Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.Betroffenheit, welche namentlich Cano'e'us nicht völlig verleugnet hatte. Barreto Er hatte blitzschnell die Zahl der Pferde und die der anwesenden Männer Die Herzen aller, die in diesem Augenblicke vor dem König standen, schlugen Nein, erhabner Herr, um keine Sklavin -- um eine edle Flüchtige handelt Ich brauche es uicht zu hören, Luis Camoens, ich errate es! entgegnete Betroffenheit, welche namentlich Cano'e'us nicht völlig verleugnet hatte. Barreto Er hatte blitzschnell die Zahl der Pferde und die der anwesenden Männer Die Herzen aller, die in diesem Augenblicke vor dem König standen, schlugen Nein, erhabner Herr, um keine Sklavin — um eine edle Flüchtige handelt Ich brauche es uicht zu hören, Luis Camoens, ich errate es! entgegnete <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0575" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197999"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1703" prev="#ID_1702"> Betroffenheit, welche namentlich Cano'e'us nicht völlig verleugnet hatte. Barreto<lb/> hatte nur eines Augenblickes bedurft, um sich zu entscheiden, daß der König die<lb/> Wahrheit erfahren müsse, und stand schon im Begriffe, dem Herrscher unauf¬<lb/> gefordert die Vorgänge dieses Morgens zu erläutern, als Dom Sebastian, dessen<lb/> Jagdgefolge inzwischen herangekommen war, aus dem Sattel sprang und, indem<lb/> er die Sorge für sein Pferd einem der Reitknechte überließ, sich ritterlich vor<lb/> der jungen Dame verneigte und den Männern ein huldvoller Gruß gönnte.<lb/> Dabei fragte er: Sind das dort eure Jagdpferde, ihr Herren, und habt ihr<lb/> hier nur eine kurze Rast gehalten? Wollt ihr euch unsrer Jagd anschließen,<lb/> oder ist euch die Sonne schon zu hoch gestiegen, um uns zu folgen?</p><lb/> <p xml:id="ID_1704"> Er hatte blitzschnell die Zahl der Pferde und die der anwesenden Männer<lb/> verglichen, Stallmeister Miraflores und der alte Falkner waren seinem Blicke<lb/> nicht entgangen, Barreto erriet, daß der König sich nur zu vergewissern wünsche,<lb/> ob er beim Heimritt die junge Gräfin und ihre Begleiter allein zur Seite<lb/> haben würde; Camoens aber, welcher in den Zügen Katarinas las, wie peinlich<lb/> ihr die Spannung dieser Minuten war, sprach entschlossen, fast ungestüm Dom<lb/> Sebastian an: Dem Auge Ew. Majestät kann es nicht entgehen, daß uns ein<lb/> andrer Zweck hier zusammengeführt hat als die Jagd. Pater Henriques hat<lb/> soeben eine junge Heidin in den Schoß der heiligen Kirche aufgenommen, die<lb/> Gräfin und ich haben ihr als Taufzeugen gedient, und da Gott es fügt,<lb/> daß Ihr, allergnädigster Herr, uns heute naht, so erflehen wir den Schutz und<lb/> die Gnade Ew. Majestät für die neue Christin!</p><lb/> <p xml:id="ID_1705"> Die Herzen aller, die in diesem Augenblicke vor dem König standen, schlugen<lb/> unruhiger, und selbst Pater Henriqnes senkte einen Augenblick die Augen, als<lb/> er den König erbleichen sah. Sie fühlten, daß ein Sturm im Anzüge sei. Dom<lb/> Sebastian sagte mit scharfer Betonung: Ich hoffe, daß es deine oder Senhor<lb/> Manuels Sklavin war, die Ihr hier in der Einsamkeit taufen ließet?</p><lb/> <p xml:id="ID_1706"> Nein, erhabner Herr, um keine Sklavin — um eine edle Flüchtige handelt<lb/> es sich, deren Sehnsucht uach dem Heil Pater Henriques gestillt hat! Wenn<lb/> Eure Majestät mir Gehör gönnen will, so berichte ich getreu, wie wunderbar<lb/> sich alles dies begeben hat!</p><lb/> <p xml:id="ID_1707"> Ich brauche es uicht zu hören, Luis Camoens, ich errate es! entgegnete<lb/> der König und heftete die blauen Augen mit eigentümlich kaltem Ausdruck<lb/> auf den Dichter und feinen Freund. Ihr habt der entflohenen Sklavin des<lb/> Prinzen Mulei Mohammed, meines erlauchten Bundesgenossen, Zuflucht ge¬<lb/> währt und habt sie laufen lassen, um sie ihrem Gebieter entziehen zu können!<lb/> Ihr habt übel gethan, wenn ihr mein königliches Gebot, dem Maurenfürsten<lb/> zur Wiedererlangung des Mädchens behilflich zu sein, nicht gekannt, und schlimmer,<lb/> wenn ihr demselben getrotzt habt! Pater Henriques wird wissen, ob er vor<lb/> seinen geistlichen Obern diese heimliche Taufe verantworten kann, an der Ihr,<lb/> Gräfin Catarina, nie hättet Teil nehmen sollen.</p><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0575]
Betroffenheit, welche namentlich Cano'e'us nicht völlig verleugnet hatte. Barreto
hatte nur eines Augenblickes bedurft, um sich zu entscheiden, daß der König die
Wahrheit erfahren müsse, und stand schon im Begriffe, dem Herrscher unauf¬
gefordert die Vorgänge dieses Morgens zu erläutern, als Dom Sebastian, dessen
Jagdgefolge inzwischen herangekommen war, aus dem Sattel sprang und, indem
er die Sorge für sein Pferd einem der Reitknechte überließ, sich ritterlich vor
der jungen Dame verneigte und den Männern ein huldvoller Gruß gönnte.
Dabei fragte er: Sind das dort eure Jagdpferde, ihr Herren, und habt ihr
hier nur eine kurze Rast gehalten? Wollt ihr euch unsrer Jagd anschließen,
oder ist euch die Sonne schon zu hoch gestiegen, um uns zu folgen?
Er hatte blitzschnell die Zahl der Pferde und die der anwesenden Männer
verglichen, Stallmeister Miraflores und der alte Falkner waren seinem Blicke
nicht entgangen, Barreto erriet, daß der König sich nur zu vergewissern wünsche,
ob er beim Heimritt die junge Gräfin und ihre Begleiter allein zur Seite
haben würde; Camoens aber, welcher in den Zügen Katarinas las, wie peinlich
ihr die Spannung dieser Minuten war, sprach entschlossen, fast ungestüm Dom
Sebastian an: Dem Auge Ew. Majestät kann es nicht entgehen, daß uns ein
andrer Zweck hier zusammengeführt hat als die Jagd. Pater Henriques hat
soeben eine junge Heidin in den Schoß der heiligen Kirche aufgenommen, die
Gräfin und ich haben ihr als Taufzeugen gedient, und da Gott es fügt,
daß Ihr, allergnädigster Herr, uns heute naht, so erflehen wir den Schutz und
die Gnade Ew. Majestät für die neue Christin!
Die Herzen aller, die in diesem Augenblicke vor dem König standen, schlugen
unruhiger, und selbst Pater Henriqnes senkte einen Augenblick die Augen, als
er den König erbleichen sah. Sie fühlten, daß ein Sturm im Anzüge sei. Dom
Sebastian sagte mit scharfer Betonung: Ich hoffe, daß es deine oder Senhor
Manuels Sklavin war, die Ihr hier in der Einsamkeit taufen ließet?
Nein, erhabner Herr, um keine Sklavin — um eine edle Flüchtige handelt
es sich, deren Sehnsucht uach dem Heil Pater Henriques gestillt hat! Wenn
Eure Majestät mir Gehör gönnen will, so berichte ich getreu, wie wunderbar
sich alles dies begeben hat!
Ich brauche es uicht zu hören, Luis Camoens, ich errate es! entgegnete
der König und heftete die blauen Augen mit eigentümlich kaltem Ausdruck
auf den Dichter und feinen Freund. Ihr habt der entflohenen Sklavin des
Prinzen Mulei Mohammed, meines erlauchten Bundesgenossen, Zuflucht ge¬
währt und habt sie laufen lassen, um sie ihrem Gebieter entziehen zu können!
Ihr habt übel gethan, wenn ihr mein königliches Gebot, dem Maurenfürsten
zur Wiedererlangung des Mädchens behilflich zu sein, nicht gekannt, und schlimmer,
wenn ihr demselben getrotzt habt! Pater Henriques wird wissen, ob er vor
seinen geistlichen Obern diese heimliche Taufe verantworten kann, an der Ihr,
Gräfin Catarina, nie hättet Teil nehmen sollen.
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