Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.rtthrungen verschiedner Nassen und verschiedner Kulturstufe>i allgemach in dem Unbekannt ist übrigens dem Japaner so wenig die Symmetrie wie die Sti¬ Wie es zugeht, daß in den japanischen Malereien die Motive sich un- rtthrungen verschiedner Nassen und verschiedner Kulturstufe>i allgemach in dem Unbekannt ist übrigens dem Japaner so wenig die Symmetrie wie die Sti¬ Wie es zugeht, daß in den japanischen Malereien die Motive sich un- <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0375" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197799"/> <fw type="header" place="top"/><lb/> <p xml:id="ID_1104" prev="#ID_1103"> rtthrungen verschiedner Nassen und verschiedner Kulturstufe>i allgemach in dem<lb/> Stilgefühl wie in sittlichen Anschauungen, Rechtsgrundsätzen ?e. hervorgerufen<lb/> worden sind. So hat sich das Abendland von den frühesten Zeiten her durch<lb/> die westasiatischen und auch dann wiederholt durch die ostasiatischen Völker<lb/> direkt und indirekt beeinflussen lassen. Es hat Typen der östliche» Flora und<lb/> Fanna in einer Stilisirung übernommen, welche wesentlich durch die Techniken<lb/> des Webers und Knüpfens bedingt war; aber schon mit derjenigen Michen-<lb/> dckorativn, welche sich nicht in so festen Grenzen bewegt, mit der arabischen<lb/> Stuckormanentik, mit der Malerei ans Thon u. s. w., zog eine viel freiere Be¬<lb/> wegung ein. Und wenn wir nichts dagegen haben, daß durch den Falten¬<lb/> wurf eines Gewandes die in den Stoff gewirkten siilisirten Löwen, Adler,<lb/> Palmen und Granatäpfel gefährlich verkürzt und zerschnitten werden, wenn wir<lb/> dem Majvlieamaler gestatten, Schüsseln und Teller mit allen möglichen Göttern,<lb/> Heroen und Schönen zu bevölkern, und zwar ohne Rücksicht auf die Gliederung<lb/> des Gefäßes, dann brauchen wir auch an dem farbenprächtigen Vogel Fung-<lb/> hoang, an dem freien Schwunge der Ranken und Zweige in der japanischen<lb/> Ornamentik keinen Anstoß zu nehmen. Und sollte ja das Gesetz der Gerad¬<lb/> linigkeit und Symmetrie hie nud da noch ans andern Gebieten der bildenden<lb/> Künste umgangen werden, so würde das angesichts der Uniformität der modernen<lb/> Städte kaum zu beklagen sein, immer vorausgesetzt, daß auch darin Maß ge¬<lb/> halten werde.</p><lb/> <p xml:id="ID_1105"> Unbekannt ist übrigens dem Japaner so wenig die Symmetrie wie die Sti¬<lb/> lisirung in unserm Sinne. An Porzellan- nud Metallgefäßen kann man die<lb/> erstere recht oft beobachtet sehen, die Verteilung des Ornaments auf Bauch,<lb/> Rand, Hals :e, eines hohlen Körpers entspricht nicht selten völlig unserm Stil¬<lb/> gefühl; und in ihren Vorlagen für Weberei oder für das Patroniren ans<lb/> Papievtapeten nötigt sie sogar die Rücksicht auf die Technik zu stilistischer Be¬<lb/> handlung der Naturformen. Die Kreuzung der Fäden des Gewebes zieht dem<lb/> zeichnenden Künstler Schranken, und die Patrouemnalerei zwingt ihn, auf un¬<lb/> unterbrochen fortlaufende Linien und aus ununterbrochene große Flächen zu<lb/> verzichten. Unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen sind ja ohne Zweifel<lb/> von jeher die stilistischen Pflanzen und Tiere entstanden. Nicht angestrebt wurde<lb/> eine strenge Regelmäßigkeit der Figuren, sondern diese wurde durch deu Stoff,<lb/> auf oder in welchem das Muster auszuführen war, durch die Mittel der Aus¬<lb/> führung und durch den Grad der Kunstfertigkeit bedingt.</p><lb/> <p xml:id="ID_1106" next="#ID_1107"> Wie es zugeht, daß in den japanischen Malereien die Motive sich un-<lb/> zühligemcile wiederholen und doch keine solche Wiederholung den Eindruck der<lb/> Kopie macht, darüber sind wir erst in neuester Zeit aufgeklärt worden. Als<lb/> man zuerst auf diesen Umstand aufmerksam wurde, hieß es: der Japaner ist eine<lb/> Künstlernatur, es widerstrebt ihm. sklavisch nachzumachen wie der Chinese. Das<lb/> >se offenbar richtig, erklärt aber noch nicht, weshalb dennoch die Ausschmückung</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0375]
rtthrungen verschiedner Nassen und verschiedner Kulturstufe>i allgemach in dem
Stilgefühl wie in sittlichen Anschauungen, Rechtsgrundsätzen ?e. hervorgerufen
worden sind. So hat sich das Abendland von den frühesten Zeiten her durch
die westasiatischen und auch dann wiederholt durch die ostasiatischen Völker
direkt und indirekt beeinflussen lassen. Es hat Typen der östliche» Flora und
Fanna in einer Stilisirung übernommen, welche wesentlich durch die Techniken
des Webers und Knüpfens bedingt war; aber schon mit derjenigen Michen-
dckorativn, welche sich nicht in so festen Grenzen bewegt, mit der arabischen
Stuckormanentik, mit der Malerei ans Thon u. s. w., zog eine viel freiere Be¬
wegung ein. Und wenn wir nichts dagegen haben, daß durch den Falten¬
wurf eines Gewandes die in den Stoff gewirkten siilisirten Löwen, Adler,
Palmen und Granatäpfel gefährlich verkürzt und zerschnitten werden, wenn wir
dem Majvlieamaler gestatten, Schüsseln und Teller mit allen möglichen Göttern,
Heroen und Schönen zu bevölkern, und zwar ohne Rücksicht auf die Gliederung
des Gefäßes, dann brauchen wir auch an dem farbenprächtigen Vogel Fung-
hoang, an dem freien Schwunge der Ranken und Zweige in der japanischen
Ornamentik keinen Anstoß zu nehmen. Und sollte ja das Gesetz der Gerad¬
linigkeit und Symmetrie hie nud da noch ans andern Gebieten der bildenden
Künste umgangen werden, so würde das angesichts der Uniformität der modernen
Städte kaum zu beklagen sein, immer vorausgesetzt, daß auch darin Maß ge¬
halten werde.
Unbekannt ist übrigens dem Japaner so wenig die Symmetrie wie die Sti¬
lisirung in unserm Sinne. An Porzellan- nud Metallgefäßen kann man die
erstere recht oft beobachtet sehen, die Verteilung des Ornaments auf Bauch,
Rand, Hals :e, eines hohlen Körpers entspricht nicht selten völlig unserm Stil¬
gefühl; und in ihren Vorlagen für Weberei oder für das Patroniren ans
Papievtapeten nötigt sie sogar die Rücksicht auf die Technik zu stilistischer Be¬
handlung der Naturformen. Die Kreuzung der Fäden des Gewebes zieht dem
zeichnenden Künstler Schranken, und die Patrouemnalerei zwingt ihn, auf un¬
unterbrochen fortlaufende Linien und aus ununterbrochene große Flächen zu
verzichten. Unter gleichen oder ähnlichen Verhältnissen sind ja ohne Zweifel
von jeher die stilistischen Pflanzen und Tiere entstanden. Nicht angestrebt wurde
eine strenge Regelmäßigkeit der Figuren, sondern diese wurde durch deu Stoff,
auf oder in welchem das Muster auszuführen war, durch die Mittel der Aus¬
führung und durch den Grad der Kunstfertigkeit bedingt.
Wie es zugeht, daß in den japanischen Malereien die Motive sich un-
zühligemcile wiederholen und doch keine solche Wiederholung den Eindruck der
Kopie macht, darüber sind wir erst in neuester Zeit aufgeklärt worden. Als
man zuerst auf diesen Umstand aufmerksam wurde, hieß es: der Japaner ist eine
Künstlernatur, es widerstrebt ihm. sklavisch nachzumachen wie der Chinese. Das
>se offenbar richtig, erklärt aber noch nicht, weshalb dennoch die Ausschmückung
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