Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.Die hannoversche Gesellschaft. wurde", daß er sie unwillkürlich auch auf dem Klub anwandte, dem er an¬ Der Verkehr der Mitglieder der Klubs untereinander war frei und un¬ Einmal ging das Geschick, wegen politischer Gesinnung uicht aufgenommen Die hannoversche Gesellschaft. wurde», daß er sie unwillkürlich auch auf dem Klub anwandte, dem er an¬ Der Verkehr der Mitglieder der Klubs untereinander war frei und un¬ Einmal ging das Geschick, wegen politischer Gesinnung uicht aufgenommen <TEI> <text> <body> <div> <div n="1"> <pb facs="#f0026" corresp="http://brema.suub.uni-bremen.de/grenzboten/periodical/pageview/197450"/> <fw type="header" place="top"> Die hannoversche Gesellschaft.</fw><lb/> <p xml:id="ID_59" prev="#ID_58"> wurde», daß er sie unwillkürlich auch auf dem Klub anwandte, dem er an¬<lb/> gehörte. Zum Präsidenten desselben ward in der Regel einer der ältesten,<lb/> vornehmsten und im Range höchststehenden Mitglieder der Gesellschaft gewühlt.<lb/> Doch war es sehr selten, daß der vornehmste Herr diese Stellung bekleidete.<lb/> Auch hier repräsentirte der Präsident die Gesellschaft; ihm wurden fremde Gäste<lb/> zuerst vorgestellt, er führte bei gemeinsamen Mittagsinahlen den Vorsitz, er<lb/> brachte am Geburtstage des Königs die Gesundheit desselben aus und hatte<lb/> vor allem die Klubdisziplin aufrecht zu erhalten. Ihm zur Seite standen eine<lb/> Anzahl Beamte, die sich in die verschiednen Ämter teilten und auf vielen<lb/> Klubs zur Hälfte aus Zivilisten, zur andern Hälfte aus Offizieren bestanden.</p><lb/> <p xml:id="ID_60"> Der Verkehr der Mitglieder der Klubs untereinander war frei und un¬<lb/> gezwungen; selten kamen Reibereien vor, und fast nie ist das ungetrübte Ver¬<lb/> hältnis zwischen Zivil und Militär gestört worden. Daran haben selbst die<lb/> verschiednen politischen Ansichten nichts geändert. Kamen einmal Differenzen<lb/> zum Vorschein, so war man sofort bereit, einzulenken und Frieden zu stiften.<lb/> Denn in keinem andern deutschen Lande war man toleranter in Bezug auf<lb/> Andersdenkende und geneigter, Ansichten zu dulden, welche den eignen entgegen¬<lb/> gesetzt waren, als in Hannover. Wohl befanden sich unter den Beamten und<lb/> Offizieren einzelne Männer, welche man Demokraten nannte; dies hinderte aber<lb/> den Verkehr mit ihnen nicht. Stüwe trank jeden Abend im Klub zu Osnabrück<lb/> seine halbe „Notspohn" und keinem der hannoverschen Aristokraten, Beamten<lb/> oder Offiziere, die mit ihm dort zusammentrafen, ist es denkbar erschienen, daß<lb/> er ausgeschlossen würde. Der Fall in Harburg, den wir oben erwähnten,<lb/> richtete sich gegen einen Mann, der 1848 mit nach Stuttgart gegangen war<lb/> und damit ein in den Augen eines großen Teiles der Hannoveraner unverzeih¬<lb/> liches Verbrechen begangen hatte. Und doch ist seine Nichtaufnahme von vielen,<lb/> selbst von streng konservativer Seite verurteilt worden. Sie hatte Weiterungen<lb/> zur Folge, in deren Verlauf sich die Gesellschaft auflöste, um sich dann, unter<lb/> Teilnahme des Bürgermeisters, neu zu organisiren. Offiziere waren es gewesen,<lb/> die seine Abweisung veranlaßt hatten; ein Offizier, der später seine Königstreuc<lb/> bei Langensalza mit seinem Blute besiegelte, war es, welcher die Reorganisation<lb/> der Tischgenossenschaft zustande brachte.</p><lb/> <p xml:id="ID_61" next="#ID_62"> Einmal ging das Geschick, wegen politischer Gesinnung uicht aufgenommen<lb/> zu werden, dicht an einem Herrn vorüber, der später eine nicht unbedeutende<lb/> politische Rolle gespielt hat. Er hatte im Jahre 1848 den Mund etwas sehr<lb/> voll genommen und ließ sich einige Zeit nachher als Rechtsanwalt in einer<lb/> Stadt nieder, in welcher man seine Vergangenheit kannte. Ihm war es un¬<lb/> bedingt nötig, in den Klub und damit in die erste Gesellschaft aufgenommen zu<lb/> werden; er fürchtete aber, nicht ohne Grund, daß ihm seine Absicht mißlingen<lb/> würde. Zwar war er mit einem Stabsoffizier des Infanterieregiments verwandt,<lb/> doch erfreute sich dieser, welcher einst Jeromes Garde du Corps angehört hatte,</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0026]
Die hannoversche Gesellschaft.
wurde», daß er sie unwillkürlich auch auf dem Klub anwandte, dem er an¬
gehörte. Zum Präsidenten desselben ward in der Regel einer der ältesten,
vornehmsten und im Range höchststehenden Mitglieder der Gesellschaft gewühlt.
Doch war es sehr selten, daß der vornehmste Herr diese Stellung bekleidete.
Auch hier repräsentirte der Präsident die Gesellschaft; ihm wurden fremde Gäste
zuerst vorgestellt, er führte bei gemeinsamen Mittagsinahlen den Vorsitz, er
brachte am Geburtstage des Königs die Gesundheit desselben aus und hatte
vor allem die Klubdisziplin aufrecht zu erhalten. Ihm zur Seite standen eine
Anzahl Beamte, die sich in die verschiednen Ämter teilten und auf vielen
Klubs zur Hälfte aus Zivilisten, zur andern Hälfte aus Offizieren bestanden.
Der Verkehr der Mitglieder der Klubs untereinander war frei und un¬
gezwungen; selten kamen Reibereien vor, und fast nie ist das ungetrübte Ver¬
hältnis zwischen Zivil und Militär gestört worden. Daran haben selbst die
verschiednen politischen Ansichten nichts geändert. Kamen einmal Differenzen
zum Vorschein, so war man sofort bereit, einzulenken und Frieden zu stiften.
Denn in keinem andern deutschen Lande war man toleranter in Bezug auf
Andersdenkende und geneigter, Ansichten zu dulden, welche den eignen entgegen¬
gesetzt waren, als in Hannover. Wohl befanden sich unter den Beamten und
Offizieren einzelne Männer, welche man Demokraten nannte; dies hinderte aber
den Verkehr mit ihnen nicht. Stüwe trank jeden Abend im Klub zu Osnabrück
seine halbe „Notspohn" und keinem der hannoverschen Aristokraten, Beamten
oder Offiziere, die mit ihm dort zusammentrafen, ist es denkbar erschienen, daß
er ausgeschlossen würde. Der Fall in Harburg, den wir oben erwähnten,
richtete sich gegen einen Mann, der 1848 mit nach Stuttgart gegangen war
und damit ein in den Augen eines großen Teiles der Hannoveraner unverzeih¬
liches Verbrechen begangen hatte. Und doch ist seine Nichtaufnahme von vielen,
selbst von streng konservativer Seite verurteilt worden. Sie hatte Weiterungen
zur Folge, in deren Verlauf sich die Gesellschaft auflöste, um sich dann, unter
Teilnahme des Bürgermeisters, neu zu organisiren. Offiziere waren es gewesen,
die seine Abweisung veranlaßt hatten; ein Offizier, der später seine Königstreuc
bei Langensalza mit seinem Blute besiegelte, war es, welcher die Reorganisation
der Tischgenossenschaft zustande brachte.
Einmal ging das Geschick, wegen politischer Gesinnung uicht aufgenommen
zu werden, dicht an einem Herrn vorüber, der später eine nicht unbedeutende
politische Rolle gespielt hat. Er hatte im Jahre 1848 den Mund etwas sehr
voll genommen und ließ sich einige Zeit nachher als Rechtsanwalt in einer
Stadt nieder, in welcher man seine Vergangenheit kannte. Ihm war es un¬
bedingt nötig, in den Klub und damit in die erste Gesellschaft aufgenommen zu
werden; er fürchtete aber, nicht ohne Grund, daß ihm seine Absicht mißlingen
würde. Zwar war er mit einem Stabsoffizier des Infanterieregiments verwandt,
doch erfreute sich dieser, welcher einst Jeromes Garde du Corps angehört hatte,
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