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Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal.

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bisher sprach man immer nur von der schwer darniederliegender Spiritnsiudustrie.
Wenn irgend ein Objekt, so ist der Branntwein geeignet, eine hohe Abgabe zu
tragen. Denn er bleibt trotzdem noch billig genug, um auch dem armen Manne
in vernünftigem und nützlichem Quantum zugänglich zu sein; wer sich aber ein
unvernünftiges und schädliches Quantum davon zuführen will, der soll dafür,
daß er nicht nur sich, sondern seiner Familie, dem städtischen und staatlichen
Gemeinwesen einen großen und empfindlichen Schaden zufügt, ein Äquivalent
erlegen. Die Vorliebe der Opposition und besonders des Zentrums für den
Schnaps ist daher vollständig unverständlich, ist nichts als ein Patronat der
Branntweinpest, Auch die Befürchtungen wegen der durch das Monopol ge¬
knickten Existenzen sind weit übertrieben. Daß zahlreiche Branntweinschänken,
Spelunken, die in den verkommensten Gassen liegen und die Bruthöhlen aller
Laster und Verbrechen sind, verschwinden werden, wäre als ein Segen für Staat
und Gesellschaft zu preisen; umsomehr, als ihre Gcschäftspraxis meistenteils
auf der gewissenlosesten Ausbeutung des Leichtsinns, der Schwäche und der
Leidenschaften der Armut und des Proletariats beruhte. Die Destillateure,
Spiritnshändler :c. aber werden entschädigt werden. Das schlage man ja nicht
gering an. Denn wer entschädigt denn die Tausende, welche oft durch eine
einzige neue Erfindung oder Verbesserung auf dem Gebiete des Maschinenwesens
in ihrem Gewerbebetriebe aufs empfindlichste, oft unheilbar, geschädigt werden?
Auch die Berechnung des Neingewinns der in Frage kommenden Interessenten
ist so schwierig nicht; denn da liefern ja, wenigstens überall, wo eine Einkvmmen-
uud Gewerbesteuer besteht, die Steuerliste und die eigne Einschätzung eine vor¬
treffliche Handhabe,

Man sucht jetzt in der Presse, und leider nicht nur in der monopolfcind-
lichen, die Ansicht zu verbreiten, die Aussichten des Monopols seien im Rück¬
gänge, die Ablehnung desselben sei gewiß. Es wäre nicht das erstemal, daß
im neuen deutschen Reiche eine große, fundamentale, finanziell errettende und
sittlich reinigende wirtschaftliche Reform durch die Feinde jeder gesunden und
starken Entwicklung des deutschen Reiches und jeder Befestigung normaler, der
Agitation deu Boden entziehender Zustände niedergeschrieen würde. Aber auch
hier würde das deutsche Volk hinter dem Manne stehen, der es zur Einheit
und Macht geführt hat, und der ihm jetzt auch wirtschaftliche Gesundung bringen
möchte, und nicht hinter den Demagogen!




bisher sprach man immer nur von der schwer darniederliegender Spiritnsiudustrie.
Wenn irgend ein Objekt, so ist der Branntwein geeignet, eine hohe Abgabe zu
tragen. Denn er bleibt trotzdem noch billig genug, um auch dem armen Manne
in vernünftigem und nützlichem Quantum zugänglich zu sein; wer sich aber ein
unvernünftiges und schädliches Quantum davon zuführen will, der soll dafür,
daß er nicht nur sich, sondern seiner Familie, dem städtischen und staatlichen
Gemeinwesen einen großen und empfindlichen Schaden zufügt, ein Äquivalent
erlegen. Die Vorliebe der Opposition und besonders des Zentrums für den
Schnaps ist daher vollständig unverständlich, ist nichts als ein Patronat der
Branntweinpest, Auch die Befürchtungen wegen der durch das Monopol ge¬
knickten Existenzen sind weit übertrieben. Daß zahlreiche Branntweinschänken,
Spelunken, die in den verkommensten Gassen liegen und die Bruthöhlen aller
Laster und Verbrechen sind, verschwinden werden, wäre als ein Segen für Staat
und Gesellschaft zu preisen; umsomehr, als ihre Gcschäftspraxis meistenteils
auf der gewissenlosesten Ausbeutung des Leichtsinns, der Schwäche und der
Leidenschaften der Armut und des Proletariats beruhte. Die Destillateure,
Spiritnshändler :c. aber werden entschädigt werden. Das schlage man ja nicht
gering an. Denn wer entschädigt denn die Tausende, welche oft durch eine
einzige neue Erfindung oder Verbesserung auf dem Gebiete des Maschinenwesens
in ihrem Gewerbebetriebe aufs empfindlichste, oft unheilbar, geschädigt werden?
Auch die Berechnung des Neingewinns der in Frage kommenden Interessenten
ist so schwierig nicht; denn da liefern ja, wenigstens überall, wo eine Einkvmmen-
uud Gewerbesteuer besteht, die Steuerliste und die eigne Einschätzung eine vor¬
treffliche Handhabe,

Man sucht jetzt in der Presse, und leider nicht nur in der monopolfcind-
lichen, die Ansicht zu verbreiten, die Aussichten des Monopols seien im Rück¬
gänge, die Ablehnung desselben sei gewiß. Es wäre nicht das erstemal, daß
im neuen deutschen Reiche eine große, fundamentale, finanziell errettende und
sittlich reinigende wirtschaftliche Reform durch die Feinde jeder gesunden und
starken Entwicklung des deutschen Reiches und jeder Befestigung normaler, der
Agitation deu Boden entziehender Zustände niedergeschrieen würde. Aber auch
hier würde das deutsche Volk hinter dem Manne stehen, der es zur Einheit
und Macht geführt hat, und der ihm jetzt auch wirtschaftliche Gesundung bringen
möchte, und nicht hinter den Demagogen!




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Zitationshilfe: Die Grenzboten. Jg. 45, 1886, Erstes Quartal, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/grenzboten_341843_197423/256>, abgerufen am 05.02.2025.