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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.

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Stelle deutlich und vernehmlich hervorheben, daß für jeden, der sehen will, die
Haltung der sogenannten "deutschen" Juden in Newyork geradezu den Ausschlag
geben muß. Die Annahme, diese Nasse dächte im Ernste daran, schlecht und
recht in uns aufzugehen, ist ein Wahn, Die Strebsamern eignen sich unser
Volkstum an, um uns desto sicherer zu beherrschen und zu benutzen, dem Neste
aber ist unsre Heimat lediglich ein Felo, welches nach Nomadenart im Vorüber¬
ziehen abgegrast wird. Die Etappen sind Königsberg-Posen-Breslau (auch sie
"marschiren getrennt"), dann Leipzig-Berlin-Hamburg, endlich Köln und Frankfurt,
Von da gehts uach Paris, nach Amsterdam, nach London und -- uach Newyork,
Es ist leider uoch immer keine Aussicht, daß der Reichtum, der aus unserm Fleisch
und aus unsern Knochen ausgesogen und dann wcitergeschleppt worden ist,
auf dem Wege über den Pacific und über China wieder zu uns käme, und so
wollen denn auch wir uns endlich zu jenem Schlachtrufe aufschwingen, welcher
bei ungebildeteren, aber mit einem stärkeren, lebhafteren und weniger mißleiteten
Instinkt begabten Nationen schon seit langem zu hören ist: Die Heimat für die
Heimischen! Deutschland für die Deutschen! Es ist dies nicht dasselbe, als wenn
man bei unsern Nachbarn ruft: Rußland für die Russen! Denn der Deutsche ist
dort nicht bloß ein intelligenter, sondern vor allem ein produktiver Ansiedler,
der -- von unserm Staudpunkte aus gesprochen -- leider im Lande bleibt und
seinen Reichtum im Lande läßt. Es ist dies nicht dasselbe, als wenn man in
den Bereinigten Staaten ruft: Amerika für die Amerikaner! Denn dort hängt
der Deutsche mit nur zu selbstloser Hingebung an seinem neuen "Vaterlande,"
und sei" Fleiß und seine Fruchtbarkeit haben den atlantischen Küstenplätzen ein
Hinterland geschaffen und bevölkert, wie die Erde seinesgleichen sucht; der
amerikanische Boden ist mit deutschen! Blute und deutschem Schweiße gedüngt,
die Wühlerei gegen die Deutschen ist dort eine undankbare Verrücktheit, be¬
ruhend auf Unwissenheit und Dünkel, während die Güfte, die wir im Lande
haben, uns immer nur ausgebeutet und ausgebeutet haben und uns, wenn sie
nur könnten wie in Rnmcinien, zu Abhängigkeit, zu Not und Niedrigkeit herab¬
wirtschaften möchten. Was haben die Juden, außer einer kosmopolitischen
Literatur und einer kapitalistischen Presse, für unser Boll geschaffen? Wie ver¬
wenden sie den Reichtum, den sie auf unserm Grund und Boden verdient haben?
Der Börsenmakler Cohn "machte" in einem einzigen Jahre einen Nettogewinn
von 17 Millionen Mark; es giebt eine ganze Menge, die nicht viel weniger
"machen," und angesichts dessen hat Berlin noch nicht einmal eine öffentliche
Lesehalle, die des Erwähnens wert wäre. Wer hat Newyork gesehen und kennt
nicht die ^sein-I^idrM/? Es ist ein mächtiges Hans mit weiten, hohen Hallen
und Lesesälen, warm im Winter, ein kühler Zufluchtsort im Sommer, wenn
die Glut sich in den Granit der Insel Manhattan eiugebrütct hat. Jedermann
aus dem Volke kaun sich dort ohne Entgelt und ohne Umstände sein Buch oder
seine Zeitschrift erbitten, und wenn das Betreffende ausnahmsweise nicht vor-


Stelle deutlich und vernehmlich hervorheben, daß für jeden, der sehen will, die
Haltung der sogenannten „deutschen" Juden in Newyork geradezu den Ausschlag
geben muß. Die Annahme, diese Nasse dächte im Ernste daran, schlecht und
recht in uns aufzugehen, ist ein Wahn, Die Strebsamern eignen sich unser
Volkstum an, um uns desto sicherer zu beherrschen und zu benutzen, dem Neste
aber ist unsre Heimat lediglich ein Felo, welches nach Nomadenart im Vorüber¬
ziehen abgegrast wird. Die Etappen sind Königsberg-Posen-Breslau (auch sie
„marschiren getrennt"), dann Leipzig-Berlin-Hamburg, endlich Köln und Frankfurt,
Von da gehts uach Paris, nach Amsterdam, nach London und — uach Newyork,
Es ist leider uoch immer keine Aussicht, daß der Reichtum, der aus unserm Fleisch
und aus unsern Knochen ausgesogen und dann wcitergeschleppt worden ist,
auf dem Wege über den Pacific und über China wieder zu uns käme, und so
wollen denn auch wir uns endlich zu jenem Schlachtrufe aufschwingen, welcher
bei ungebildeteren, aber mit einem stärkeren, lebhafteren und weniger mißleiteten
Instinkt begabten Nationen schon seit langem zu hören ist: Die Heimat für die
Heimischen! Deutschland für die Deutschen! Es ist dies nicht dasselbe, als wenn
man bei unsern Nachbarn ruft: Rußland für die Russen! Denn der Deutsche ist
dort nicht bloß ein intelligenter, sondern vor allem ein produktiver Ansiedler,
der — von unserm Staudpunkte aus gesprochen — leider im Lande bleibt und
seinen Reichtum im Lande läßt. Es ist dies nicht dasselbe, als wenn man in
den Bereinigten Staaten ruft: Amerika für die Amerikaner! Denn dort hängt
der Deutsche mit nur zu selbstloser Hingebung an seinem neuen „Vaterlande,"
und sei» Fleiß und seine Fruchtbarkeit haben den atlantischen Küstenplätzen ein
Hinterland geschaffen und bevölkert, wie die Erde seinesgleichen sucht; der
amerikanische Boden ist mit deutschen! Blute und deutschem Schweiße gedüngt,
die Wühlerei gegen die Deutschen ist dort eine undankbare Verrücktheit, be¬
ruhend auf Unwissenheit und Dünkel, während die Güfte, die wir im Lande
haben, uns immer nur ausgebeutet und ausgebeutet haben und uns, wenn sie
nur könnten wie in Rnmcinien, zu Abhängigkeit, zu Not und Niedrigkeit herab¬
wirtschaften möchten. Was haben die Juden, außer einer kosmopolitischen
Literatur und einer kapitalistischen Presse, für unser Boll geschaffen? Wie ver¬
wenden sie den Reichtum, den sie auf unserm Grund und Boden verdient haben?
Der Börsenmakler Cohn „machte" in einem einzigen Jahre einen Nettogewinn
von 17 Millionen Mark; es giebt eine ganze Menge, die nicht viel weniger
„machen," und angesichts dessen hat Berlin noch nicht einmal eine öffentliche
Lesehalle, die des Erwähnens wert wäre. Wer hat Newyork gesehen und kennt
nicht die ^sein-I^idrM/? Es ist ein mächtiges Hans mit weiten, hohen Hallen
und Lesesälen, warm im Winter, ein kühler Zufluchtsort im Sommer, wenn
die Glut sich in den Granit der Insel Manhattan eiugebrütct hat. Jedermann
aus dem Volke kaun sich dort ohne Entgelt und ohne Umstände sein Buch oder
seine Zeitschrift erbitten, und wenn das Betreffende ausnahmsweise nicht vor-


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[0607] Stelle deutlich und vernehmlich hervorheben, daß für jeden, der sehen will, die Haltung der sogenannten „deutschen" Juden in Newyork geradezu den Ausschlag geben muß. Die Annahme, diese Nasse dächte im Ernste daran, schlecht und recht in uns aufzugehen, ist ein Wahn, Die Strebsamern eignen sich unser Volkstum an, um uns desto sicherer zu beherrschen und zu benutzen, dem Neste aber ist unsre Heimat lediglich ein Felo, welches nach Nomadenart im Vorüber¬ ziehen abgegrast wird. Die Etappen sind Königsberg-Posen-Breslau (auch sie „marschiren getrennt"), dann Leipzig-Berlin-Hamburg, endlich Köln und Frankfurt, Von da gehts uach Paris, nach Amsterdam, nach London und — uach Newyork, Es ist leider uoch immer keine Aussicht, daß der Reichtum, der aus unserm Fleisch und aus unsern Knochen ausgesogen und dann wcitergeschleppt worden ist, auf dem Wege über den Pacific und über China wieder zu uns käme, und so wollen denn auch wir uns endlich zu jenem Schlachtrufe aufschwingen, welcher bei ungebildeteren, aber mit einem stärkeren, lebhafteren und weniger mißleiteten Instinkt begabten Nationen schon seit langem zu hören ist: Die Heimat für die Heimischen! Deutschland für die Deutschen! Es ist dies nicht dasselbe, als wenn man bei unsern Nachbarn ruft: Rußland für die Russen! Denn der Deutsche ist dort nicht bloß ein intelligenter, sondern vor allem ein produktiver Ansiedler, der — von unserm Staudpunkte aus gesprochen — leider im Lande bleibt und seinen Reichtum im Lande läßt. Es ist dies nicht dasselbe, als wenn man in den Bereinigten Staaten ruft: Amerika für die Amerikaner! Denn dort hängt der Deutsche mit nur zu selbstloser Hingebung an seinem neuen „Vaterlande," und sei» Fleiß und seine Fruchtbarkeit haben den atlantischen Küstenplätzen ein Hinterland geschaffen und bevölkert, wie die Erde seinesgleichen sucht; der amerikanische Boden ist mit deutschen! Blute und deutschem Schweiße gedüngt, die Wühlerei gegen die Deutschen ist dort eine undankbare Verrücktheit, be¬ ruhend auf Unwissenheit und Dünkel, während die Güfte, die wir im Lande haben, uns immer nur ausgebeutet und ausgebeutet haben und uns, wenn sie nur könnten wie in Rnmcinien, zu Abhängigkeit, zu Not und Niedrigkeit herab¬ wirtschaften möchten. Was haben die Juden, außer einer kosmopolitischen Literatur und einer kapitalistischen Presse, für unser Boll geschaffen? Wie ver¬ wenden sie den Reichtum, den sie auf unserm Grund und Boden verdient haben? Der Börsenmakler Cohn „machte" in einem einzigen Jahre einen Nettogewinn von 17 Millionen Mark; es giebt eine ganze Menge, die nicht viel weniger „machen," und angesichts dessen hat Berlin noch nicht einmal eine öffentliche Lesehalle, die des Erwähnens wert wäre. Wer hat Newyork gesehen und kennt nicht die ^sein-I^idrM/? Es ist ein mächtiges Hans mit weiten, hohen Hallen und Lesesälen, warm im Winter, ein kühler Zufluchtsort im Sommer, wenn die Glut sich in den Granit der Insel Manhattan eiugebrütct hat. Jedermann aus dem Volke kaun sich dort ohne Entgelt und ohne Umstände sein Buch oder seine Zeitschrift erbitten, und wenn das Betreffende ausnahmsweise nicht vor-

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423/607>, abgerufen am 05.02.2025.