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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.

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Japanische Künste.

schwarze Umrißzcichmmg, wodurch das Zarte, Gefiederte, Flockige von Blüten
vortrefflich zur Erscheinung gebracht ist.

Es liegt so nahe, mit dieser bescheiden auftretenden und dennoch so
wirkungsvollen Malerei diejenige zu vergleichen, welche trotz eines maßlosen
Farbenanfwandes noch künstlicher Beleuchtung bedarf, um sich zur Geltung
zu bringen!

Auch jene Art des Kvlvrirens mit einigen wenigen Tönen unter Verzicht¬
leistung ans Mvdellirung hat sich schon in aller Stille bei uns eingebürgert. In
England bemächtigte sich zuerst Walter Crane dieser Methode, ihm folgte die
Mnnicristin Kate Greenaway, die eine Zeit lang den Büchermarkt mit ihren
Puppenhaften, in ungeheuern Hüten beinahe verschwindenden Gestalten über¬
schwemmte, und jetzt sehen wir alle Zeichner für Kindcrschriften, von Fröschl
und Thumcmn angefangen bis zu den Namenlosen, denselben Spuren folgen,
namentlich auch dem Detail eine liebevolle Behandlung widmen, die von ihrem
jugendlichen Publikum dankbarst anerkannt wird. Denn gerade dadurch wird
jedes Blatt im neuen Bilderbuche zu einer viel reicheren und dauernderer Quelle
der Beschäftigung. Und von welcher Wichtigkeit auch für die Entivicklnng des
Schönheitsgefühls die ersten Bücher der Kleinen sein können, dus sieht in der
Gegenwart jedermann ein. So dürfen, wenn wir mit Befriedigung darauf
zurückblicken, wie sich in den letzten dreißig Jahren der Kunstsinn entwickelt und
ausgebreitet hat, die Verdienste dessen nicht übersehen werden, der uns zuerst
wirklich künstlerische Jugendschriften gegeben hat, Ludwig Richters, aber auch
den japanischen Malern schulden wir, glaube ich, Dank für die neue Anregung.

Noch will ich die Bücher nicht unerwähnt lassen, ans welchen deutlich wird,
auf welche Weise eben jene Maler die Natur studiren: in den Studicnlöpfen,
in den konstruirten Darstellungen lebender und lebloser Wesen von den ver¬
schiedensten Seiten einschließlich der schwierigsten Verkürzungen bei Auf- und
Untersichten. Da erscheinen ein kleines Mädchen mit einem jungen Hunde ans
dem Arme, ein bockender Alter mit einer .Kröte, ein Steinblock mit plastischen
Verzierungen u. a. in. von vier Seiten, dann von oben, dann liegend wieder von
verschiednen Seiten aufgenommen. Kennen wir ein auch nur annähernd so
gründliches Studium?

Mit den Leistungen der Japaner im Porzellan und andern Arten von
gebranntem Thon brauche ich mich nicht näher zu befassen, da eben diese am
längsten und allgemeinsten bekannt, in Werken über Keramik vielfach behandelt
worden sind, und Ausstellungen wiederholt Gelegenheit geboten haben, dieses
Spezialgebiet unter verschiednen Gesichtspunkte" zu betrachten.

Nicht ganz so steht es um die Bronzen, welche in frühern Zeiten durchaus
nicht die gebührende Beobachtung gefunden haben, zunächst wohl, weil man im
Abendlande mit diesem Stoff vertrauter war, vielleicht auch, weil die Gegenstände
den Gewohnheiten und dem Geschmacke der Europäer zu fern lagen. Auch die


Japanische Künste.

schwarze Umrißzcichmmg, wodurch das Zarte, Gefiederte, Flockige von Blüten
vortrefflich zur Erscheinung gebracht ist.

Es liegt so nahe, mit dieser bescheiden auftretenden und dennoch so
wirkungsvollen Malerei diejenige zu vergleichen, welche trotz eines maßlosen
Farbenanfwandes noch künstlicher Beleuchtung bedarf, um sich zur Geltung
zu bringen!

Auch jene Art des Kvlvrirens mit einigen wenigen Tönen unter Verzicht¬
leistung ans Mvdellirung hat sich schon in aller Stille bei uns eingebürgert. In
England bemächtigte sich zuerst Walter Crane dieser Methode, ihm folgte die
Mnnicristin Kate Greenaway, die eine Zeit lang den Büchermarkt mit ihren
Puppenhaften, in ungeheuern Hüten beinahe verschwindenden Gestalten über¬
schwemmte, und jetzt sehen wir alle Zeichner für Kindcrschriften, von Fröschl
und Thumcmn angefangen bis zu den Namenlosen, denselben Spuren folgen,
namentlich auch dem Detail eine liebevolle Behandlung widmen, die von ihrem
jugendlichen Publikum dankbarst anerkannt wird. Denn gerade dadurch wird
jedes Blatt im neuen Bilderbuche zu einer viel reicheren und dauernderer Quelle
der Beschäftigung. Und von welcher Wichtigkeit auch für die Entivicklnng des
Schönheitsgefühls die ersten Bücher der Kleinen sein können, dus sieht in der
Gegenwart jedermann ein. So dürfen, wenn wir mit Befriedigung darauf
zurückblicken, wie sich in den letzten dreißig Jahren der Kunstsinn entwickelt und
ausgebreitet hat, die Verdienste dessen nicht übersehen werden, der uns zuerst
wirklich künstlerische Jugendschriften gegeben hat, Ludwig Richters, aber auch
den japanischen Malern schulden wir, glaube ich, Dank für die neue Anregung.

Noch will ich die Bücher nicht unerwähnt lassen, ans welchen deutlich wird,
auf welche Weise eben jene Maler die Natur studiren: in den Studicnlöpfen,
in den konstruirten Darstellungen lebender und lebloser Wesen von den ver¬
schiedensten Seiten einschließlich der schwierigsten Verkürzungen bei Auf- und
Untersichten. Da erscheinen ein kleines Mädchen mit einem jungen Hunde ans
dem Arme, ein bockender Alter mit einer .Kröte, ein Steinblock mit plastischen
Verzierungen u. a. in. von vier Seiten, dann von oben, dann liegend wieder von
verschiednen Seiten aufgenommen. Kennen wir ein auch nur annähernd so
gründliches Studium?

Mit den Leistungen der Japaner im Porzellan und andern Arten von
gebranntem Thon brauche ich mich nicht näher zu befassen, da eben diese am
längsten und allgemeinsten bekannt, in Werken über Keramik vielfach behandelt
worden sind, und Ausstellungen wiederholt Gelegenheit geboten haben, dieses
Spezialgebiet unter verschiednen Gesichtspunkte» zu betrachten.

Nicht ganz so steht es um die Bronzen, welche in frühern Zeiten durchaus
nicht die gebührende Beobachtung gefunden haben, zunächst wohl, weil man im
Abendlande mit diesem Stoff vertrauter war, vielleicht auch, weil die Gegenstände
den Gewohnheiten und dem Geschmacke der Europäer zu fern lagen. Auch die


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[0419] Japanische Künste. schwarze Umrißzcichmmg, wodurch das Zarte, Gefiederte, Flockige von Blüten vortrefflich zur Erscheinung gebracht ist. Es liegt so nahe, mit dieser bescheiden auftretenden und dennoch so wirkungsvollen Malerei diejenige zu vergleichen, welche trotz eines maßlosen Farbenanfwandes noch künstlicher Beleuchtung bedarf, um sich zur Geltung zu bringen! Auch jene Art des Kvlvrirens mit einigen wenigen Tönen unter Verzicht¬ leistung ans Mvdellirung hat sich schon in aller Stille bei uns eingebürgert. In England bemächtigte sich zuerst Walter Crane dieser Methode, ihm folgte die Mnnicristin Kate Greenaway, die eine Zeit lang den Büchermarkt mit ihren Puppenhaften, in ungeheuern Hüten beinahe verschwindenden Gestalten über¬ schwemmte, und jetzt sehen wir alle Zeichner für Kindcrschriften, von Fröschl und Thumcmn angefangen bis zu den Namenlosen, denselben Spuren folgen, namentlich auch dem Detail eine liebevolle Behandlung widmen, die von ihrem jugendlichen Publikum dankbarst anerkannt wird. Denn gerade dadurch wird jedes Blatt im neuen Bilderbuche zu einer viel reicheren und dauernderer Quelle der Beschäftigung. Und von welcher Wichtigkeit auch für die Entivicklnng des Schönheitsgefühls die ersten Bücher der Kleinen sein können, dus sieht in der Gegenwart jedermann ein. So dürfen, wenn wir mit Befriedigung darauf zurückblicken, wie sich in den letzten dreißig Jahren der Kunstsinn entwickelt und ausgebreitet hat, die Verdienste dessen nicht übersehen werden, der uns zuerst wirklich künstlerische Jugendschriften gegeben hat, Ludwig Richters, aber auch den japanischen Malern schulden wir, glaube ich, Dank für die neue Anregung. Noch will ich die Bücher nicht unerwähnt lassen, ans welchen deutlich wird, auf welche Weise eben jene Maler die Natur studiren: in den Studicnlöpfen, in den konstruirten Darstellungen lebender und lebloser Wesen von den ver¬ schiedensten Seiten einschließlich der schwierigsten Verkürzungen bei Auf- und Untersichten. Da erscheinen ein kleines Mädchen mit einem jungen Hunde ans dem Arme, ein bockender Alter mit einer .Kröte, ein Steinblock mit plastischen Verzierungen u. a. in. von vier Seiten, dann von oben, dann liegend wieder von verschiednen Seiten aufgenommen. Kennen wir ein auch nur annähernd so gründliches Studium? Mit den Leistungen der Japaner im Porzellan und andern Arten von gebranntem Thon brauche ich mich nicht näher zu befassen, da eben diese am längsten und allgemeinsten bekannt, in Werken über Keramik vielfach behandelt worden sind, und Ausstellungen wiederholt Gelegenheit geboten haben, dieses Spezialgebiet unter verschiednen Gesichtspunkte» zu betrachten. Nicht ganz so steht es um die Bronzen, welche in frühern Zeiten durchaus nicht die gebührende Beobachtung gefunden haben, zunächst wohl, weil man im Abendlande mit diesem Stoff vertrauter war, vielleicht auch, weil die Gegenstände den Gewohnheiten und dem Geschmacke der Europäer zu fern lagen. Auch die

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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423/419>, abgerufen am 05.02.2025.