Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.Das Recht der Polen in Posen, Provinz Pommern einen Statthalter besitzt; daß er diesen seinen Vertreter Zu gleicher Zeit mit dem Besitzergreifungspatent erging folgende Prokla¬ Das Recht der Polen in Posen, Provinz Pommern einen Statthalter besitzt; daß er diesen seinen Vertreter Zu gleicher Zeit mit dem Besitzergreifungspatent erging folgende Prokla¬ <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0444" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197868"/> <fw type="header" place="top"> Das Recht der Polen in Posen,</fw><lb/> <p xml:id="ID_1286" prev="#ID_1285"> Provinz Pommern einen Statthalter besitzt; daß er diesen seinen Vertreter<lb/> sowie den Oberpräsidenten aus den Angehörigen der neuen Erwerbung wählt,<lb/> erscheint als unverfängliche Rücksicht auf deren Gesamtheit, Wichtig ist, daß<lb/> er diese Erwerbung wiederholt als Provinz bezeichnet, was trotz des Titels<lb/> „Großherzogtum" für den eigentlichen Charakter derselben als Staatsglicd umso-<lb/> mehr den Ausschlag giebt, als er das Wappen der Provinz in das Wappen<lb/> seines Königreiches „aufnimmt," nicht aber es demselben „anfügt," und als er<lb/> Teile von Posen mit Westpreußen verbindet und westpreußische Landstriche mit<lb/> Posen zusammenlegt — ein Verfahren, welches sich bald nachher wiederholte,<lb/> indem 1818 Grechvw und Schenneiscl zur Provinz Brandenburg geschlagen wurden,<lb/> und welches nicht daran denken läßt, daß der König sich das Verhältnis Posens<lb/> zu seiner übrigen Monarchie auch nur annähernd als das einer Personalunion<lb/> vorgestellt habe.</p><lb/> <p xml:id="ID_1287" next="#ID_1288"> Zu gleicher Zeit mit dem Besitzergreifungspatent erging folgende Prokla¬<lb/> mation an die Bevölkerung der neuen Provinz: „Einwohner des Großherzog-<lb/> tnins Posen! Indem Ich durch Mein Besitznahmepatent vom heutigen Tage<lb/> denjenigen Teil der ursprünglich zu Preußen gehörigen, an Meine Staaten<lb/> zurückgefallenen Distrikte des bisherigen Herzogtums Warschau in ihre alten<lb/> Verhältnisse zurückgeführt habe, bin Ich bedacht gewesen, auch Euere Verhält¬<lb/> nisse festzusetzen. Auch Ihr habt ein Vaterland und mit ihm einen Beweis<lb/> Meiner Achtung für Eure Anhänglichkeit an dasselbe erhalten. ^Das klänge<lb/> doppelsinnig, wenn es nicht sogleich weiter hieße:> Ihr werdet meiner Mon¬<lb/> archie einverleibt, ohne Euere Nationalität verleugnen zu dürfen. Ihr werdet<lb/> an der Konstitution teilnehmen, welche Ich meinen Unterthanen zu gewähren<lb/> beabsichtige, und Ihr werdet, wie die übrigen Provinzen Meines Reiches, eine<lb/> provinzielle Verfassung erhalten. Eure Religion soll aufrecht erhalten und zu<lb/> einer staudcSmüßigen Dotirung ihrer Diener gewirkt werden. Euere persönlichen<lb/> Rechte und Euer Eigentum kehren wieder unter deu Schutz der Gesetze zurück,<lb/> zu deren Beratung Ihr künftig zugezogen werden sollt. Euere Sprache soll<lb/> neben der deutschen in allen öffentlichen Verhandlungen gebraucht werden, und<lb/> jedem unter Euch soll nach Maßgabe seiner Fähigkeiten der Zutritt zu den<lb/> öffentlichen Ämtern des Großherzogtums, sowie zu allen Ämtern, Ehren und<lb/> Würden Meines Reiches offen stehen. Mein unter Euch geborner Statthalter<lb/> wird unter Euch residiren. Er wird Mich mit Eilen Wünschen und Bedürf¬<lb/> nissen und Euch mit den Absichten Meiner Regierung bekannt machen. Euer<lb/> Mitbürger, mein Oberpräsident, wird das Grvßherzogtum nach den von Mir<lb/> erhaltenen Anweisungen organisiren und bis zur vollendeten Organisation in<lb/> allen Zweigen verwalten. Er wird bei dieser Gelegenheit von den unter<lb/> Euch gebildeten Geschäftsmännern deu Gebrauch mache», zu dem sie ihre Kenntnis<lb/> und Euer Vertrauen eignen. Nach vollendeter Organisation werden die allge¬<lb/> mein vorgeschriebenen Nessortverhältnisse eintreten. Es ist Mein ernstlicher Wille,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0444]
Das Recht der Polen in Posen,
Provinz Pommern einen Statthalter besitzt; daß er diesen seinen Vertreter
sowie den Oberpräsidenten aus den Angehörigen der neuen Erwerbung wählt,
erscheint als unverfängliche Rücksicht auf deren Gesamtheit, Wichtig ist, daß
er diese Erwerbung wiederholt als Provinz bezeichnet, was trotz des Titels
„Großherzogtum" für den eigentlichen Charakter derselben als Staatsglicd umso-
mehr den Ausschlag giebt, als er das Wappen der Provinz in das Wappen
seines Königreiches „aufnimmt," nicht aber es demselben „anfügt," und als er
Teile von Posen mit Westpreußen verbindet und westpreußische Landstriche mit
Posen zusammenlegt — ein Verfahren, welches sich bald nachher wiederholte,
indem 1818 Grechvw und Schenneiscl zur Provinz Brandenburg geschlagen wurden,
und welches nicht daran denken läßt, daß der König sich das Verhältnis Posens
zu seiner übrigen Monarchie auch nur annähernd als das einer Personalunion
vorgestellt habe.
Zu gleicher Zeit mit dem Besitzergreifungspatent erging folgende Prokla¬
mation an die Bevölkerung der neuen Provinz: „Einwohner des Großherzog-
tnins Posen! Indem Ich durch Mein Besitznahmepatent vom heutigen Tage
denjenigen Teil der ursprünglich zu Preußen gehörigen, an Meine Staaten
zurückgefallenen Distrikte des bisherigen Herzogtums Warschau in ihre alten
Verhältnisse zurückgeführt habe, bin Ich bedacht gewesen, auch Euere Verhält¬
nisse festzusetzen. Auch Ihr habt ein Vaterland und mit ihm einen Beweis
Meiner Achtung für Eure Anhänglichkeit an dasselbe erhalten. ^Das klänge
doppelsinnig, wenn es nicht sogleich weiter hieße:> Ihr werdet meiner Mon¬
archie einverleibt, ohne Euere Nationalität verleugnen zu dürfen. Ihr werdet
an der Konstitution teilnehmen, welche Ich meinen Unterthanen zu gewähren
beabsichtige, und Ihr werdet, wie die übrigen Provinzen Meines Reiches, eine
provinzielle Verfassung erhalten. Eure Religion soll aufrecht erhalten und zu
einer staudcSmüßigen Dotirung ihrer Diener gewirkt werden. Euere persönlichen
Rechte und Euer Eigentum kehren wieder unter deu Schutz der Gesetze zurück,
zu deren Beratung Ihr künftig zugezogen werden sollt. Euere Sprache soll
neben der deutschen in allen öffentlichen Verhandlungen gebraucht werden, und
jedem unter Euch soll nach Maßgabe seiner Fähigkeiten der Zutritt zu den
öffentlichen Ämtern des Großherzogtums, sowie zu allen Ämtern, Ehren und
Würden Meines Reiches offen stehen. Mein unter Euch geborner Statthalter
wird unter Euch residiren. Er wird Mich mit Eilen Wünschen und Bedürf¬
nissen und Euch mit den Absichten Meiner Regierung bekannt machen. Euer
Mitbürger, mein Oberpräsident, wird das Grvßherzogtum nach den von Mir
erhaltenen Anweisungen organisiren und bis zur vollendeten Organisation in
allen Zweigen verwalten. Er wird bei dieser Gelegenheit von den unter
Euch gebildeten Geschäftsmännern deu Gebrauch mache», zu dem sie ihre Kenntnis
und Euer Vertrauen eignen. Nach vollendeter Organisation werden die allge¬
mein vorgeschriebenen Nessortverhältnisse eintreten. Es ist Mein ernstlicher Wille,
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