Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.fast überall die katholische Seelsorge wieder herzustellen. Selbst ältere Dechanten, Nach drei Jahren des Wartens sind um jetzt die Vorschläge zu einer Sodann will diese vierte Vorlage noch weiter die Heranbildung solcher fast überall die katholische Seelsorge wieder herzustellen. Selbst ältere Dechanten, Nach drei Jahren des Wartens sind um jetzt die Vorschläge zu einer Sodann will diese vierte Vorlage noch weiter die Heranbildung solcher <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0560" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197984"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1652" prev="#ID_1651"> fast überall die katholische Seelsorge wieder herzustellen. Selbst ältere Dechanten,<lb/> die man irgendwo gern anstellen wollte, begabte man mit der Eigenschaft von<lb/> „Hilfsgeistlichen," um dem Gesetz formell genugzuthun. Der prinzipielle Wider¬<lb/> spruch gegen die Anzeigepflicht überhaupt war ja gerettet. Eine andre Zer-<lb/> bröckelung traf den kirchlichen Gerichtshof. Er wurde in drei Fällen für nicht<lb/> mehr zuständig erklärt. Die Straffreiheit geistlicher Handlungen wurde aus¬<lb/> gedehnt. So war denn eine große Freude über diese dritte Milderung der so¬<lb/> genannten Maigesetze in den katholischen Kreisen.</p><lb/> <p xml:id="ID_1653"> Nach drei Jahren des Wartens sind um jetzt die Vorschläge zu einer<lb/> vierten Reihe von Milderungsgesetzen dem Herrenhause übergeben und werden<lb/> in einer Kommission beraten. Was ist der Inhalt derselben? Die wissenschaft¬<lb/> liche Staatsprüfung der Kandidaten der Theologie, welche zuletzt auf ein Flei߬<lb/> zeugnis reduzirt war, soll ganz aufgegeben werden. Damit wird also verwirklicht,<lb/> was Karl Hase schon 1878 in seiner Broschüre „Des Kulturkampfs Ende" ge¬<lb/> raten hatte. „Wer ein deutsches Gymnasium mit Ehren absolvirt hat, der<lb/> hat an humanistischer Bildung zur Not genug für einen katholischen Pfarrer."<lb/> Das ist ganz in Übereinstimmung mit der Äußerung eines deutschen römischen<lb/> Bischofs, „er brauche nicht gelehrte Priester, sondern uur eine jährliche Zufuhr<lb/> von ehrbaren und gehorsamen Verrichtern von liturgischen Vorschriften."</p><lb/> <p xml:id="ID_1654"> Sodann will diese vierte Vorlage noch weiter die Heranbildung solcher<lb/> guten, gläubigen Verrichter liturgischer Handlungen erleichtern. Das Verbot<lb/> der sogenannten „Knabenseminare" ist von einigen Seiten, wie erzählt wird,<lb/> mißverstanden worden, indem man auch kirchliche Gymnasialalumnate darunter<lb/> rechnete. Dieses Mißverständnis soll ausdrücklich zurückgewiesen werden. Als<lb/> Gymnasialalumnate kirchlicher Art, die nicht verboten sind, werden in der Be¬<lb/> gründung der neuen Vorschläge genannt: das Collegium Mcirianum zu Pelplin,<lb/> das früher zu den verbotenen gerechnet wurde (Wiese I, 277), das katholische<lb/> Knabenpcnsioncit zu Opiaten bei Köln (das „Erzbischvflichc Aloysicmnm"), die<lb/> Knabenkonvikte zu Hildesheim, Osnabrück, Meppen, Hadamar, Montabaur und<lb/> mehrere andre. Diese Anstalten nehmen zwar nur katholische Zöglinge auf,<lb/> aber sie fordern nicht, daß sie künftig Theologie studiren, auch sind Rückzahlungen<lb/> der Pensiousgelder ?e. untersagt. Es sind Erziehungsanstalten für weniger<lb/> bemittelte, sie sind an eine staatliche Unterrichtsanstalt angelehnt und werden<lb/> von dem Direktor dieser Anstalt einigermaßen kontrolirt. Sie sollen also durch<lb/> Gesetz für erlaubt erklärt und nur unter die allgemeine Staatsaufsicht gestellt<lb/> werden. Diese Aussicht wird noch genauer zu definiren sein, zumal da auch<lb/> Studeutenkvnvikte und Predigerscmüiare, welche^die Universitäten ersetzen dürfen,<lb/> in dieselbe allgemeine Staatsaufsicht treten sollen, auch die Lehrer an denselben<lb/> nicht der Anzeigepflicht unterliegen werden. Zu der sanitätspvlizeilichen Auf¬<lb/> sicht muß doch noch einiges andre hinzukommen. Ohne Zweifel ist darüber noch<lb/> eine amtliche Erklärung zu erwarten.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0560]
fast überall die katholische Seelsorge wieder herzustellen. Selbst ältere Dechanten,
die man irgendwo gern anstellen wollte, begabte man mit der Eigenschaft von
„Hilfsgeistlichen," um dem Gesetz formell genugzuthun. Der prinzipielle Wider¬
spruch gegen die Anzeigepflicht überhaupt war ja gerettet. Eine andre Zer-
bröckelung traf den kirchlichen Gerichtshof. Er wurde in drei Fällen für nicht
mehr zuständig erklärt. Die Straffreiheit geistlicher Handlungen wurde aus¬
gedehnt. So war denn eine große Freude über diese dritte Milderung der so¬
genannten Maigesetze in den katholischen Kreisen.
Nach drei Jahren des Wartens sind um jetzt die Vorschläge zu einer
vierten Reihe von Milderungsgesetzen dem Herrenhause übergeben und werden
in einer Kommission beraten. Was ist der Inhalt derselben? Die wissenschaft¬
liche Staatsprüfung der Kandidaten der Theologie, welche zuletzt auf ein Flei߬
zeugnis reduzirt war, soll ganz aufgegeben werden. Damit wird also verwirklicht,
was Karl Hase schon 1878 in seiner Broschüre „Des Kulturkampfs Ende" ge¬
raten hatte. „Wer ein deutsches Gymnasium mit Ehren absolvirt hat, der
hat an humanistischer Bildung zur Not genug für einen katholischen Pfarrer."
Das ist ganz in Übereinstimmung mit der Äußerung eines deutschen römischen
Bischofs, „er brauche nicht gelehrte Priester, sondern uur eine jährliche Zufuhr
von ehrbaren und gehorsamen Verrichtern von liturgischen Vorschriften."
Sodann will diese vierte Vorlage noch weiter die Heranbildung solcher
guten, gläubigen Verrichter liturgischer Handlungen erleichtern. Das Verbot
der sogenannten „Knabenseminare" ist von einigen Seiten, wie erzählt wird,
mißverstanden worden, indem man auch kirchliche Gymnasialalumnate darunter
rechnete. Dieses Mißverständnis soll ausdrücklich zurückgewiesen werden. Als
Gymnasialalumnate kirchlicher Art, die nicht verboten sind, werden in der Be¬
gründung der neuen Vorschläge genannt: das Collegium Mcirianum zu Pelplin,
das früher zu den verbotenen gerechnet wurde (Wiese I, 277), das katholische
Knabenpcnsioncit zu Opiaten bei Köln (das „Erzbischvflichc Aloysicmnm"), die
Knabenkonvikte zu Hildesheim, Osnabrück, Meppen, Hadamar, Montabaur und
mehrere andre. Diese Anstalten nehmen zwar nur katholische Zöglinge auf,
aber sie fordern nicht, daß sie künftig Theologie studiren, auch sind Rückzahlungen
der Pensiousgelder ?e. untersagt. Es sind Erziehungsanstalten für weniger
bemittelte, sie sind an eine staatliche Unterrichtsanstalt angelehnt und werden
von dem Direktor dieser Anstalt einigermaßen kontrolirt. Sie sollen also durch
Gesetz für erlaubt erklärt und nur unter die allgemeine Staatsaufsicht gestellt
werden. Diese Aussicht wird noch genauer zu definiren sein, zumal da auch
Studeutenkvnvikte und Predigerscmüiare, welche^die Universitäten ersetzen dürfen,
in dieselbe allgemeine Staatsaufsicht treten sollen, auch die Lehrer an denselben
nicht der Anzeigepflicht unterliegen werden. Zu der sanitätspvlizeilichen Auf¬
sicht muß doch noch einiges andre hinzukommen. Ohne Zweifel ist darüber noch
eine amtliche Erklärung zu erwarten.
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