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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.

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Die Rechte der Polen in Posen.

Ehre lind Bestes nach äußerstem Vermögen fördern, Schaden und Nachteil ab¬
wenden, die Meinigen sowie meine Untergebnen dazu anhalten und weder gegen
Se. Königliche Majestät, Dero Königliches Haus, Land, Armee und sonstiges
Allerhöchstes Interesse etwas Nachteiliges vornehmen, noch mit Sr. Königlichen
Majestät Feinden das geringste Verständnis haben, auch nicht dulden zu "vollen,
daß gegen diese Verpflichtung von einem andern gehandelt werde, und auf diese
Weise mich so zu verhalten, wie es treuen Vasallen und Unterthanen gegen
ihre rechtmüßige Landesherrlichkeit überall gebührt. So wahr mir Gott helfe
durch seinen Sohn Jesum Christum, die übergebencdeite, von der Erbsünde un¬
befleckte Jungfrau und Mutter Gottes Maria und alle liebe Heilige."

Nun geschah es, daß der Oberpräsident von Zerbvni diesen Eid als nicht
genug bindend ansah, und daß er infolgedessen sich hinsetzte und einen Revers
für die polnischen Beamten niederschrieb, den sie "ach Ableistung ihres Schwurs
unterzeichnen sollten, und der folgendermaßen lautete:

"Ich Endesunterzeichneter bekenne hierdurch feierlich und öffentlich, daß ich
ungezwungen in die Dienste Sr. Majestät des Königs von Preußen, meines
Allergnädigsten Herrn, getreten bin und den mir vorgelegten Diensteid freiwillig
und ohne Reservation geschworen habe. Ich erkenne Se. Majestät den König
von Preußen als den einzigen rechtmäßigen Souverän dieses Landes und den
Anteil von Polen, welcher durch den Kongreß von Wien dem königlich preußischen
Hause wieder zugefallen ist, als mein Vaterland, das ich gegen jede Macht und
gegen jedermann, wer es auch sei, uuter alle" Umständen und Verhältnissen
mit meinem Blute zu verteidigen verpflichtet und bereit bin. Ich gelobe Sr.
Königlichen Majestät von Preußen und Höchstdero Hause die unverbrüchlichste
Treue, die gewissenhafteste Erfüllung der von mir übernommenen Dienstpflichten
und einen unbedingten Gehorsam. Für die Erfüllung dieser Gelübde verpfände
ich meine Ehre und will für einen ehrlosen Mann und für einen Verräter an
meinem Vaterlande und meiner eignen Nation gelten, wenn ich dieses mein
Versprechen breche."

Dieser Revers ist von einigen Beamten wirklich vollzogen worden. Er
war wohlgemeint, aber überflüssig und in seiner Fassung ungeschickt, und Zerbvui
besaß nicht die Befugnis, mit ihm vvrzngehe". Die Polen aber legten ihm
hohes Gewicht bei, machten in ihrer Darstellung der damaligen Vorgänge aus
dem Revers nach dem Huldignngscide den wirklichen Eid, sprachen ihre Freude
aus, daß in ihm "endlich einmal klar und bestimmt erklärt sei, was eigentlich
der Bewohner des Grvßhcrzogtums Posen als sein Vaterland zu betrachten
habe," und wiesen der betreffenden Oberpräsidialverordnung in ihrem "Cyklus
der Staats- und völkerrechtlichen Urkunden, welche das Verhältnis des Gro߬
herzogtums Posen zur preußischen Krone feststellen," einen hervorragenden
Platz an. Sie wissen natürlich, verschweigen aber, daß die taktlose Eigenmäch¬
tigkeit Zerbonis diesem einen schweren Verdruß zuzog und höhern Ortes ohne


Die Rechte der Polen in Posen.

Ehre lind Bestes nach äußerstem Vermögen fördern, Schaden und Nachteil ab¬
wenden, die Meinigen sowie meine Untergebnen dazu anhalten und weder gegen
Se. Königliche Majestät, Dero Königliches Haus, Land, Armee und sonstiges
Allerhöchstes Interesse etwas Nachteiliges vornehmen, noch mit Sr. Königlichen
Majestät Feinden das geringste Verständnis haben, auch nicht dulden zu »vollen,
daß gegen diese Verpflichtung von einem andern gehandelt werde, und auf diese
Weise mich so zu verhalten, wie es treuen Vasallen und Unterthanen gegen
ihre rechtmüßige Landesherrlichkeit überall gebührt. So wahr mir Gott helfe
durch seinen Sohn Jesum Christum, die übergebencdeite, von der Erbsünde un¬
befleckte Jungfrau und Mutter Gottes Maria und alle liebe Heilige."

Nun geschah es, daß der Oberpräsident von Zerbvni diesen Eid als nicht
genug bindend ansah, und daß er infolgedessen sich hinsetzte und einen Revers
für die polnischen Beamten niederschrieb, den sie »ach Ableistung ihres Schwurs
unterzeichnen sollten, und der folgendermaßen lautete:

„Ich Endesunterzeichneter bekenne hierdurch feierlich und öffentlich, daß ich
ungezwungen in die Dienste Sr. Majestät des Königs von Preußen, meines
Allergnädigsten Herrn, getreten bin und den mir vorgelegten Diensteid freiwillig
und ohne Reservation geschworen habe. Ich erkenne Se. Majestät den König
von Preußen als den einzigen rechtmäßigen Souverän dieses Landes und den
Anteil von Polen, welcher durch den Kongreß von Wien dem königlich preußischen
Hause wieder zugefallen ist, als mein Vaterland, das ich gegen jede Macht und
gegen jedermann, wer es auch sei, uuter alle» Umständen und Verhältnissen
mit meinem Blute zu verteidigen verpflichtet und bereit bin. Ich gelobe Sr.
Königlichen Majestät von Preußen und Höchstdero Hause die unverbrüchlichste
Treue, die gewissenhafteste Erfüllung der von mir übernommenen Dienstpflichten
und einen unbedingten Gehorsam. Für die Erfüllung dieser Gelübde verpfände
ich meine Ehre und will für einen ehrlosen Mann und für einen Verräter an
meinem Vaterlande und meiner eignen Nation gelten, wenn ich dieses mein
Versprechen breche."

Dieser Revers ist von einigen Beamten wirklich vollzogen worden. Er
war wohlgemeint, aber überflüssig und in seiner Fassung ungeschickt, und Zerbvui
besaß nicht die Befugnis, mit ihm vvrzngehe». Die Polen aber legten ihm
hohes Gewicht bei, machten in ihrer Darstellung der damaligen Vorgänge aus
dem Revers nach dem Huldignngscide den wirklichen Eid, sprachen ihre Freude
aus, daß in ihm „endlich einmal klar und bestimmt erklärt sei, was eigentlich
der Bewohner des Grvßhcrzogtums Posen als sein Vaterland zu betrachten
habe," und wiesen der betreffenden Oberpräsidialverordnung in ihrem „Cyklus
der Staats- und völkerrechtlichen Urkunden, welche das Verhältnis des Gro߬
herzogtums Posen zur preußischen Krone feststellen," einen hervorragenden
Platz an. Sie wissen natürlich, verschweigen aber, daß die taktlose Eigenmäch¬
tigkeit Zerbonis diesem einen schweren Verdruß zuzog und höhern Ortes ohne


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[0446] Die Rechte der Polen in Posen. Ehre lind Bestes nach äußerstem Vermögen fördern, Schaden und Nachteil ab¬ wenden, die Meinigen sowie meine Untergebnen dazu anhalten und weder gegen Se. Königliche Majestät, Dero Königliches Haus, Land, Armee und sonstiges Allerhöchstes Interesse etwas Nachteiliges vornehmen, noch mit Sr. Königlichen Majestät Feinden das geringste Verständnis haben, auch nicht dulden zu »vollen, daß gegen diese Verpflichtung von einem andern gehandelt werde, und auf diese Weise mich so zu verhalten, wie es treuen Vasallen und Unterthanen gegen ihre rechtmüßige Landesherrlichkeit überall gebührt. So wahr mir Gott helfe durch seinen Sohn Jesum Christum, die übergebencdeite, von der Erbsünde un¬ befleckte Jungfrau und Mutter Gottes Maria und alle liebe Heilige." Nun geschah es, daß der Oberpräsident von Zerbvni diesen Eid als nicht genug bindend ansah, und daß er infolgedessen sich hinsetzte und einen Revers für die polnischen Beamten niederschrieb, den sie »ach Ableistung ihres Schwurs unterzeichnen sollten, und der folgendermaßen lautete: „Ich Endesunterzeichneter bekenne hierdurch feierlich und öffentlich, daß ich ungezwungen in die Dienste Sr. Majestät des Königs von Preußen, meines Allergnädigsten Herrn, getreten bin und den mir vorgelegten Diensteid freiwillig und ohne Reservation geschworen habe. Ich erkenne Se. Majestät den König von Preußen als den einzigen rechtmäßigen Souverän dieses Landes und den Anteil von Polen, welcher durch den Kongreß von Wien dem königlich preußischen Hause wieder zugefallen ist, als mein Vaterland, das ich gegen jede Macht und gegen jedermann, wer es auch sei, uuter alle» Umständen und Verhältnissen mit meinem Blute zu verteidigen verpflichtet und bereit bin. Ich gelobe Sr. Königlichen Majestät von Preußen und Höchstdero Hause die unverbrüchlichste Treue, die gewissenhafteste Erfüllung der von mir übernommenen Dienstpflichten und einen unbedingten Gehorsam. Für die Erfüllung dieser Gelübde verpfände ich meine Ehre und will für einen ehrlosen Mann und für einen Verräter an meinem Vaterlande und meiner eignen Nation gelten, wenn ich dieses mein Versprechen breche." Dieser Revers ist von einigen Beamten wirklich vollzogen worden. Er war wohlgemeint, aber überflüssig und in seiner Fassung ungeschickt, und Zerbvui besaß nicht die Befugnis, mit ihm vvrzngehe». Die Polen aber legten ihm hohes Gewicht bei, machten in ihrer Darstellung der damaligen Vorgänge aus dem Revers nach dem Huldignngscide den wirklichen Eid, sprachen ihre Freude aus, daß in ihm „endlich einmal klar und bestimmt erklärt sei, was eigentlich der Bewohner des Grvßhcrzogtums Posen als sein Vaterland zu betrachten habe," und wiesen der betreffenden Oberpräsidialverordnung in ihrem „Cyklus der Staats- und völkerrechtlichen Urkunden, welche das Verhältnis des Gro߬ herzogtums Posen zur preußischen Krone feststellen," einen hervorragenden Platz an. Sie wissen natürlich, verschweigen aber, daß die taktlose Eigenmäch¬ tigkeit Zerbonis diesem einen schweren Verdruß zuzog und höhern Ortes ohne

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423/446>, abgerufen am 05.02.2025.