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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.

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Schiffsraaen,

nur "Fregatten" hießen, für die damalige Zeit aber mit Recht von den Eng¬
ländern Ilus-ok-I)g.ttIo-8lui)8 in äiLKM8v genannt wurden.

Aber nicht allein die Flotte, sondern auch die großen Nhedereien der
Hansestädte benutzen in der Benennung ihrer Schiffe mit Vorliebe geographische
Name". "Germania," "Saxonia," "Silesia," "Nngia" und wie sie alle heißen,
scheinen dazu bestimmt, die politische Geographie des deutschen Reiches dem
Auslande näher zu bringen, und man fragt sich unwillkürlich, warum nicht
durch ein Verfahren in umgekehrtem Sinne einmal eine wohlthuende Abwechslung
hineingebracht werden könne. Wie die Zeitungen berichten, sollen die neuen
Postdampfcr des Norddeutschen Lloyd abermals deutsche Ländername" erhalten.
Patriotisch ist das gewiß, mir fragt mau sich, ob denn der nationale Sinn
beeinträchtigt werde, wenn er der Poesie und Phantasie etwas mehr Spielraum
gönnt. Daß man die Gefahr einer Verwechslung heraufbeschwören sollte, wenn
man die neuen Postdampfer, ganz wie die Panzerschiffe, "Preußen," "Sachsen"
und "Baiern" nennt, darin liegt gerade keine Gefahr; wenigstens drängt sich
einem zur Vermeidung einer solchen unwillkürlich das etwas triviale Mittel
auf, die Flvttcnbenenuuug S. M. S. (Sr. Majestät Schiff) etwa durch des
Norddeutschen Lloyd Schiff N. N. oder S. W. (Sr. Wohlgeboren Schiff, d. i.
Herrn H. H. Meyers) zu ersetzen. Aber giebt es denn zur Bethätigung des
nationellen Sinnes und unbeschadet desselben nicht noch untre Namen? Wird
nicht dem nationalen Sinne ebenso Geniige gethan, wenn mau den Schiffen
statt der Name" der Abgangsländer in diesem Falle die der Bcstimmuugslüudcr
oder Inseln beilegt? "Singapore," "Hivgo," "Osaeen" und "Hakvdadi" thun,
wenn sie sich als Schiffsraaen in Deutschland einbürgern, dem nationalen Sinne
nicht den geringsten Schaden und geben der Bestimmung der Schiffe nützlichen
Ausdruck. Für den nationalen Charakter eines Schiffes bürgt die Flagge, die
es trägt, möge man doch in den: Namen, deu mau ihm beilegt, auch seiner
Bestimmung gerecht werden. Wenn man das verschmäht, so giebt es doch hundert
Wege, um in den Namen der Schiffe ihre Bedeutung und ihre, sei es idealen,
sei es wirklichen Eigenschaften nuszudriickeu.

Übersicht mau das ganze Namensregister der Schifffahrt des deutschen
Reiches, so kann mau sich des Gefühles einer gewissen Einseitigkeit kaum er¬
wehren. Wir reden hier vor allem von deu großen Schiffen, denen des Staates
sowohl wie denen der großen Nhedereien. Daß in der Flotte die "Blücher,"
"Gneisenau" und "Moltke" sich am deutlichsten hervorthun, ist gewiß erfreulich;
daß die Namen des Monarchen und der ihm am nächsten stehenden Mitglieder
des Fürstenhauses sich in erster Linie bemerklich machen, ist selbstverständlich,
obwohl es nicht jedermann einleuchtet, daß man in den den Korvetten beigelegten
weiblichen Vornamen, wie "Luise," "Carola," "Sophie," "Marie," "Olga,"
"Alexandrine," ohne die beigefügten Worte: Königin, Großherzogin, Prinzessin
die Namen bestimmter deutscher Königinnen und Fürstinnen zu erkennen habe.


Schiffsraaen,

nur „Fregatten" hießen, für die damalige Zeit aber mit Recht von den Eng¬
ländern Ilus-ok-I)g.ttIo-8lui)8 in äiLKM8v genannt wurden.

Aber nicht allein die Flotte, sondern auch die großen Nhedereien der
Hansestädte benutzen in der Benennung ihrer Schiffe mit Vorliebe geographische
Name». „Germania," „Saxonia," „Silesia," „Nngia" und wie sie alle heißen,
scheinen dazu bestimmt, die politische Geographie des deutschen Reiches dem
Auslande näher zu bringen, und man fragt sich unwillkürlich, warum nicht
durch ein Verfahren in umgekehrtem Sinne einmal eine wohlthuende Abwechslung
hineingebracht werden könne. Wie die Zeitungen berichten, sollen die neuen
Postdampfcr des Norddeutschen Lloyd abermals deutsche Ländername» erhalten.
Patriotisch ist das gewiß, mir fragt mau sich, ob denn der nationale Sinn
beeinträchtigt werde, wenn er der Poesie und Phantasie etwas mehr Spielraum
gönnt. Daß man die Gefahr einer Verwechslung heraufbeschwören sollte, wenn
man die neuen Postdampfer, ganz wie die Panzerschiffe, „Preußen," „Sachsen"
und „Baiern" nennt, darin liegt gerade keine Gefahr; wenigstens drängt sich
einem zur Vermeidung einer solchen unwillkürlich das etwas triviale Mittel
auf, die Flvttcnbenenuuug S. M. S. (Sr. Majestät Schiff) etwa durch des
Norddeutschen Lloyd Schiff N. N. oder S. W. (Sr. Wohlgeboren Schiff, d. i.
Herrn H. H. Meyers) zu ersetzen. Aber giebt es denn zur Bethätigung des
nationellen Sinnes und unbeschadet desselben nicht noch untre Namen? Wird
nicht dem nationalen Sinne ebenso Geniige gethan, wenn mau den Schiffen
statt der Name» der Abgangsländer in diesem Falle die der Bcstimmuugslüudcr
oder Inseln beilegt? „Singapore," „Hivgo," „Osaeen" und „Hakvdadi" thun,
wenn sie sich als Schiffsraaen in Deutschland einbürgern, dem nationalen Sinne
nicht den geringsten Schaden und geben der Bestimmung der Schiffe nützlichen
Ausdruck. Für den nationalen Charakter eines Schiffes bürgt die Flagge, die
es trägt, möge man doch in den: Namen, deu mau ihm beilegt, auch seiner
Bestimmung gerecht werden. Wenn man das verschmäht, so giebt es doch hundert
Wege, um in den Namen der Schiffe ihre Bedeutung und ihre, sei es idealen,
sei es wirklichen Eigenschaften nuszudriickeu.

Übersicht mau das ganze Namensregister der Schifffahrt des deutschen
Reiches, so kann mau sich des Gefühles einer gewissen Einseitigkeit kaum er¬
wehren. Wir reden hier vor allem von deu großen Schiffen, denen des Staates
sowohl wie denen der großen Nhedereien. Daß in der Flotte die „Blücher,"
„Gneisenau" und „Moltke" sich am deutlichsten hervorthun, ist gewiß erfreulich;
daß die Namen des Monarchen und der ihm am nächsten stehenden Mitglieder
des Fürstenhauses sich in erster Linie bemerklich machen, ist selbstverständlich,
obwohl es nicht jedermann einleuchtet, daß man in den den Korvetten beigelegten
weiblichen Vornamen, wie „Luise," „Carola," „Sophie," „Marie," „Olga,"
„Alexandrine," ohne die beigefügten Worte: Königin, Großherzogin, Prinzessin
die Namen bestimmter deutscher Königinnen und Fürstinnen zu erkennen habe.


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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423/471>, abgerufen am 05.02.2025.