkraft<lb/> wird man kaum etwas Poetisches finden könne», ebensowenig in Bücherkauf,<lb/> Himmelslicht, worunter Scherer die Sonne verstehen möchte, Bergeshöhen,<lb/> Bergeshöhlen; nur das einzige Wissensqnalm hat des darin liegenden Ver¬<lb/> gleiches wegen einen poetischen Anstrich. Giebt es denn nicht anch sonst längere,<lb/> sehr bewegte Stellen, wo sich keine von dem Leser als poetische Znsammen¬<lb/> setzung empfundene Nominalcompositivn findet? Man vergleiche 101—134,<lb/> 281—332, 825—900. Und wir fragen, wo hätte im Eingänge mit Fug eine<lb/> Nvuünalkvmpositiou angewandt werden können? Freilich wenn Scherer behauptet,<lb/> es sei durchaus möglich gewesen, den vier Fakultäten ein poetisches Gewand<lb/> anzuziehen (etwa durch langweilige Nominalkompositionen) und den Lehrerberuf<lb/> weniger dürr und trocken zur Sprache zu bringen (doch wohl nicht etwa in<lb/> poetischen Relativsätzen?), so kann man darin ehrlicherweise nur Chikane sehen.<lb/> Der Ton ist im Eingang nicht weniger glücklich getroffen wie in der folgenden<lb/> schwungvollen Stelle. Die Namen Magister und Doktor waren ebensowenig zu<lb/> vermeiden wie Magie, und das durchaus studiren wird man nur höchst<lb/> bezeichnend finden können. Auch das erzprosaische weder — noch (16, 21) wird<lb/> dem Dichter ausgenutzt, obgleich Goethe dasselbe auch sonst in Versen nicht<lb/> meidet, wie er selbst weder — weder im „Faust" und in der „Iphigenie" hat.<lb/> Die schärfere Markirung durch eine doppelte Disjunktion ist oft bezeichnend, bei<lb/> einzelnen Redeweisen nicht zu vermeiden. Natürlich wird der wenn auch unentbehr¬<lb/> liche Gebrauch von zwar, drum als zu logisch dem Monolog verwiesen; wie aber<lb/> in gleiche Verdammung das konsekutive daß, ob, dafür, auch eingeschlossen<lb/> werden, sieht man ebensowenig, wie daß dein dreimaligen dann der zweiten Partie<lb/> (37,69,71) eine „sehnsüchtige Stimmung," die Einleitung „des kontrastirenden<lb/> bessern Zustandes" zugeschrieben wird. Stunde dieses dreifache dann, das sich<lb/> zweimal auf eine Zeitbestimmung, einmal auf wenn zurückbezieht, im Eingänge,<lb/> statt des Lobes würde es scharfen Tadel gefunden haben. In der ersten Partie<lb/> sollen „Ausruf, Wunsch, Frage, Imperativ gänzlich fehlen" (S. 253). Und<lb/> doch findet sich ein Ausruf 4, 11 und in der stärksten Weise 23; auch hatte der<lb/> erste Druck Ausrufungszeichen nach ach! (1) und ich armer Thor (5), und es<lb/> stünde ein solches auch besser statt des ungehörigen Gedankenstrichs nach 15.<lb/> Die gesteigerte Bewegung der folgenden Partie bringt natürlich einen häufigern<lb/> Gebrauch von Ausrufungen und Fragen mit sich.</p><lb/> <p xml:id="ID_1830" next="#ID_1831"> Das Aufsuchen stilistischer Verschiedenheiten, die von dem verschiednen Tone<lb/> unabhängig sein sollen, ist vollständig gescheitert. Wo sich solche wirklich finden,<lb/> find sie freilich beachtenswert. Aber die Art, wie Scherer hier zu Werke geht,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0624]
Zum Verständnis und zum Schutze dos ersten Faustmonologs.
freilich nur ein Beispiel dieser Art, das neue Wirkenskraft (31). Dagegen
zählt Scherer in den 41 Versen seiner zweiten Partie „etwa 15" Beispiele,
aber davon müssen zunächst die Zusammensetzungen ausgeschlossen werden, die
nicht mehr als solche empfunden werden, wie Mondenschein, Mitternacht,
Hausrat. In Tiergerippe, Tvtenbein, Lebensregung, Seelenkraft
wird man kaum etwas Poetisches finden könne», ebensowenig in Bücherkauf,
Himmelslicht, worunter Scherer die Sonne verstehen möchte, Bergeshöhen,
Bergeshöhlen; nur das einzige Wissensqnalm hat des darin liegenden Ver¬
gleiches wegen einen poetischen Anstrich. Giebt es denn nicht anch sonst längere,
sehr bewegte Stellen, wo sich keine von dem Leser als poetische Znsammen¬
setzung empfundene Nominalcompositivn findet? Man vergleiche 101—134,
281—332, 825—900. Und wir fragen, wo hätte im Eingänge mit Fug eine
Nvuünalkvmpositiou angewandt werden können? Freilich wenn Scherer behauptet,
es sei durchaus möglich gewesen, den vier Fakultäten ein poetisches Gewand
anzuziehen (etwa durch langweilige Nominalkompositionen) und den Lehrerberuf
weniger dürr und trocken zur Sprache zu bringen (doch wohl nicht etwa in
poetischen Relativsätzen?), so kann man darin ehrlicherweise nur Chikane sehen.
Der Ton ist im Eingang nicht weniger glücklich getroffen wie in der folgenden
schwungvollen Stelle. Die Namen Magister und Doktor waren ebensowenig zu
vermeiden wie Magie, und das durchaus studiren wird man nur höchst
bezeichnend finden können. Auch das erzprosaische weder — noch (16, 21) wird
dem Dichter ausgenutzt, obgleich Goethe dasselbe auch sonst in Versen nicht
meidet, wie er selbst weder — weder im „Faust" und in der „Iphigenie" hat.
Die schärfere Markirung durch eine doppelte Disjunktion ist oft bezeichnend, bei
einzelnen Redeweisen nicht zu vermeiden. Natürlich wird der wenn auch unentbehr¬
liche Gebrauch von zwar, drum als zu logisch dem Monolog verwiesen; wie aber
in gleiche Verdammung das konsekutive daß, ob, dafür, auch eingeschlossen
werden, sieht man ebensowenig, wie daß dein dreimaligen dann der zweiten Partie
(37,69,71) eine „sehnsüchtige Stimmung," die Einleitung „des kontrastirenden
bessern Zustandes" zugeschrieben wird. Stunde dieses dreifache dann, das sich
zweimal auf eine Zeitbestimmung, einmal auf wenn zurückbezieht, im Eingänge,
statt des Lobes würde es scharfen Tadel gefunden haben. In der ersten Partie
sollen „Ausruf, Wunsch, Frage, Imperativ gänzlich fehlen" (S. 253). Und
doch findet sich ein Ausruf 4, 11 und in der stärksten Weise 23; auch hatte der
erste Druck Ausrufungszeichen nach ach! (1) und ich armer Thor (5), und es
stünde ein solches auch besser statt des ungehörigen Gedankenstrichs nach 15.
Die gesteigerte Bewegung der folgenden Partie bringt natürlich einen häufigern
Gebrauch von Ausrufungen und Fragen mit sich.
Das Aufsuchen stilistischer Verschiedenheiten, die von dem verschiednen Tone
unabhängig sein sollen, ist vollständig gescheitert. Wo sich solche wirklich finden,
find sie freilich beachtenswert. Aber die Art, wie Scherer hier zu Werke geht,
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