Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.Beaumarchais. In Versailles war Beaumarchais aber darum nicht in Ungnade gefallen, Um die Mitte der achtziger Jahre finden wir Beaumarchais als Aktionär Grenzboten I. 1886. (in
Beaumarchais. In Versailles war Beaumarchais aber darum nicht in Ungnade gefallen, Um die Mitte der achtziger Jahre finden wir Beaumarchais als Aktionär Grenzboten I. 1886. (in
<TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0505" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197929"/> <fw type="header" place="top"> Beaumarchais.</fw><lb/> <p xml:id="ID_1485"> In Versailles war Beaumarchais aber darum nicht in Ungnade gefallen,<lb/> der König nahm die Erzählung seiner Abenteuer zwar nicht gläubig, aber doch<lb/> humoristisch auf, er erhielt auch die Reisekosten, die sich nach Beaumarchais'<lb/> Rechnung auf 72 000 Franks beliefen, ausgezahlt, und bald darauf ging er<lb/> in einer vertraulichen Sendung nach London. Diesmal hatte er mit dem be¬<lb/> rüchtigten Chevalier d'Eon zu verhandeln, daneben diente er seiner Regierung<lb/> als politischer Agent und bediente sie besser und schneller als die nktrcditirten<lb/> Gesandten. Außerdem trat er nun in zahlreichen Briefen und Denkschriften<lb/> als Sachwalter der Amerikaner ans und suchte die französische Regierung zu<lb/> bewegen, diese mit Geld und Waffen zu unterstützen. Diese Unterstützungen<lb/> sollten natürlich dnrch seine Hände gehen. Wirklich erreichte er seine Absicht.<lb/> Am 10. Juni 1776 erhielt er vom Minister Vergennes die erste Million aus¬<lb/> gezahlt, der im August eine zweite folgte, damit er mit den geheimen Sendungen<lb/> beginnen könne. Sogleich eröffnete er mit diesen Kapitalien ein großes Rhedcr-<lb/> geschäft unter der Firma Nodrigue Hvrtalez u. Komp. Daß es ihm dabei<lb/> weniger darum zu thun war, die gute Sache Amerikas zu fördern, als viel¬<lb/> mehr sich selbst wieder zum vermögenden Manne zu machen, dürfen wir nach<lb/> dem, was wir sonst von ihm wissen, getrost annehmen. Nach den Reden seiner<lb/> Neider Hütte er auch wirklich nur durch die schamlose Ausbeutung der Amerikaner<lb/> sowohl als ihrer Gönner den kolossalen Reichtum erworben, dessen er sich in<lb/> den folgenden Jahren erfreute. Nach Bettclheims Darstellung allerdings hätte er<lb/> zunächst nur Verluste gehabt, und 70 000 Franks, die ihm ein gewonnener Prozeß<lb/> einbrachte, sollen ihn eben damals aus arger Verlegenheit gerissen haben. Indes<lb/> widerspricht sich Bettelhcun, wenn er dann behauptet, Beaumarchais habe zu der¬<lb/> selben Zeit die großartige und kostspielige Kehler Voltaircausgabe vorzüglich<lb/> deshalb unternommen, um seine so günstig veränderten Vermögensverhältnisse<lb/> dnrch einen redlichen Geschüftsgewinn erklären zu können. So war er also<lb/> doch damals schon — 1779 — in guten, ja glänzenden Umständen? Wie<lb/> war denn dies gekommen? Durch jene 70 000 Franks doch nicht. Allerdings<lb/> hatte er im Jahre 1778 von der Regierung 400 000 Livres erhalten. Doch<lb/> diese konnten ihn kaum für einen großen Verlust entschädigen, den er soeben<lb/> erlitten hatte: in der Schlacht von La Grenade war ihm das Kriegsschiff<lb/> I-^s üsr Köcki'iAUö, das er auf seine Kosten ausgerüstet hatte, zusammengeschossen<lb/> worden, mehrere beladene Kauffahrteischiffe aber, die der UucinKno hätte ge¬<lb/> leiten sollen, fielen in die Hunde der Engländer. Eine ausgiebigere Entschädigung<lb/> rund 1^ Millionen — erhielt er von der Regierung erst im Jahre 1785.</p><lb/> <p xml:id="ID_1486" next="#ID_1487"> Um die Mitte der achtziger Jahre finden wir Beaumarchais als Aktionär<lb/> einer Pariser Wasserversorgungsgesellschaft, die 1777 gegründet worden war.<lb/> Die Aktien, welche man zu 1200 Franks in Umlauf gesetzt hatte, standen damals<lb/> bereits ans 3600. Gegen diese Gesellschaft und ihr ungemessenes Haussespiel<lb/> trat nun Mirabeau, als Wortführer des konservativen Bankhauses Claviere, in</p><lb/> <fw type="sig" place="bottom"> Grenzboten I. 1886. (in</fw><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0505]
Beaumarchais.
In Versailles war Beaumarchais aber darum nicht in Ungnade gefallen,
der König nahm die Erzählung seiner Abenteuer zwar nicht gläubig, aber doch
humoristisch auf, er erhielt auch die Reisekosten, die sich nach Beaumarchais'
Rechnung auf 72 000 Franks beliefen, ausgezahlt, und bald darauf ging er
in einer vertraulichen Sendung nach London. Diesmal hatte er mit dem be¬
rüchtigten Chevalier d'Eon zu verhandeln, daneben diente er seiner Regierung
als politischer Agent und bediente sie besser und schneller als die nktrcditirten
Gesandten. Außerdem trat er nun in zahlreichen Briefen und Denkschriften
als Sachwalter der Amerikaner ans und suchte die französische Regierung zu
bewegen, diese mit Geld und Waffen zu unterstützen. Diese Unterstützungen
sollten natürlich dnrch seine Hände gehen. Wirklich erreichte er seine Absicht.
Am 10. Juni 1776 erhielt er vom Minister Vergennes die erste Million aus¬
gezahlt, der im August eine zweite folgte, damit er mit den geheimen Sendungen
beginnen könne. Sogleich eröffnete er mit diesen Kapitalien ein großes Rhedcr-
geschäft unter der Firma Nodrigue Hvrtalez u. Komp. Daß es ihm dabei
weniger darum zu thun war, die gute Sache Amerikas zu fördern, als viel¬
mehr sich selbst wieder zum vermögenden Manne zu machen, dürfen wir nach
dem, was wir sonst von ihm wissen, getrost annehmen. Nach den Reden seiner
Neider Hütte er auch wirklich nur durch die schamlose Ausbeutung der Amerikaner
sowohl als ihrer Gönner den kolossalen Reichtum erworben, dessen er sich in
den folgenden Jahren erfreute. Nach Bettclheims Darstellung allerdings hätte er
zunächst nur Verluste gehabt, und 70 000 Franks, die ihm ein gewonnener Prozeß
einbrachte, sollen ihn eben damals aus arger Verlegenheit gerissen haben. Indes
widerspricht sich Bettelhcun, wenn er dann behauptet, Beaumarchais habe zu der¬
selben Zeit die großartige und kostspielige Kehler Voltaircausgabe vorzüglich
deshalb unternommen, um seine so günstig veränderten Vermögensverhältnisse
dnrch einen redlichen Geschüftsgewinn erklären zu können. So war er also
doch damals schon — 1779 — in guten, ja glänzenden Umständen? Wie
war denn dies gekommen? Durch jene 70 000 Franks doch nicht. Allerdings
hatte er im Jahre 1778 von der Regierung 400 000 Livres erhalten. Doch
diese konnten ihn kaum für einen großen Verlust entschädigen, den er soeben
erlitten hatte: in der Schlacht von La Grenade war ihm das Kriegsschiff
I-^s üsr Köcki'iAUö, das er auf seine Kosten ausgerüstet hatte, zusammengeschossen
worden, mehrere beladene Kauffahrteischiffe aber, die der UucinKno hätte ge¬
leiten sollen, fielen in die Hunde der Engländer. Eine ausgiebigere Entschädigung
rund 1^ Millionen — erhielt er von der Regierung erst im Jahre 1785.
Um die Mitte der achtziger Jahre finden wir Beaumarchais als Aktionär
einer Pariser Wasserversorgungsgesellschaft, die 1777 gegründet worden war.
Die Aktien, welche man zu 1200 Franks in Umlauf gesetzt hatte, standen damals
bereits ans 3600. Gegen diese Gesellschaft und ihr ungemessenes Haussespiel
trat nun Mirabeau, als Wortführer des konservativen Bankhauses Claviere, in
Grenzboten I. 1886. (in
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